An der Börse ist der Goldpreis in die Höhe geschossen. Vor allem Leute in China und Zentralbanken kaufen das Edelmetall. Lohnt sich ein Investment aus Schweizer Sicht?
Die weltweite Nachfrage nach Gold ist derzeit gross: Frisch gegossene Barren des Edelmetalls.
Was ist wertvoller: ein Kilo Gold oder ein Kilo Aktien?
Stellt man Chat-GPT diese nicht ganz ernst gemeinte Frage, gibt der Chatbot eine diplomatische Antwort. «Es hängt alles von den Marktbedingungen ab.»
Blickt man an die Börse, sind die Marktbedingungen allerdings eindeutig: Gold geht durch die Decke. Für ein Kilogramm des Edelmetalls werden zurzeit über 66’000 Franken bezahlt. Das sind 23 Prozent mehr als zum Jahresanfang, 27 Prozent mehr als zu Beginn des Jahrzehnts – und überhaupt: so viel wie noch nie.
Nach den Techaktien und Bitcoins stürzen sich Anleger nun also auf Gold. Das mutet auf den ersten Blick erstaunlich an. Eigentlich steht nach den Krisen der letzten Jahre – Pandemie, Inflation – jetzt der globale Aufschwung an. Warum gerät ein klassisches Kriseninvestment wie Gold gerade heute in den Fokus?
Die Antwort führt von Washington über Warschau nach Peking bis ins Tessin.
1. Kehrtwende in der Geldpolitik
Das gängigste Argument, überhaupt in Gold zu investieren, ist der Schutz vor Inflation: Geld verliert mit der Zeit seinen Wert – Gold behält ihn. Dieses Argument gilt abgewandelt auch für weitere Geldanlagen. Sinken die Zinsen, die diese Anlagen abwerfen, so macht dies Gold im Vergleich dazu attraktiver.
Nun steht bei den wichtigen Zentralbanken die geldpolitische Wende an. Sie haben Leitzinssenkungen angekündigt – schon im Juni könnte es in Europa so weit sein, in den USA scheint es auf einen Schritt im Herbst herauszulaufen.
Das ist an sich kein zwingender Grund für eine Goldrally. Doch die Umstände sind brisant: Die Inflation erweist sich in den USA zunehmend als hartnäckig. Zieht das Federal Reserve in Washington trotzdem seine Zinssenkungen durch, könnte das bedeuten, dass es auf Dauer eine höhere Teuerung in Kauf nimmt.
Diese Aussicht schreckt Anlegerinnen ab – und verleitet sie zu Goldkäufen. Doch als Erklärung für den derzeitigen Goldrausch, so der Konsens unter Finanzexperten und Goldmarktkennerinnen, genügt das allein noch nicht.
2. Zentralbanken horten Gold
Entscheidend zum hohen Goldpreis trägt nämlich eine zweite Gruppe von Akteuren bei: die Zentralbanken verschiedener Länder rund um den Globus.
Sie haben in den vergangenen zwei Jahren Rekordmengen an Gold gekauft. Es gibt zwar keine vollständige Transparenz über diese Käufe. Doch soweit sich aus offiziellen Meldungen ablesen lässt, haben zuletzt etwa die Zentralbanken der Türkei, von Ägypten, Singapur oder Polen grössere Käufe getätigt.
Im Gegenzug haben manche Zentralbanken ihre Dollar-Bestände verringert. Damit diversifizieren sie ihre Reserven. Ein zusätzliches Motiv für die Transaktionen ist, unabhängiger von den Vereinigten Staaten zu werden.
Am meisten ins Gewicht fällt, wie sich die chinesische Zentralbank verhält. Sie war in den vergangenen Jahren die wichtigste Goldkäuferin überhaupt. Auch bei ihr spielt die Geopolitik eine wichtige Rolle: Die chinesische Regierung möchte die Stellung des Dollars im globalen Finanzsystem schwächen und so die Macht der USA einschränken, ihre Politik anderen Ländern aufzuzwingen.
Nicht nur die Behörden in China haben in letzter Zeit aber den Goldkurs beeinflusst. Auch dortige Privatleute reissen sich um das Metall.
3. Der chinesische Crash
Ihnen gehen seit dem lokalen Immobiliencrash zusehends die Alternativen aus, um Geld anzulegen. Lange galt: Wer in China etwas zur Seite legen kann, kauft am besten eine Wohnung. Die Bautätigkeit wurde staatlich gefördert, Preissteigerungen waren angesichts der hohen Nachfrage so gut wie sicher.
Seit zwei Jahren ist das jedoch anders. Der Immobilienboom ist vorbei, die Preise sinken – nicht nur am Häuser-, sondern auch am Aktienmarkt. Viele Anlegerinnen sind aus Sorge um ihr Erspartes deshalb auf Gold ausgewichen. Davon zeugen die Rekordumsätze, welche die Goldbörse in Shanghai erzielt. Und selbst in den Exportzahlen der Eidgenössischen Zollverwaltung wird dies sichtbar: Raffinerien wie Valcambi, beheimatet in Valerna im Kanton Tessin, liefern seit geraumer Zeit grössere Mengen des Edelmetalls nach Fernost.
Laut Berichten hat sich die Nachfrage aus China zum wichtigsten Treiber des Goldpreises entwickelt. Deshalb entkoppelt sich dieser Preis zunehmend von Kennzahlen wie den Renditen auf Anleihen, die im Finanzmarkt eine wichtige Rolle spielen. Ein norwegischer Goldhändler schreibt auf seinem Blog dazu: «China hat die Kontrolle über den Goldpreis vom Westen übernommen.»
Lohnt sich Gold auf lange Sicht?
Weil die Nachfrage aus Schwellenländern nach Gold nicht so rasch abebben dürfte, rechnen manche Fondsmanager in den USA gemäss «Bloomberg» damit, dass der Preis noch weitersteigt. Schweizer Banken wie Julius Bär oder J. Safra Sarasin äussern sich in Analystenberichten vorsichtiger: Gerade weil am Goldmarkt derzeit viel spekuliert werde, seien Rückschläge nicht ausgeschlossen.
Privatpersonen, die in Gold anlegen wollen, haben zwei Optionen: Entweder kaufen sie bei einer Bank physisches Gold (also Münzen oder Barren) und lagern dies bei Bedarf auch im dortigen Tresor ein, oder sie kaufen Anteile an einem Fonds, der seinerseits das Gold hält. In beiden Fällen fallen verschiedene Gebühren an: für die Transaktion, für die Verwahrung oder den Anlagefonds.
Gründe dafür, einen Teil des Vermögens in Gold zu halten, gibt es durchaus. Das gilt besonders auf lange Sicht. Wer etwa am 1. Januar 2005 für 1000 Franken Gold kaufte, kann dieses heute für 3853 Franken verkaufen. Nach Abzug der Inflation entspricht das einer jährlichen Rendite von über 7 Prozent.
Über die vergangenen zwei Jahrzehnte schneidet ein Investment in Gold damit sogar noch besser ab als eines in Schweizer Aktien. Allerdings schwanken die Gewinne stark: In manchen Jahren läuft Gold an der Börse deutlich besser – in anderen Jahren ist es genau umgekehrt und die Aktien im SMI-Index gewinnen.
Fragt man Chat-GPT, welches Investment besser ist, bekommt man die Antwort: «Eine gut durchdachte Diversifikation könnte auch eine Kombination aus Aktien und Gold umfassen, um von den jeweiligen Vorteilen zu profitieren.»
Dieser Ratschlag klingt zwar künstlich – aber doch einigermassen intelligent.
Wir schicken Sie informiert in den Feierabend mit unseren Newsletter BaZ der Abend. Melden Sie sich hier an.
News Related-
Der Batzen und das Weggli für Dominik Egli
-
Mini-Grün auf der grünen Suppe
-
Eine Trainerin und ein Arzt kennen die Antwort: Fit werden, ohne zu schwitzen – geht das?
-
Häuser bereits verkauft: Dreijährige Kreuzfahrt abgesagt – Passagiere vor dem Nichts
-
Deutschland versinkt im Schneechaos
-
Von ZHAW gewählt: «Monsterbank» ist das Deutschschweizer Wort des Jahres
-
Frauen und Jugendliche – 33 weitere palästinensische Gefangene frei
-
Jans oder Pult: So stehen die Chancen der SP-Kandidaten
-
Müde und grummelig? Hier kommen 23 lustige Fails für bessere Laune
-
Innerhalb von 24 Stunden: „Wetten, dass..?“-Auftritt von Helene Fischer erreicht Meilenstein
-
So lief das Wochenende für die Schweizer Söldner: Unermüdlicher Xhaka spult Mammutprogramm erfolgreich ab
-
Hans Flatscher löst für Swiss-Ski Dinge, bevor sie ein Problem sind
-
Grenadier-Rekrut bricht auf Marsch zusammen: «Viele dachten während zwei Tagen, ich sei tot»
-
Novum: Frappart leitet Bayerns Heimspiel gegen Kopenhagen