Londoner «Traumwohnung» wird für Schweizer Familie fast zum teuren Desaster
Das Online-Buchungsportal Booking verspricht seriöse Angebote. Doch auch dort ist man nicht immer sicher vor Betrügern, wie eine Schweizer Familie erfahren musste.
Mit geklauten Fotos dieser Londoner Luxuswohnung versuchten die Betrüger Booking-Kunden zu täuschen.
Hätte Harry Lütolf auf die Angestellten von Booking gehört, könnten sich die Betrüger hinter ihren Computern wohl freuen. Statt nur die 1400 Franken Miete hätte er ihnen auch noch rund 2000 Franken Kaution überwiesen – für eine Ferienwohnung, die es gar nicht gibt. Und das alles über die offiziellen Kanäle des beliebtesten Buchungsportals der Schweiz.
Mit seiner Frau und seiner Tochter wollte Lütolf in die Ferien nach London. Dafür suchte er auf Booking nach einer geeigneten Unterkunft. Er blieb am Inserat eines Apartments hängen. «Es war schön, geräumig, in guter Lage und kostete rund 1400 Franken für vier Nächte.» Screenshots des Inserats, welche dieser Redaktion vorliegen, zeigen ein luxuriöses Wohnzimmer mit riesigen Fenstern, Designermöbeln und eine moderne Küche.
Das Inserat habe wenige, dafür sehr gute Bewertungen gehabt, sagt Lütolf. Er habe daran nichts Verdächtiges gesehen, da er bisher nur gute Erfahrungen mit Booking gemacht habe und überzeugt gewesen sei, dass die Anbieter überprüft würden. Er buchte das Apartment.
Vermieter forderten Zahlung auf dubioses Konto
Kurz darauf meldeten sich die angeblichen Vermieter bei Lütolf über den Chat der Buchungsplattform. Sie verlangten von ihm, dass er rund 2000 Franken Kaution für die Wohnung überweise. Tatsächlich stand im Inserat, dass eine Kaution fällig wird. Lütolf hatte dies übersehen. Die angegebene Kontoverbindung erschien ihm jedoch suspekt, da sie zu keiner klassischen Bank gehörte.
Sobald die Buchung getätigt wurde, meldeten sich die Betrüger mit der Forderung nach rund 2000 Franken Kaution.
Unter diesen Umständen war er nicht bereit, das Geld zu überweisen. Er wollte von der Buchung zurücktreten, obwohl diese nicht stornierbar war. Die Anbieter beharrten jedoch auf der Bezahlung der Kaution.
Lütolf wandte sich an die Helpline von Booking. Dort versuchte man ihn jedoch nach eigenen Angaben davon zu überzeugen, das Geld zu überweisen. «Man sagte mir am Telefon, ich solle die Kaution bezahlen und nach London reisen. Sollte es vor Ort ein Problem geben, könnte ich mich dann ja wieder melden. Dann werde man weiterschauen.» Booking setzte sich mit dem Anbieter der Wohnung in Verbindung, worauf dieser Lütolf eine weitere dubiose Kontoverbindung schickte.
Da wurde dieser jedoch noch misstrauischer: «Die angegebene Verbindung gehörte nicht zu einer seriösen Bank, sondern zu einem Unternehmen für Serviceleistungen», sagt Lütolf. Die Familie begann, weitere Nachforschungen anzustellen.
Betrüger klauten Fotos
Eine Freundin der Tochter, die in London wohnt, ging an die angebliche Adresse der vermieteten Wohnung. «Die Fassade stimmte überhaupt nicht mit den Bildern der Wohnung überein.» Später fanden sie heraus, dass die Fotos der Anzeige von einer anderen Ferienwohnung in London stammen – die statt 1400 Franken für vier Nächte über 1000 Franken pro Nacht kostet.
So sieht die echte Wohnung von aussen aus …
… im grossen Unterschied zur im Inserat angegebenen Adresse.
Die Familie informierte Booking über das gefälschte Inserat und forderte die bereits überwiesenen 1400 Franken zurück. Daraufhin versprach die Buchungsplattform, die Sache abzuklären. Das Inserat verschwand kurz darauf von der Seite. Eine Woche hörte die Familie nichts mehr. «Ich war mir ziemlich sicher, dass das Geld verloren ist, sagt Lütolf. Dann kam aber doch noch die Nachricht, dass Booking das Geld zurückerstatten wird.
Auf Anfrage schreibt das Unternehmen, dass eine Prüfung des Inserats darauf hingedeutet habe, dass dieses tatsächlich gefälscht sei. Man habe das Angebot deshalb entfernt und sich mit dem Kunden in Verbindung gesetzt.
Ausserdem betont Booking.com, dass nur bei einem sehr kleinen Teil der Buchungen Probleme auftreten würden. Um Betrug vorzubeugen, würden sich unter anderem eigene Sicherheitsteams und lokale Partnerdienste um die Überprüfung von Unterkunftsangeboten kümmern.
«Ich dachte immer, die Plattform prüft seriös»
Harry Lütolfs Vertrauen in Booking ist dennoch erschüttert. «Ich dachte immer, dass die Plattform seriös prüft, wen sie vermittelt. Dies scheint aber offensichtlich nicht der Fall zu sein.» Enttäuscht ist er auch von der Kommunikation des Unternehmens. Insgesamt hätten er und seine Familie rund 20 Stunden für Chats und Telefonate mit Booking aufgewendet. «Ich hatte den Eindruck, dass man partout keinen Fehler eingestehen wollte», sagt Lütolf. «Hätte ich auf die Booking-Mitarbeiter gehört, wären wir am Schluss mit unseren Koffern auf der Strasse gestanden.»
Die Erfahrung der Familie Lütolf deckt sich mit dem, was Sara Stalder von der Stiftung für Konsumentenschutz auch schon zu hören bekommen hat. «Auch auf Booking fallen immer wieder Leute auf gefälschte Inserate herein.» Das Unternehmen strenge sich laut eigenen Angaben zwar an, nur seriöse Angebote zu führen, sagt Stalder. Doch letzten Endes sei Booking eine offene Plattform, auf die sich auch Betrüger einschleichen könnten. Sie sehe sich als Vermittlerin, die für den durch Buchungen entstandenen Schaden nicht verantwortlich sei.
«Aus Reputationsgründen zeigt sich Booking häufig kulant, aber meistens erst, wenn sich die Kundschaft sehr hartnäckig wehrt», sagt Stalder. Sie rät deshalb, Plattformen wie Booking wenn immer möglich zu umgehen und direkt zu buchen. Ganz ausschliessen, dass man einem Betrug aufsitzt, könne man aber auch so nicht.
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