Das Opium des Ruhmes, das Biels Zukunft gefährdet

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In der letzten Saison waren die Bieler nah dran am Meistertitel, nun sind sie jedoch abgestürzt.

So viele Fans im Stadion wie noch nie, Begeisterung auf den Rängen und ein Team, das mit Leidenschaft bis zur letzten Sekunde kämpft: Biels sportliche Krise nimmt einen milden Verlauf. Die Gegenwart ist kein Problem. Wohl aber die Zukunft. Muss sich Biel bald dauerhaft hinter Ambri, Langnau und Lausanne einreihen?

Krise? Zumindest eine Resultatkrise: Biel hat 7 Punkte Rückstand auf die letzte Playoff-Chance. Als Vorjahresfinalist. Mit ziemlicher Sicherheit wäre bei jedem anderen Klub bei gleicher sportlicher Depression der Trainer nicht mehr im Amt. Oder er wäre zusammen mit seinem Sportchef heftigster Polemik ausgesetzt.

In Biel aber geht alles seinen geordneten Gang. Sportchef Martin Steinegger wird inzwischen nicht einmal mehr auf Trainer Petri Matikainen angesprochen. Er bleibt – Stand heute – im Amt. Punkt. Martin Steinegger sagt, der Trainer sei erst dann ein Problem, wenn die Mannschaft auf das, was er sagt, nicht mehr reagiert. Auch wenn es der Sportchef entschieden in Abrede stellt («Ich habe dazu nicht mehr die Energie») ist doch allen klar: Im Notfall würde halt Martin Steinegger das Traineramt interimistisch übernehmen. Also kein Grund zur Aufregung.

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Biels Sportchef Martin Steinegger.

Das Spiel «zerfällt» zwar hin und wieder ein wenig. «Eine Frage des Selbstvertrauens», sagt der Sportchef. Aber die Mannschaft fängt sich nach schwachen Phasen immer wieder auf und fordert die Gegner auf Augenhöhe. Sie ist intakt. Wirklich kein Grund zur Aufregung. Investiert hat der Sportchef – vorerst – lediglich in einen weiteren Ausländer (Rihards Bukarts) und in die Übernahme von Jérôme Bachofner von den ZSC Lions.

Glanz und Elend der Bieler haben sich am Samstag bei der Spektakel-Niederlage gegen Lausanne (1:2) wieder einmal komprimiert in einer Partie gezeigt. Ein Sturmlauf mit viel zu wenig Ertrag (47:21 Torschüsse, davon 19:4 im letzten Drittel), der gegnerische Torhüter als Held (Kevin Pasche) und ein Publikum, das trotz allem bedingungslos wie sonst nur noch oben in Pruntrut hinter der eigenen Mannschaft steht.

Niederlagen hin, Krise her, Biel rockt: So viele Fans wie diese Saison sind seit dem Wiederaufstieg (2008) noch nie gekommen, auch nicht letzte Saison: 6116 pro Partie bei einer Stadionauslastung von 95,44 Prozent. Nur Gottéron (100 Prozent) und Zug (96,58 Prozent) kommen auf eine noch bessere Auslastungs-Quote. Biel spielt Hockey fürs Gemüt, nicht nur fürs Resultat, ohne Schablone und freihändig offensiv. Partien mögen mit einer Enttäuschung enden. Aber langweilig oder undramatisch sind sie nie. Der Unterhaltungswert ist maximal.

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So viele Fans wie lange nicht: Über 6000 Zuschauerinnen und Zuschauer besuchen die Spiele in Biel im Schnitt.

Biel ist so etwas wie eine Hockey-Titanic, die in voller Fahrt auf den Eisberg einer Nicht-Qualifikation für die Playoffs zusteuert. Und wie damals auf der Titanic brennen alle Lichter und die Musik spielt zum Tanz auf. Das Rammen des Eisberges – das Verpassen der Playoffs – würde im Falle eines Falles allerdings nicht zum Untergang führen: Die Zuschauerzahlen stimmen, das Management ist unbestritten, der Verwaltungsrat bleibt gelassen und die Geldspeicher sind gut gefüllt. Noch leben (fast) alle im Rausch der Erinnerung an die letzte Saison, der Finalruhm wirkt wie Opium. Die Krise verläuft sanft und fast scheint es, dass die Krise noch nicht in den Köpfen angekommen ist.

Und doch ist die Situation nicht ganz ohne Dramatik. Nationalgoalie Joren van Pottelberghe und drei der zehn produktivsten Schweizer Spieler (Tino Kessler, Yannick Rathgeb, Luca Hischier) gehen Ende Saison. Auch Mike Künzle, der zu den Besten gehört, wenn er nicht durch Blessuren gebremst wird, verlässt die Bieler. Zudem ist offen, ob Damien Brunner und Beat Forster ihre Karriere um eine weitere Saison verlängern werden. Die Mannschaft steht vor dem tiefgreifendsten Umbruch seit der Rückkehr in die höchste Liga. Die Frage ist daher berechtigt, ob der Sportchef die Situation ein wenig unterschätzt. Täuscht der milde Verlauf der Krise die sportliche Führung darüber hinweg, wie kritisch die Situation mittelfristig werden kann?

Wie sieht das Biel der nächsten Saison aus? «Kaisertransfers» sind nicht mehr möglich. Martin Steinegger bemüht sich beispielsweise um Zugs Dario Allenspach und sieht sich in erster Linie in Konkurrenz mit Langnau, Ambri und den Lakers. Weiter ist er unter anderem im Gespräch mit Ambris Johnny Kneubühler. An Dominic Zwerger hat er hingegen kein Interesse mehr. Es ist durchaus möglich, dass Junioren-Nationalstürmer Miles Müller (18) nach vier Jahren auf höchster nordamerikanischer Juniorenstufe zurückkehren wird. Aber ein Teamleader könnte er noch nicht sein und selbst wenn sich Luca Christen weiterhin so gut entwickelt: Die Rolle eines Verteidigungsministers kann er nicht übernehmen. Die Hoffnung, dass auf einmal da und dort vielleicht doch noch ein wichtiger Spieler aus einem weiterlaufenden Vertrag freikommen könnte, mag berechtigt sein. Aber mehr als eine Hoffnung ist es nicht.

Martin Steinegger hat schon mehrmals betont, jeder Umbruch biete auch eine Chance. Wo er recht hat, da hat er recht. Aber er muss dafür sorgen, dass die Kerngruppe um den charismatischen Leitwolf Gaëtan Haas nächste Saison stark genug ist, um diesen Umbruch auf dem Eis zu managen. Dazu gehört, dass alle sechs Ausländerpositionen erstklassig besetzt und Jesper Olofsson, Ville Pokka oder Rihards Bukarts nicht mehr weiterbeschäftigt werden. Wenn es um die Verpflichtung von neuem ausländischem Personal geht, sollte der Verwaltungsrat die Tresorschlüssel nicht verstecken.

Die Trainerfrage ist aktuell nicht wichtig und eine Trainerentlassung würde das Layout der Saison nicht mehr wesentlich verändern. Hingegen ist die Trainerfrage für nächste Saison von zentraler Bedeutung. Je eher dem Sportchef klar ist, wer nächste Saison an der Bande stehen wird, desto einfacher hat er es bei seinen Transfergesprächen. Er kann es sich nicht mehr leisten, in der Trainerfrage noch einmal erst im Juni zu entscheiden.

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Biel-Coach Petri Matikainen.

Noch ist die Hockey-Titanic Biel hell erleuchtet und es wird getanzt. Ob das auch dann noch so sein wird, wenn sich die Bieler auf einmal dauerhaft und nicht mehr bloss vorübergehend auf Augenhöhe mit Langnau, Ambri oder Kloten wiederfinden, wenn Rausch und Ruhm der wundersamen Finalsaison in der Erinnerung verblassen? Mit ziemlicher Sicherheit nicht. Die Wirkung des Opiums wird nachlassen. Wie die Titanic ist auch der EHC Biel nicht unsinkbar.

Das Problem ist nicht die aktuelle Saison. Selbst ein Verpassen der Playoffs hätte noch keine weitreichenden Folgen. Das Problem ist die nächste und übernächste Saison. Die Gefahr, in der Gegenwart die Zukunft zu verpassen. Ambri, Langnau, Lausanne, Davos, Zug, Servette, Lugano, Gottéron oder die ZSC Lions, ja sogar der SCB sind bei der Planung für die nächste Saison Biel teilweise weit voraus. Wenn dieser Rückstand nicht aufgeholt wird, kann es sein, dass sich Biel mittelfristig dauerhaft in der Tabelle hinter Ambri, Langnau, Lausanne, Davos, Zug, Servette, Lugano, Gottéron, den ZSC Lions und dem SCB einreihen muss.

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