„Wir müssen den Kreml erobern“: Kremlkritiker ruft zum Kampf gegen Putin auf – Prigoschin-Putsch als Blaupause

Der ehemalige russische Abgeordnete und nunmehrige Kritiker von Kremlchef Wladimir Putin, Ilja Ponomarjow, setzt auf einen gewaltsamen Umsturz in Russland. „Wir müssen den Kreml erobern“, sagte Ponomarjow, der sich seit 2016 im Exil befindet, nun gegenüber der „Moscow Times“.

Der Ex-Abgeordnete arbeitete einst mit dem ehemaligen russischen Präsidenten Dmitri Medwedew zusammen, nachdem dieser den Weg für eine Rückkehr Putins freigemacht hatte, kam es jedoch zum Bruch. Ponomarjow stimmte 2014 laut der russischen Zeitung als einziger Abgeordneter gegen die Besatzung der ukrainischen Halbinsel Krim und gegen die Verschärfung von Gesetzen gegen „homosexuelle Propaganda“.

Kremlkritiker Ponomarjow will Wladimir Putin stürzen 

Mittlerweile lebt Ponomarjow in Kiew – und tritt dort als prominentes Sprachrohr einer russischen Widerstandsgruppe, die sich „National Republican Army“ (NRA) nennt, in Erscheinung. In der Vergangenheit gab es Zweifel an der Existenz und der tatsächlichen Größe einer solchen Gruppe, unabhängig bestätigte Informationen über die selbsterklärten Widerstandskämpfer gibt es nicht. Auch heute will Ponomarjow keine konkreten Angaben zu der Organisation machen und begründet das mit dem Schutz der Mitglieder.

„wir müssen den kreml erobern“: kremlkritiker ruft zum kampf gegen putin auf – prigoschin-putsch als blaupause

Ilja Ponomarow bei einer Demonstration in Moskau für faire Wahlen in Russland. Mittlerweile lebt der Kremlkritiker in Kiew. (Archivbild) imago stock&people

Im Laufe seiner Karriere seien bereits „mindestens zwölf“ seiner Kollegen und Freunde ermordet worden, erklärte der Kremlkritiker. Er sei kein Mitglied der NRA, stehe ihr aber nahe, führte er aus. Die NRA behauptet derweil, hinter dem Sprengstoffanschlag auf Darya Dugina, Tochter des faschistischen russischen Ideologen Alexander Dugin, zu stecken und für die Tötung des kremlnahen russischen Militärbloggers Vladlen Tatarsky durch eine Bombe in St. Petersburg verantwortlich gewesen zu sein.

Eroberung des Kremls laut Ponomarjow alternativlos: „Es geht nicht anders“

„Meiner Meinung nach gibt es 20 Prozent des russischen Volkes, die den Krieg entschieden befürworten, 20, die entschieden dagegen sind, und der Rest ist neutral. Und diese 60 Prozent sind unsere Leute“, sagte Ponomarjow nun der englischsprachigen „Moscow Times“, die 2022 ihre Redaktion nach Amsterdam verlegt hat. „Der Weg, ihr Potenzial freizusetzen, besteht darin, den Kreml zu erobern. Es geht nicht anders. Diese Leute werden auf fast jeden hören, solange er im Kreml ist“, führte Ponomarjow aus.

Eine Blaupause für einen Putsch sieht der Kremlkritiker im „Marsch auf Moskau“, bei dem Chef der Söldnergruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, zunächst russische Militäranlagen in der Stadt Rostow am Don eingenommen und seine Söldner dann in Richtung Moskau geschickt hatte. Kurz darauf beorderte Prigoschin seine Truppen zurück. Einige Wochen nach dem kurzzeitigen Putschversuch starb Prigoschin schließlich bei einem Flugzeugabsturz in Russland. Die Umstände sind weiterhin unklar.

Ponomarjow über Prigoschins Putschversuch: „Eine sehr positive Sache“

Dennoch sei der kurze Aufstand des Söldneranführers „eine sehr positive Sache“, erklärte Ponomarjow. Die Wagner-Söldner hätten damit bewiesen, dass ein militärischer Sturz des Kremls grundsätzlich möglich sei. „Er hat genau das getan, was wir versprochen hatten, und es hat funktioniert“, so der Kremlkritiker. „Es ist immer noch möglich“, fügte er an. Attentate wie auf Dugina und Tatarsky seien legitim, erklärte Ponomarjow zudem. „Jeder, der sich auf der anderen Seite des Krieges beteiligt, gilt als legitimes Ziel für die NRA“.

Er selbst sei jedoch „kein Soldat“ und habe die Attentate auch nicht „organisiert“, erklärte Pnomarjow. „Das machen Menschen, die ich für Helden halte und die das Richtige tun.“  Sollte ein Putsch erfolgreich verlaufen, will Ponomarjow nicht auf Wladimir Putin folgen. „Ich sehe mich eher als der Denker hinter dem politischen Übergang“, sagte er der „Moscow Times“ bei einem Treffen in London.

Mehrere russische Freiwilligengruppen seit Kriegsbeginn aktiv

Seit Kriegsbeginn haben sich mehrere russische Widerstandsgruppen gebildet, mitunter mit zweifelhaftem Ruf. So steht das „Russische Freiwilligenkorps“ unter der Führung des russischen Neonazis Denis Kapustin, der zeitweise in der Köln gelebt hat. Das Freiwilligenkorps hat sich mehrmals zu Angriffen in der russischen Grenzregion Belgorod bekannt.

Eine weitere russische Freiwilligengruppe ist die „Legion Freiheit Russlands“, die ebenfalls von der Ukraine aus militärische Attacken jenseits der Grenze durchgeführt hat. Die russischen Freiwilligeneinheiten sind kein offizieller Teil der ukrainischen Streitkräfte, werden laut eigenen Angaben aber durchaus mit Informationen und Material von Kiew unterstützt.

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