Matthias Müller will das Rentenalter anheben

Der Präsident der Jung­freisinnigen Schweiz ist die treibende Kraft hinter der Renteninitiative. Gehts nach Matthias Müller, sollen wir alle länger arbeiten. Sein Alltag in drei Tenues.

Krampfen bis zum Umfallen ist nicht mehr angesagt. Die Zahl junger Erwachsener steigt, die weniger arbeiten und dafür mehr Freizeit für Freunde und Familie aufbringen wollen. Matthias Müller (31) ist nicht so. Der Präsident der Jungfreisinnigen Schweiz ist der Kopf der Renteninitiative. Wenns nach ihm geht, arbeiten Frauen und Männer ab 2033, bis sie 66 sind – und danach soll das Rentenalter automatisch weiter steigen, wenn die durchschnittliche Lebenserwartung zunimmt. «Die AHV-Finanzierung ist ein heisses Eisen, an dem sich niemand die Finger verbrennen will», sagt Müller. «Aber wir müssen die AHV zukunftsfest und enkelfit machen.» Wer ist dieser junge Mann, der will, dass wir alle länger arbeiten?

matthias müller will das rentenalter anheben

David Biedert /

1. Sportshirt und Trainerhose

Das Licht ist grell, die Lüftungsrohre sind sichtbar. Im Zürcher Fitnesscenter, in dem Matthias Müller trainiert, ist nichts chic oder schön – sondern einfach praktisch. Müller geht zu den Kurzhanteln und nimmt je 50 Kilo in die Hände. Wenn er etwas anpackt, dann richtig. Zwei- bis dreimal in der Woche stählt er seine Muskeln. «Früher wars öfter», sagt er und grinst.

Doch das vergangene Jahr war streng: Müller bestand die Anwaltsprüfung samt Notariatszulassung, kandidierte für den Nationalrat und übernahm das Vizepräsidium der FDP Zürich. «Aber Fitness ist nötig, ich bewege mich im Job kaum. Sonst wandert alles ‹gegen Süden›», sagt Müller und hält sich mit den Händen den Bauch.

matthias müller will das rentenalter anheben

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2. Pullover und Jeans

Am Sonntag zuvor ist Müller bei seinen Eltern zu Besuch. Er ist in einem Einfamilienhaus im aargauischen Merenschwand aufgewachsen – nur einen Steinwurf vom Haus der ehemaligen Bundesrätin Doris Leuthard entfernt. «Wir sind eine ganz normale Familie aus dem Mittelstand», sagt er. Der Vater, Gabriel Müller (62) arbeitet bei einer Versicherung, die Mutter, Roya Müller, 64, ist Lektorin. Sie kommt aus dem Iran. Als 20-Jährige flüchtet sie vor dem Mullah-Regime nach Paris. Dort lernt sie ihren späteren Ehemann kennen, der damals einen Sprachaufenthalt macht. Die iranischen Wurzeln spielen kaum eine Rolle für Matthias Müller – Persisch spricht er wenig, mit seiner Mutter redet er Französisch. «Sie hat uns die Schweizer Werte beigebracht, wollte, dass wir uns mit der Schweiz identifizieren und uns hier zu Hause fühlen.»

Müller war nicht immer ein Musterknabe. Oder wie er es sagt: «Ich war ein schwieriges Kind.» Einen Grossteil seiner Jugend verbringt er vor dem PC, spielt bis zu zehn Stunden am Tag Computerspiele. Die Noten werden schlechter, es reicht nicht für die Kanti. «Ich war verzweifelt, hatte keine Lehrstelle und bekam nur Absagen», erinnert sich Müller. Er geht in die Handelsmittelschule. «Dann wurde mir klar: So kann ich meinen Traum vom Anwalt begraben!» Er konzentriert sich aufs Lernen, schafft den Sprung ins Gymi, finanziert sein Jus-Studium an der HSG mit Nebenjobs und doktoriert an der Uni Zürich. «So habe ich gelernt: Ich kann vieles erreichen, wenn ich hart dafür arbeite.» Ein Glaubenssatz wie aus dem liberalen Lehrbuch.

Der Familientisch der Müllers war früher unpolitisch. Heute nicht mehr. «Ich wäre eigentlich pensioniert, aber mir bereitet die Arbeit Freude. Warum sollte ich dann mit 64 aufhören und nichts machen?», fragt Roya Müller. Ihr Sohn fügt hinzu: «Die meisten Menschen arbeiten gern und lange. Ich habe bis 30 studiert und doktoriert. Da ist es zumutbar, bis 70 zu arbeiten. Das gilt aber nicht für meinen Bruder David, der mit 16 in die KV-Lehre gegangen ist.» Damit relativiert er seine eigene Initiative. «Es ist sonnenklar, dass wir Büezer und Langzeitstudierende nicht gleich behandeln können.» Von der Initiative für eine 13. AHV-Rente hält er aber nichts: «Dies würde die AHV ruinieren! Wenn wir Milliarden mit der Giesskanne verteilen, profitieren überwiegend Menschen, die diesen Zustupf gar nicht nötig haben.»

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David Biedert /

3. Anzug und Monk-Schuhe

Einen Tag später trifft Matthias Müller seine Freundin Katherine (35) während der Mittagspause in Zürich. Die HR-Fachfrau und der Anwalt sind seit acht Jahren ein Paar und wohnen zusammen in Oerlikon. «Ich interessiere mich für Politik, bin aber in keiner Partei», sagt die Luzernerin. «Ich unterstütze Matthias natürlich in seinen politischen Vorhaben.»

Müller gilt als Nachwuchshoffnung des Freisinns, und die Aussichten, irgendwann in den Nationalrat nachzurutschen, stehen gut. Rhetorisches Talent und Selbstbewusstsein zeigte Müller bereits in «Arena»-Sendungen. «Er versucht oft, einen über den Haufen zu reden», sagt Juso-Präsident Nicola Siegrist (27). «In Debatten grätscht er rein, was nicht immer sympathisch ist. Aber obwohl wir mit harten Bandagen kämpfen, können wir uns immer die Hand geben.» Magdalena Erni (20) Co-Präsidentin der Jungen Grünen, sagt: «Er macht Politik für eine reiche Minderheit. Ich wünsche mir, er würde sich für die Mehrheit einsetzen.»

Seiner Renteninitiative erteilt der Bundesrat eine Absage und empfiehlt, am 3. März Nein zu stimmen. Der enthaltene Automatismus zur Erhöhung des Rentenalters passe nicht zur Schweiz, sagt die neue Sozialministerin Elisabeth Baume-Schneider. Doch Müller wäre nicht Müller, wenn er nicht bis zum letzten Tag alles geben würde. «Ich freue mich darauf, mir der Bundesrätin in den politischen Ring steigen zu dürfen.»

Die Schweizer Illustrierte hat eine neue Podcast-Folge – hier reinhören!

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