Antisemitismus bei der Berlinale im Kulturausschuss des Bundestags: Ist jetzt das ZDF schuld?

antisemitismus bei der berlinale im kulturausschuss des bundestags: ist jetzt das zdf schuld?

Kulturstaatsministerin Claudia Roth am Mittwoch

„Antiisraelische und antisemitische Vorfälle bei der Berlinale“ hieß der Tagesordnungspunkt eins im Kulturausschuss des Bundestags am Mittwoch. Eingeladen waren die alte Berlinale-Leitung in Person von Mariette Rissenbeek und Carlo Chatrian, die neue Intendantin der Berlinale Tricia Tuttle, die Kulturstaatsministerin Claudia Roth sowie der Regierende Bürgermeister Kai Wegner.

Die beiden Männer folgten der Einladung nicht. Carlo Chatrian habe nicht einmal reagiert, informierte die Ausschussvorsitzende, Wegner immerhin habe abgesagt. Dabei hätte man meinen können, dies sei ein wichtiger Termin für jemanden, der den Kampf gegen Antisemitismus als Staatsziel in der Berliner Verfassung verankern möchte.

Im Zentrum der Frage- und Antwortrunde standen die Vorfälle bei der Preisverleihung der Berlinale. Mariette Rissenbeek äußerte sich erschüttert darüber, wie das, was an diesem Abend passierte, durch die Berichterstattung skandalisiert wurde. Wobei sie später doch auch einräumte, dass es eine Einseitigkeit gegeben habe, vor allem kritisierte sie das Auftreten und die Wortwahl des amerikanischen Regisseurs Ben Russell, der mit einem Palästinensertuch um die Schultern von einem Genozid in Gaza sprach. „Dieses Wort hat mich erschüttert.“

Gefragt, warum die israelische Hamas-Geisel David Cunio nicht genannt worden sei, ein Schauspieler, der vor einigen Jahren bei der Berlinale zu Gast war, räumte sie ein, da sei das Festival zu zögerlich vorgegangen. „Wir bedauern das sehr.“ Rissenbeek wurde dann persönlich, erzählte von ihren Großeltern, die Juden versteckt hätten.

Die aus den USA stammende, seit langem in Großbritannien beheimatete Tricia Tuttle, als Berlinale-Intendantin seit 1. April im Amt, deutete an, dass die Perspektive auf Israel und Antisemitismus in Deutschland sich von der im Rest der Welt unterscheide. „Außerhalb von Deutschland finden es viele schwer, die Komplexität in Deutschland zu verstehen.“ Es sei ihr erst in den vergangenen Wochen gelungen zu begreifen, welche Bedeutung der Holocaust in diesem Zusammenhang hat.

Claudia Roth reagierte mit Unverständnis auf Charlotte Knoblochs im Nachhinein gemachten Vorschlag. Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München hatte gesagt, Roth hätte aufstehen und das Publikum zum Gehen auffordern müssen. „Das geht einfach nicht bei einer internationalen Veranstaltung, dass ich als Repräsentantin des Staates auf so eine Weise eingreife.“

Ihr sei auch nicht klar gewesen, dass bei der Preisverleihung gar nicht die Berlinale, sondern das ZDF verantwortlich gewesen sei. Wollte sie damit sagen, die ZDF-Moderatorin hätte widersprechen müssen? Dorothee Bär, stellvertretende Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, hat gehört, dass die Moderatorin Moderationskarten für solche Fälle hatte, diese aber nicht nutzte. Das konnte niemand bestätigen. Das ZDF sei gebrieft worden, dass die rote Linie für die Berlinale erreicht sei, wenn das Existenzrecht Israels infrage gestellt werde, sagt Rissenbeek.

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