Alles, was Sie wissen müssen: Ihr Leitfaden für die Europawahl 2024

Bei den kontinentweiten Wahlen werden 720 Abgeordnete des Europäischen Parlaments gewählt. Dies ist eine Aufstockung von derzeit 705 Sitzen, um den demografischen Veränderungen in mehreren Mitgliedstaaten Rechnung zu tragen.

Das Parlament ist die einzige Institution in der EU, die direkt von den Wähler:innen gewählt wird. Die beiden anderen wichtigen Organe werden indirekt gewählt: Die Zusammensetzung der Europäischen Kommission bedarf der Zustimmung der Abgeordneten des Europäischen Parlaments, während sich der Rat aus nationalen Ministern zusammensetzt, die von ihren jeweiligen Regierungen ernannt werden.

Die drei Organe arbeiten – nicht immer einvernehmlich – Hand in Hand, um die Gesetzgebung in zahlreichen Bereichen voranzutreiben, z. B. in den Bereichen Klimaschutz, digitale Regulierung, Migration und Asyl, Binnenmarkt, Umweltschutz und gemeinsamer Haushalt.

Hier erhalten Sie einen tieferen Einblick in die Wahlen 2024.

Wann finden die Wahlen statt?

Die Wahlen zum Europäischen Parlament finden zwischen dem 6. und 9. Juni statt und werden nach den Wahlvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten organisiert. Die Wähler:innen wählen die Vertreter:innen ihres Landes in offenen, halboffenen und geschlossenen Listen. Ein Vorstoß zur Einführung transnationaler Listen konnte sich nicht durchsetzen.

Die Wahl beginnt in den Niederlanden am Donnerstag, 6. Juni, gefolgt von Irland am Freitag, 7. Juni. Lettland, Malta und die Slowakei stimmen am Samstag dem 8 Juni, ab, während die übrigen Länder am 9. Juni, dem ‘großen Sonntag’, an die Urnen gehen.

In der Tschechischen Republik und in Italien kann an zwei aufeinanderfolgenden Tagen abgestimmt werden: Freitag und Samstag für die Tschech:innen und Samstag und Sonntag für die Italiener:innen.

Was ist das Mindestalter für Wähler?

Wie der Wahltag hängt auch diese Frage von der Staatsangehörigkeit ab.

In den meisten Mitgliedstaaten liegt das Mindestalter für Wähler bei 18 Jahren. In den letzten Jahren haben jedoch einige Länder das Mindestalter herabgesetzt, um die Wahlbeteiligung zu erhöhen. In Griechenland dürfen bereits Personen ab 17 Jahren wählen. Und in Belgien, Deutschland, Malta und Österreich wurde das Mindestalter auf 16 Jahre festgelegt.

Im Gegensatz dazu liegt das Mindestalter für Parlamentskandidaten zwischen 18 Jahren in Ländern wie Deutschland, Frankreich und Spanien und 25 Jahren in Griechenland und Italien. Alle EU-Bürger:innen haben das Recht, in einem anderen EU-Land zu kandidieren, wenn sie dort ihren Wohnsitz haben.

Bedeutet dies, dass mehr Menschen wählen werden?

Das ist eine der brennenden Fragen in Brüssel. Die EU-Wahlen werden seit Jahrzehnten von einer niedrigen Wahlbeteiligung geplagt. Im Jahr 2019 lag sie bei 50,66 Prozent und damit zum ersten Mal seit 1994 über der 50 Prozent-Schwelle.

Dieses Jahr hofft man, zumindest wieder die 50 Prozent-Marke zu erreichen. In der Praxis würde das bedeuten, dass 185 Millionen der schätzungsweise 370 Millionen Wahlberechtigten ihre Stimme abgeben würden.

Die Jugend gilt als Schlüsselgruppe zur Steigerung der Wahlbeteiligung. Das erklärt, warum die EU-Beamten Taylor Swift und andere Prominente ins Visier genommen haben, um die Generation Z und die Millennials an die Wahlurnen zu bringen.

Ist die Stimmabgabe obligatorisch?

Nur in vier Mitgliedstaaten ist die Stimmabgabe obligatorisch: Belgien, Bulgarien, Luxemburg und Griechenland. Diese Bestimmung wird mit Nachsicht durchgesetzt und führt nicht unbedingt zu einer höheren Wahlbeteiligung. Im Jahr 2019 lag die Wahlbeteiligung in Griechenland bei 58,69 Prozent und in Bulgarien bei nur 32,64 Prozent.

Dennoch ist es sehr empfehlenswert, wählen zu gehen, um sich Gehör zu verschaffen.

alles, was sie wissen müssen: ihr leitfaden für die europawahl 2024

Das Europäische Parlament ist die einzige Institution der Europäischen Union, die direkt von den Bürger:innen gewählt wird. Jean-Francois Badias/Copyright 2023 The AP. All rights reserved

Kann ich aus dem Ausland wählen?

Generell gilt: Ja, Sie können wählen. Aber das ist von Land zu Land unterschiedlich.

Alle Mitgliedstaaten mit Ausnahme der Tschechischen Republik, Deutschlands, Irlands, Luxemburgs, Maltas, der Niederlande, Österreichs und der Slowakei gestatten ihren Bürgern, ihre Stimme in Botschaften und Konsulaten im Ausland abzugeben, wofür häufig eine Vorabregistrierung erforderlich ist. (Bulgarien und Italien ermöglichen diese Möglichkeit nur innerhalb eines anderen EU-Landes).

Gleichzeitig erlauben Belgien, Deutschland, Estland, Spanien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Ungarn, die Niederlande, Österreich, Slowenien, Finnland und Schweden den Wählern, ihre Stimmzettel per Post zu schicken. In einigen Fällen können die Kosten für den Postversand erstattet werden.

In Belgien, Frankreich und den Niederlanden ist außerdem die Stimmabgabe durch einen Bevollmächtigten möglich: Wer nicht zur Wahl gehen kann, kann eine andere Person mit der Stimmabgabe beauftragen.

Bis heute ist Estland das einzige EU-Land, das eine elektronische Stimmabgabe anbietet.

Andererseits gibt es eine Minderheit von Mitgliedstaaten, die überhaupt keine Möglichkeit haben, aus dem Ausland zu wählen: die Tschechische Republik, Irland, Malta und die Slowakei.

Weitere Informationen über die Stimmabgabe finden Sie auf der Webseite des Parlaments.

Wann werden wir die Ergebnisse erfahren?

Die Ergebnisse der Wahlen werden erst am Sonntagabend bekannt gegeben. Dadurch soll verhindert werden, dass Länder, die früher wählen, das Ergebnis der Nachzügler beeinflussen.

Die Dienststellen des Europäischen Parlaments beabsichtigen, am Sonntag um 18:15 Uhr MEZ die ersten Teilschätzungen und um 20:15 Uhr MEZ die erste Hochrechnung des gesamten Wahlspektrums zu veröffentlichen. Diese Daten werden die geschätzten Stimmen und die vor der Wahl durchgeführten Meinungsumfragen kombinieren.

Um 23:00 Uhr MEZ, wenn alle Wahllokale in allen Mitgliedstaaten geschlossen haben, werden wir einen zuverlässigen, umfassenden Überblick über die Zusammensetzung des nächsten Europäischen Parlaments haben.

Was passiert nach den Wahlen?

Kurz nach den Wahlen werden die nationalen Behörden dem Parlament mitteilen, wer gewählt wurde (und wer nicht), damit sich der Plenarsaal konstituieren kann.

Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments schließen sich je nach ihrer Ideologie und ihren Prioritäten in Fraktionen zusammen. Um sich bilden zu können, müssen diesen Fraktionen mindestens 23 Abgeordnete aus mindestens sieben Ländern angehören. Diejenigen Abgeordneten, die sich keiner Fraktion anschließen können oder wollen, werden als “Nichtmitglieder” (oder “Fraktionslose”) eingestuft und haben in den Debatten weniger Redezeit und in den Ausschüssen weniger Gewicht.

Der aktuelle Plenarsaal besteht aus sieben Fraktionen: der Europäischen Volkspartei (EVP), den Sozialisten und Demokraten (S&D), Renew Europe, den Grünen/Freien Europäischen Allianz, den Europäischen Konservativen und Reformisten (ECR), Identität und Demokratie (ID) und Die Linke.

Die 10. Legislaturperiode beginnt am 16. Juli, dem Tag der ersten Plenarsitzung. An diesem Tag werden die 720 Abgeordneten den oder die Parlamentspräsidentin, 14 Vizepräsident:innen und fünf Quästoren (innerparlamentarische Beauftragte) wählen.

In der ersten Sitzung, die bis zum 19. Juli dauern wird, werden die Ausschüsse und Unterausschüsse gewählt. Die Vorsitzenden der Ausschüsse und Unterausschüsse werden in den Tagen nach der Plenartagung gewählt, wobei die großen Fraktionen bei dieser Gelegenheit traditionell einen Kuhhandel betreiben.

Was hat es mit den Spitzenkandidaten auf sich?

Im Jahr 2014 beschloss die EU, etwas Neues auszuprobieren: Vor den Parlamentswahlen wurde jede Partei aufgefordert, öffentlich einen Spitzenkandidaten für den Vorsitz der Europäischen Kommission, der Exekutive der Union, also dem was einer Regierung am nächsten kommt, zu benennen.

Diese Vorauswahl, so die Überlegung, sollte die Kommission in den Augen der europäischen Wähler demokratischer und transparenter machen.

Nachdem die EVP die Wahlen mit 221 Sitzen gewonnen hatte, respektierten die EU-Staats- und Regierungschefs das neue System und ernannten Jean-Claude Juncker, den Spitzenkandidaten der Partei, zum Kommissionspräsidenten. Der Plenarsaal billigte seine Kandidatur mit absoluter Mehrheit.

Im Jahr 2019 nahmen die Dinge jedoch eine überraschende Wendung: Der erklärte Kandidat der EVP, Manfred Weber, wurde von den Staats- und Regierungschefs der EU (vor allem von Frankreichs Emmanuel Macron) kurzerhand zur Seite geschoben. Die Ablehnung führte zum überraschenden Auftauchen von Ursula von der Leyen, die während des Wahlkampfs völlig abwesend gewesen war.

Von der Leyens Ernennung, die den Wahlgang nur hauchdünn überstand, veranlasste Analysten und Journalisten, das Spitzenkandidatensystem für tot zu erklären.

Das Rennen 2024 ist ein Versuch, das System wiederzubeleben: Dieses Jahr hat von der Leyen ihre Kandidatur als Spitzenkandidatin für die EVP erklärt. Die Sozialisten, die Grünen und die Linke haben ihre Kandidat:innen entweder bereits gewählt oder ebenfalls Schritte unternommen, um eine oder einen aufzustellen. Andere Gruppen, wie Renew Europe und ID, lehnen das System jedoch weiterhin ab, unter anderem, weil es keine Grundlage in den EU-Verträgen hat.

Unabhängig davon, woher die oder der Sptizenkandidat:in kommt, beabsichtigt das Parlament, zwischen dem 16. und 19. September eine Plenarsitzung abzuhalten, um dem Kandidaten die Möglichkeit zu geben, sich politisch zu profilieren und die Unterstützung von mindestens 361 der 720 Mitglieder des Parlaments zu erhalten.

Wenn die oder der Kommissionspräsident:in in dieser Sitzung gewählt wird, beginnt das Parlament mit den Anhörungen der designierten Kommissare nach den ihnen zugewiesenen Ressorts. Im Jahr 2019 wurden drei vorgeschlagene Namen während des Überprüfungsprozesses vom Parlament abgelehnt, und die betroffenen Mitgliedsstaaten mussten neue Kandidat:innen vorschlagen. Der prominenteste Fall war die vom französischen Präsidenten Macron ursprünglich vorgeschlagene Kommissarin.

Sobald alle designierten Kommissare die Anhörungen überstanden haben, die sich über Stunden hinziehen und heftig ausfallen können, wird das Parlament dem gesamten Kollegium der Kommissare das Vertrauen für eine fünfjährige Amtszeit aussprechen. Erst dann wird die neue Kommission ihr Amt antreten und die Gesetzgebungsarbeit kann beginnen.

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