Messerstecher von Zürich (15) fiel vor Tat mit Macken auf
Ein 15-Jähriger stach im März in Zürich einen orthodoxen Juden aus einem islamistischen Motiv nieder. Angehörige erzählen, welches Verhalten sie zweifeln liess, dass er mit der Tat etwas zu tun hat.
An einem Samstag Anfang März wurde mitten in der Stadt Zürich ein 50-jähriger Familienvater von einem Teenager mit einem Messer angegriffen und lebensbedrohlich verletzt. Beim Opfer handelt es sich um einen orthodoxen Juden, die Tat war islamistisch motiviert, wie der 15-jährige Täter in einem Bekennervideo sagt. Der Familienvater überlebte schwer verletzt, konnte das Spital inzwischen wieder verlassen.
Der Teenager wurde in der Schweiz geboren, seine Eltern stammen aus Tunesien. Im Alter von drei Jahren wurde er eingebürgert, nur seine Mutter hat bis heute keinen Schweizer Pass. Der «Tages-Anzeiger» konnte mithilfe der Angehörigen das Leben des Täters nachzeichnen. Sie erzählen vor allem von zwei einschneidenden Erlebnissen.
Musterschüler
Einen grossen Teil seiner Kindheit verbrachte «Ahmed der Schlächter», wie er sich später nennen sollte, in Tunesien. Dort lebte er mit seinen Geschwistern und der Mutter. Der Vater blieb in der Schweiz.
Eigentlich sollten die Kinder die gesamte Schulzeit über in Tunesien bleiben. Doch aufgrund der Corona-Pandemie kehrte die Familie zum Vater in die Schweiz zurück. «Er war sehr glücklich, als wir uns für eine Rückkehr entschieden haben», schreibt die Mutter gemäss dem «Tages-Anzeiger».
Der Teenager galt in der Schule als Musterschüler. Trotz Schwierigkeiten in Deutsch schaffte er es ins höchste Oberstufenniveau des Kantons Zürich. Dies änderte sich ungefähr ab dem Sommer 2022, als die Familie vom Migrationsamt zu einem Umzug in eine grössere Wohnung aufgefordert wurde.
«Er hat das Haus nicht mehr oft verlassen»
In der neuen Schule wurde der Jugendliche von Kameraden gemobbt und zu Hause gab es Probleme mit der Nachbarin, die sich durch den Lärm der Kinder gestört fühlte. «Sie hat sich beschwert, an die Decke geklopft oder geklingelt, bis die Kinder aufmachten und Angst bekamen, weil sie von ihr angeschrien wurden», schildert die Mutter. Die Folgen waren ein Leistungsabfall in der Schule, der Jugendliche wurde in die Sek B abgestuft. «A. hat das Haus nicht mehr oft verlassen und war immer am Handy.»
Er konnte den Zürcher ÖV-Fahrplan auswendig
Etwa ein Jahr vor der Tat in der Stadt Zürich habe er damit angefangen, täglich zu beten. Ansonsten sei ihnen nichts aufgefallen, was in Richtung Extremismus hätte hindeuten können. Die Angehörigen vermuten, dass er in Internetforen von islamistischen Menschenfängern verführt wurde. Er habe sich schon früher intensiv mit verschiedenen Themen befasst, erzählen Angehörige. So habe er etwa jedes Detail des Zürcher ÖV-Fahrplans gekannt.
Den Angehörigen fielen in den Monaten vor der Tat «autistische Züge», wie sie es nennen, beim Buben auf. Oft habe der Bub Anzeichen von «innerer Unruhe» gezeigt, sei in der Wohnung hin und her gelaufen. Die Eltern erwähnen, dass ihr Sohn oft auch mit lauter Stimme in der Öffentlichkeit gesprochen und nie jemanden gegrüsst habe.
Zusätzlich habe er motorische Schwierigkeiten gezeigt. Er soll etwa Mühe gehabt haben, beim Brotschneiden das Messer richtig zu halten. Ein Grund, weshalb die Eltern dem Buben die Gewalttat zuerst nicht zugetraut hätten.
Das sagt ein Experte zu den Auffälligkeiten
Gegenüber dem «Tages-Anzeiger» sagt Frank Urbaniok, Professor für Forensische Psychiatrie: «Verdachtsmomente sind auf jeden Fall gegeben. Man muss aber vorsichtig sein und abwarten, bis diese Hinweise vertieft in einem Gutachten abgeklärt wurden.»
Der Täter wurde inzwischen in einer geschlossenen Einrichtung für Jugendliche untergebracht.