Demografie in Italien: Molkerei-Chef stellt nur Mitarbeiter über 60 ein

Die Bevölkerung in Italien wird immer älter, die Familien werden kleiner – für die Wirtschaft ist das ein großes Problem. Molkerei-Chef Roberto Brazzale setzt nun auf eine ganz bestimmte Gruppe.

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Demografie in Italien: Molkerei-Chef stellt nur Mitarbeiter über 60 ein

Roberto Brazzale ist Inhaber einer der ältesten Molkereien des Landes. Mit seinen zwei Brüdern führt er das seit 1784 bestehende Unternehmen aus der norditalienischen Region Venetien. Für einen bestimmten Unternehmenszweig stellt er nur Menschen über 60 Jahren ein. Von den Jungen sei er einfach enttäuscht.

Neben den traditionellen Produkten wie Butter oder den Käsesorten Mozzarella, Grana Padano oder Scamorza wollte Brazzale spezielle Feinschmeckerprodukte mit Butter vermarkten. Dafür suchte der Italiener vor einiger Zeit Angestellte.

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Auch jüngere Italiener waren zum Probearbeiten vor Ort gewesen, diese hätten ihn jedoch nicht überzeugt. Nach Brazzale fehlte es ihnen an Tatkraft und Energie. Aus diesem Grund erhielten nur acht Männer und Frauen ab 60 Jahren aufwärts die Jobs.

Für den Molkerei-Chef sei es die richtige Entscheidung gewesen: Seine neuen Mitarbeiter bringen viel Energie, Leidenschaft und vor allem Erfahrung mit. »Sie haben eine ganz andere Erfahrung als die Jungen. Sie haben verstanden, wie wichtig die Arbeit ist«, so Brazzale.

Die Jobs in der Molkerei haben nun größtenteils alte Bekannte und Freunde bekommen, die Roberto Brazzale allesamt entweder aus der Schulzeit oder – typisch italienisch – von der zentralen Piazza der 6000-Einwohner-Gemeinde Zanè in Venetien kennt. »Wir sind alle Freunde und kennen uns gut«, sagte Brazzale. Dadurch herrsche ein stärkerer Teamgeist.

Demografischer Wandel belastet Italien

Was auf den ersten Blick kurios wirkt, hat jedoch einen ernsten Hintergrund. Der demografische Wandel belastet Italien, die Einwohnerzahl schrumpft. Aktuelle Daten der Statistikbehörde Istat haben es in sich: Die Geburten fielen erstmals seit Beginn der Aufzeichnungen im 19. Jahrhundert unter die Schwelle von 400.000 und lagen 2022 bei 393.000. Kinder werden weniger und die Bevölkerung immer älter. Konkret bedeutet das, es gibt sieben Neugeborene, aber mehr als zwölf Todesfälle pro 1000 Einwohner.

Dieser Trend wird auf Dauer die Wirtschaft stark belasten. Auch in der Politik ist das Thema angekommen, die rechte Regierung Italiens will sich des Problems annehmen. Seit mehr als einem Jahr gibt es sogar eine »Geburtenministerin«.

Brazzale macht der demografische Wandel als Unternehmer Sorgen. Neben der alternden Bevölkerung hat sich auch nach dem Italiener das Selbstverständnis der Älteren verändert. Nach ihm gebe es das Vorurteil, dass die Menschen mit 60 nichts mehr zu sagen haben. »Oder sogar, dass man in diesem Alter nur noch in die Rente gehen will. Das ist nicht wahr.«

Von seinen gleichaltrigen Mitarbeitern ist der Molkerei-Chef begeistert. Wie es in einigen Jahren weitergehen soll, wenn einige seiner Angestellten doch in Rente gehen, weiß er nicht, für den Moment läuft das Geschäft aber gut. Seine Mitarbeiter seien einfach »bravissimi«.

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