Mindestlohn: Wirtschaftsweiser Achim Truger für Erhöhung auf 14 Euro
Sollte der Mindestlohn 2025 auf 14 oder gar 15 Euro steigen? Geht es nach dem Ökonomen Achim Truger, ist jedenfalls eine deutlich stärkere Anhebung nötig als bisher geplant. Der Arbeitsmarkt könne das »gut verkraften«.
Mit Achim Truger hat sich ein führender Wirtschaftswissenschaftler hinter die bei SPD, Grünen und Gewerkschaften erhobene Forderung nach einer deutlich stärkeren Anhebung des Mindestlohns als geplant gestellt. »Der aktuell für 2025 vorgesehene Mindestlohn von 12,82 Euro gibt nach der hohen Inflation keinen Mindestschutz für die Beschäftigten mehr. Dazu müsste er 2025 auf mindestens 14 Euro steigen«, sagte das Mitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung der »Bild«-Zeitung. Truger geht demnach davon aus, dass der Arbeitsmarkt diese Erhöhung »gut verkraften« kann und kein Anstieg der Arbeitslosigkeit zu befürchten ist.
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14 Euro entspräche der EU-Richtlinie
Die Mindestlohnkommission von Arbeitgebern und Arbeitnehmern hatte die Erhöhung 2025 im vergangenen Jahr beschlossen. Erstmals war die Gewerkschaftsseite dabei von der unabhängigen Kommissionsvorsitzenden überstimmt worden, die mit den Arbeitgebern gestimmt hatte. Der gesetzliche Mindestlohn ist allerdings zwischenzeitlich auch stark gestiegen. Er lag am 1. Januar 2022 bei 9,82 Euro, stieg seit 1. Juli 2022 auf 10,45 Euro und machte dann am 1. Oktober 2022 einen deutlichen Sprung auf 12 Euro. Seit 1. Januar 2024 liegt er bei 12,41 Euro – und soll Anfang 2025 auf 12,82 Euro steigen. Branchenspezifische Mindestlöhne können darüber liegen.
Die Grünenfraktion im Bundestag, die Linke und die Gewerkschaft Ver.di hatten zuletzt ebenfalls eine kräftige Erhöhung gefordert, auf 14 oder gar 15 Euro. Auch SPD-Chef Lars Klingbeil sprach sich kürzlich für eine deutliche Erhöhung aus. Die Jusos, mehrere Landesverbände der Partei sowie die Arbeitsgemeinschaft für Arbeit sind ebenfalls dafür. Laut einer EU-Richtlinie sollte er bei 60 Prozent des Median-Einkommens liegen, also bei aktuell gut 14 Euro.
Die Arbeitgeber haben hingegen die Spielräume der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der EU-Vorgaben betont. Sie wiesen zudem Forderungen nach einer Reform der Mindestlohnkommission zurück. Die Arbeitgeberseite wehrt sich regelmäßig gegen höhere Untergrenzen, weil sie befürchtet, dadurch könnte die Sozialpartnerschaft mit den Gewerkschaften geschwächt werden. Waren könnten teurer werden.
Auch beim Ampelpartner FDP regt sich Widerstand gegen eine stärkere Erhöhung. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Christoph Meyer sagte der »Bild«-Zeitung: »Die Politik hat sich da rauszuhalten.« Auch manche Länder wie das sozialdemokratisch regierte Dänemark lehnen gesetzliche Lohnuntergrenzen grundsätzlich ab, weil sie dadurch die weitverbreiteten und vergleichsweise hohen Tariflöhne in dem Land gefährdet sehen.