Punk-Pioniere kehren nach Niederau zurück

Sie waren nie wirklich weg: Die Jungs von Cheap Stuff spielen nach zehn Jahren Pause wieder im Niederauer Kulti und erzählen, wie alles angefangen hat.

Als die Band “Cheap Stuff” mit Sänger Frank aus Niederau beim Glaubitzer Punkrock-Festival “Back to Future” im Sommer 2023 auftritt, ist die Fläche vor der Bühne schon sehr gut gefüllt. Jetzt kommen sie nach Niederau zurück. © Lutz Weidler

Niederau. Niederau lebt. Erst wird das Hof- und Straßenfest in Form der 750-Jahr-Feier wiederbelebt, nun folgt auch ein Konzertformat. Beides gab es 2014 das letzte Mal. Das Kulti lässt “Niederau rockt” nach zehn Jahren Pause wieder aufleben. “Cheap Stuff” ist auch dabei. Die Jungs kommen aus der Region und machen seit über 20 Jahren Musik. Obwohl die meisten von ihnen mittlerweile eine Familie haben, geben sie immer noch regelmäßig Konzerte. Ihr letztes war im Dresdner Ostpol. Sie spielten auch beim Glaubitzer-Punk-Festival “Back to future” im Juli 2023. Nun kehren sie nach Niederau zurück, zu ihren eigenen Wurzeln.

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• Am 17. Februar findet “Niederau rockt VII” im Kulturhaus Niederau statt. Als Bands angekündigt haben sich außerdem Wayward Caines aus Leipzig, Tschechien und USA sowie Big Bad Shaking’ aus Berlin. Tickets gibt es online und kosten 15 Euro pro Person.

“Cheap Stuff” existiert seit 1998. Damals probten sie noch im Hafenstraße e. V., jetzt haben sie einen eigenen Proberaum am Rande von Meißen. “Wir waren damals gefühlt die Einzigen, die Punk gehört haben”, sagt Sänger Frank, der ursprünglich aus Weinböhla kommt, aber jetzt in Niederau lebt. Zusammen mit Schlagzeuger Martin und Gitarrist Jupp bildeten sie früher eine Clique in Weinböhla. Später kamen Gitarrist Sylvio und Bassist Ralle aus Niederau dazu.

“Das war anfangs ein neuer Sound”

Sie verbrachten damals viel Zeit auf einem Gartengrundstück in Niederau, ihrer “Laube”. “Wir saßen dort einfach viel herum. Es war fantastisch”, schwärmt Frank heute. Als dann der Proberaum kam, wollten sie unbedingt Musik machen. “Ich versuchte mich am Schlagzeug, habe es motorisch aber gar nicht hinbekommen.” Also fing er an zu schreien. Um sich zu Hause Texte ausdenken zu können, nahm er damals die Bandproben mit einem Kassettenrekorder auf. “Damit es nicht so scheppert, habe ich ihn in eine Plastiktüte gepackt. Es klang schrecklich”, lacht Frank.

Nach etwa drei Jahren hatten sie ein paar eigene Lieder zusammen und spielten bereits 2002 als Vorband im Leipziger Conni Island, und zwar für die bekannte deutsche Oi!-Punk-Band Oxymoron. Für die damals 20-Jährigen war das etwas Besonderes. Sie spielten zu dieser Zeit jährlich bis zu 20 Konzerte. Sie tourten viel durch Jugendclubs und alternative Zentren auf dem Land, auch im Landkreis Meißen. Heute sagen sie, dass sie Teil der Bewegung gegen rechtsextreme Tendenzen in der Szene waren. Denn immer mehr Neonazis versuchten, in die Hardcore-Punk-Szene einzudringen.

Ende der 1990er-Jahre gründete sich deshalb in Deutschland die Initiative “Good Night White Pride”. Das dazugehörige Logo zeigt die Silhouette eines antifaschistischen Aktivisten, der nach einem am Boden liegenden Neonazi tritt. Als Vorlage diente ein Foto, das am 8. Mai 1998 während eines Aufmarsches des Ku-Klux-Klans in Ann Arbor, Michigan, aufgenommen wurde. Es zeigt den damals 18-jährigen Afroamerikaner Harlon Jones. Das Logo sollte als klares Statement dienen und verbreitete sich rasch in der gesamten Punkszene, auch international. Bis heute ist es auf T-Shirts, Flyern, Aufklebern und Buttons präsent. Musikalisch wurde es unter anderem von Loikaemie aus Plauen aufgegriffen, die mit den Jungs aus Niederau und Weinböhla freundschaftlich verbunden sind.

Die Bandmitglieder von “Cheap Stuff” verstanden sich früher als antifaschistische Skins und trugen auch Glatzen. “Die Menschen wechselten die Straßenseite, wenn sie uns sahen”, erinnert sich Frank. “Aber wir waren damals schon liebe Jungs.” Nach ein paar Jahren kam der Wandel, der Antifaschismus ist geblieben, die Haare wurden länger, und es folgten ausschließlich englische Texte. Ihre Musikrichtung ist an US-amerikanischem Punk angelehnt. Mit zwei Demo-CDs, drei LPs und zahlreichen Vinyl-Singles unter dem Label Contra Records dokumentierten sie ihre musikalische Reise. “Das war anfangs ein neuer Sound”, sagt das jüngste Bandmitglied: Bassist Arny.

Wiederbelebung der Punkrock-Szene in Niederau

Er hat den Platz von Ralle eingenommen. “Das ist unser Küken”, scherzt Sylvio im Meißner Proberaum. Inzwischen ist der Bassist, der eigentlich Gitarre spielt, schon seit vier Jahren dabei. “Frank ist mein Tätowierer. Cheap Stuff ist eine meiner absoluten Lieblingsbands. Es war für mich klar, dass ich Ja sage.” Mit 34 Jahren ist er auch der Jüngste. Der Rest der Band ist Anfang und Mitte 40 Jahre alt. Viele Menschen in der Region kennen die Band. Das zeigte auch das bisher letzte “Niederau rockt” im Jahr 2014.

Damals schrieb die Sächsische Zeitung über das Konzert: “Cheap Stuff” hätten in der Gegend schon viele Anhänger und seien sehr populär. Das sah man auch, wenn man seinen Blick durch das begeisterte Publikum schweifen ließ, denn neben Jeanswesten und Lederjacken waren viele Bandshirts zu entdecken. Diese große Unterstützung der Fans wäre doppelt gerechtfertigt gewesen, da “Cheap Stuff” nicht nur durch ihre Musik begeisterten, sondern auch die treibende Kraft im Jahr 2014 für die Wiederaufnahme dieser Veranstaltungsreihe gewesen waren.

Die Band “Cheap Stuff” aus Niederau/Weinböhla nach ihrem Auftritt im Dresdner Ostpol im Januar 2024 – Arny, Martin, Sylvio, Frank und Jupp. © Carlo Sohr

Das Konzert am 17. Februar im Kulturhaus Niederau betrachten die Musiker als einen Höhepunkt in diesem Jahr. “Es gab zehn Jahre keinen Punkrock in Niederau. Wir sind ein wenig aufgeregt”, offenbart Frank. Sie können überhaupt nicht einschätzen, wie viele kommen werden. Aber die Jungs von “Cheap Stuff” betonen, dass sie so oder so durchziehen werden. “Niederau rockt” verspricht also nicht nur eine musikalische Zeitreise, sondern auch eine Wiederbelebung der Punkrock-Szene in Niederau.

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