Baerbock will Druck auf Generäle im sudanesischen Machtkampf erhöhen

Berlin/Dschibuti. Der Gaza-Krieg, die bald zwei Jahre anhaltenden russischen Angriffe auf die Ukraine – andere Krisen geraten da leicht aus dem Blick. Auch deswegen will die Außenministerin in Ostafrika ein Zeichen setzen.

baerbock will druck auf generäle im sudanesischen machtkampf erhöhen

Außenministerin Annalena Baerbock reist nach Ostafrika. (Symbolbild)

Außenministerin Annalena Baerbock hat angesichts des blutigen Machtkampfs im Sudan verstärkte Anstrengungen für eine Verhandlungslösung gefordert. Mit ihren Gesprächspartnern in Ostafrika wolle sie Möglichkeiten ausloten, die im Sudan verfeindeten beiden Generale „endlich an den Verhandlungstisch zu bekommen, damit sie die Menschen im Sudan nicht weiter in den Abgrund reißen und die Region nicht weiter destabilisieren“, erklärte die Grünen-Politikerin am Mittwoch zu einem Besuch in Dschibuti, Kenia und dem Südsudan.

Im Sudan kämpfen seit Mitte April 2023 De-facto-Staatschef Abdel Fattah al-Burhan und dessen früherer Stellvertreter und Führer der sudanesischen Miliz Rapid Support Forces (RSF), Mohamed Hamdan Daglo, genannt „Hemedti“, um die Macht. Nach UN-Angaben sind seit Beginn des Konflikts fast 7,5 Millionen Menschen geflohen.

Baerbock verlangte: „Wir müssen den Druck auf beide Seiten erhöhen – durch Sanktionen, durch Rechenschaft für ihre Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung und durch ein Einwirken auf ihre Unterstützer aus dem Ausland.“ Bei den internationalen Vermittlungsbemühungen komme den Staaten der Region sowie der Regionalorganisation IGAD und der Afrikanischen Union eine zentrale Rolle zu.

Treffen mit Außenminister Jussuf in Dschibuti

Zunächst war am Nachmittag in Dschibuti eine Unterredung Baerbocks mit Außenminister Mahamud Ali Jussuf vorgesehen. Anschließend wollte sie mit dem Exekutivdirektor der Staatengemeinschaft IGAD, Workneh Gebeyehu, sprechen. Der Gemeinschaft gehören außer Dschibuti Eritrea, Äthiopien, Somalia, Kenia, Sudan, Südsudan und Uganda an. Sudan hat seine Mitgliedschaft derzeit ausgesetzt. Die Gruppe bemüht sich um direkte Gespräche für eine Feuerpause im Sudan.

Im Jahr 2019 habe es nach dem Sturz des „Kriegsverbrechers“ und Langzeitmachthabers Omar al-Baschir Hoffnung und Zuversicht gegeben, sagte Baerbock. Nun herrschten im Sudan Krieg und Zerstörung. „Über 12 000 Tote und rund 7,5 Millionen Vertriebene sind das brutale Resultat dieses Konflikts“, ergänzte sie. Auch die regionalen Auswirkungen seien enorm: Die oft bitterarmen Nachbarstaaten hätten in den vergangenen Monaten 1,5 Millionen Flüchtlinge aus Sudan aufgenommen. Deutschland trage als zweitgrößter Geber dazu bei, diese Menschen mit dem Nötigsten zu unterstützen.

Welthungerhilfe Sudan – Krise darf nicht in Vergessenheit geraten

Der Sudan-Landesdirektor der Welthungerhilfe, Hashim Bilal, wies angesichts der Reise Baerbocks auf die seit Monaten andauernde katastrophale humanitäre Lage im Sudan hin. „Der Sudan ist heute das Land mit den meisten Vertriebenen der Welt, von denen die Hälfte Kinder sind“, erklärte er. Der Konflikt dürfe nicht in Vergessenheit geraten. Die Welthungerhilfe unterstützt mehr als 350 000 Menschen in verschiedenen Regionen des Landes. Die Vereinten Nationen veranschlagen 2,7 Milliarden Dollar, um in diesem Jahr 14,7 Millionen Menschen im Sudan mit humanitärer Hilfe versorgen zu können.

Geplanter EU-Militäreinsatz gegen Huthi-Angriffe

In Dschibuti soll es bei den Gesprächen Baerbocks auch um die Sicherheit der Seewege im Roten Meer gehen. Zwischen Dschibuti und dem Jemen verlaufe die nur 27 Kilometer breite Meerenge Bab al Manda, eine der zentralen Arterien des internationalen Handelssystems, sagte die Bundesaußenministerin. „Es liegt in unserem gemeinsamen Interesse, die Sicherheit der Seeschifffahrt in diesem Nadelöhr der globalen Wirtschaft zu gewährleisten.“

Die vom Iran unterstützte militant-islamistische Huthi-Miliz im Jemen will mit dem Beschuss von Schiffen ein Ende der Angriffe Israels im Gazastreifen erzwingen, die auf das beispiellose Massaker der islamistischen Hamas in Israel am 7. Oktober folgten. Die USA und Großbritannien hatten zuletzt mit Unterstützung weiterer Verbündeter Stellungen der Miliz im Jemen angegriffen.

Die EU-Staaten hatten am Montag eine politische Grundsatzeinigung auf den Start eines Militäreinsatzes zur Sicherung der Handelsschifffahrt dort erzielt. Die Mission soll laut Diplomaten im Februar starten und die Angriffe der militant-islamistischen Huthi aus dem Jemen beenden. Deutschland will sich nach Angaben aus Regierungskreisen mit der Fregatte „Hessen“ beteiligen – vorausgesetzt, dass der Bundestag nach dem Abschluss der EU-Planungen ein entsprechendes Mandat erteilt.

Dschibuti – kleiner Staat an strategisch wichtiger Position

Mit einer Fläche von 23 200 Quadratkilometern und knapp einer Million Einwohnern gehört Dschibuti zu den kleinsten Staaten Afrikas. Aufgrund seiner Lage am Roten Meer kommt ihm aber eine wichtige strategische Position als Brücke zwischen Afrika und dem Nahen Osten an einer der großen Schifffahrtsstraßen zu. Mehrere Staaten, allen voran die einstige Kolonialmacht Frankreich, haben hier Marinebasen. Auch die größte US-Militärbasis in Afrika befindet sich in Dschibuti.

Mehr von RP ONLINE

News Related

OTHER NEWS

Ukraine-Update am Morgen - Verhandlungen mit Moskau wären „Kapitulationsmonolog" für Kiew

US-Präsident Joe Biden empfängt Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus. Evan Vucci/AP/dpa Die US-Regierung hält Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland zum jetzigen Zeitpunkt für „sinnlos”. Bei einem Unwetter in Odessa ... Read more »

Deutschland im Wettbewerb: Subventionen schaden dem Standort

Bundeskanzler Olaf Scholz am 15. November 2023 im Bundestag Als Amerikas Präsident Donald Trump im Jahr 2017 mit Handelsschranken und Subventionen den Wirtschaftskrieg gegen China begann, schrien die Europäer auf ... Read more »

«Godfather of British Blues»: John Mayall wird 90

John Mayall hat Musikgeschichte geschrieben. Man nennt ihn den «Godfather of British Blues». Seit den 1960er Jahren hat John Mayall den Blues geprägt wie nur wenige andere britische Musiker. In ... Read more »

Bund und Bahn: Einigung auf günstigeres Deutschlandticket für Studenten

Mit dem vergünstigten Deutschlandticket will Bundesverkehrsminister Wissing eine junge Kundengruppe dauerhaft an den ÖPNV binden. Bei der Fahrkarte für den Nah- und Regionalverkehr vereinbaren Bund und Länder eine Lösung für ... Read more »

Die Ukraine soll der Nato beitreten - nach dem Krieg

Die Ukraine soll nach dem Krieg Nato-Mitglied werden. Die Ukraine wird – Reformen vorausgesetzt – nach dem Krieg Mitglied der Nato werden. Das hat der Generalsekretär des Militärbündnisses, Jens Stoltenberg, ... Read more »

Präsidentin droht Anklage wegen Tod von Demonstranten

Lima. In Peru wurde eine staatsrechtlichen Beschwerde gegen Präsidentin Dina Boluarte eingeleitet. Sie wird für den Tod von mehreren regierungskritischen Demonstranten verantwortlich gemacht. Was der Politikerin jetzt droht. Perus Präsidentin ... Read more »

Novartis will nach Sandoz-Abspaltung stärker wachsen

ARCHIV: Das Logo des Schweizer Arzneimittelherstellers Novartis im Werk des Unternehmens in der Nordschweizer Stadt Stein, Schweiz, 23. Oktober 2017. REUTERS/Arnd Wiegmann Zürich (Reuters) – Der Schweizer Pharmakonzern Novartis will ... Read more »
Top List in the World