Gesundheitsministerium bestreitet Engpässe

Brüssel. Sind Säuglingsleben in Gefahr, weil die Verfügbarkeit wichtiger Hilfsmittel wie Ballonkatheter schwindet? Einem Alarmruf von Kinderchirurgen widerspricht das Bundesgesundheitsministerium. Die Mediziner bleiben bei ihren Warnungen.

gesundheitsministerium bestreitet engpässe

OP-Besteck während eines Eingriffs in einer Klinik in Mannheim.

Angesichts der Warnrufe von Kinderchirurgen wegen fehlender lebensrettender Medizinprodukte ist ein Streit zwischen Politik und Praxis ausgebrochen. Das Bundesgesundheitsministerium in Berlin widersprach der Darstellung von eklatanten Versorgungslücken. „Die in Rede stehenden Ballon-Katheter für Kinder haben eine Sonderzulassung durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und sind in Deutschland erhältlich. Ein akutes Versorgungsproblem besteht daher nicht“, versicherte ein Sprecher des Ministeriums auf Anfrage unserer Redaktion. Zuvor hatten in Brüssel die Unionsabgeordneten Angelika Niebler und Peter Liese zusammen mit Kinderchirurgen auf ein erhöhtes Risiko von Komplikationen mit Todesfolge hingewiesen, weil die Produkte speziell zur Stabilisierung von Neugeborenen mit angeborenem Herzfehler fehlten.

Mit der Novelle der EU-Medizinprodukteverordnung müssen derzeit alle Medizinprodukte erneut zertifiziert werden. Dies sei ein langwieriger und kostenträchtiger Prozess, der immer mehr Hersteller dazu brächte, auf den amerikanischen Markt zu wechseln, berichteten Niebler und Ärzte. Die rechtlichen Verschärfungen waren nach dem Skandal um minderwertige Brustimplantate auf den Weg gebracht worden.

Das Gesundheitsministerium verwies darauf, dass eine unter Federführung des Hauses durchgeführte Analyse der Europäischen Kommission „keinen akuten Versorgungsmangel mit Medizinprodukten für seltene Erkrankungen und Kinder festgestellt“ habe. Ministerium und Bundesinstitut beobachteten zusammen mit den medizinischen Fachgesellschaften intensiv die Versorgung und würden bei Bedarf „auch kurzfristig weitere Maßnahmen wie Sonderzulassungen umsetzen“, unterstrich ein Ministeriumssprecher.

Prof. Matthias Gorenflo widersprach dieser Darstellung. Ministerium und Bundesinstitut arbeiteten „in keiner Weise konstruktiv mit unserer Fachgesellschaft zusammen“. Das Ministerium beantworte Briefe nicht, und die einzige Kommunikation bestehe alle sechs Monate in der „stereotypen Rückfrage, ob Ballonkatheter weiterhin gebraucht“ würden, erklärte der Ärztliche Direktor der Klinik für Kinderkardiologie und angeborene Herzfehler in Heidelberg. Die vom Ministerium angeführte Studie über nicht bestehende Versorgungsengpässe sei nicht bekannt. „Sie deckt sich auch nicht mit den Ergebnissen unserer europäischen Kollegen“, unterstrich der Mediziner. Die Behauptung des Ministeriums, es gäbe keine Probleme, bezeichnete Gorenflo als „taktische Vermeidungsstrategie“.

Zugleich betonte das Ministerium, dass es „mittelfristig erforderlich“ sei, die europäischen regulatorischen Bedingungen insbesondere für Nischen- und selten eingesetzte Kinder-Medizinprodukte zu verbessern. Man rechne damit, dass die Kommission nach den Europawahlen einen Rechtsetzungsvorschlag unterbreite. Das werde vom Bundesministerium unterstützt.

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