Sanierung der Frankfurter Kleinmarkthalle soll dreieinhalb Jahre dauern

sanierung der frankfurter kleinmarkthalle soll dreieinhalb jahre dauern

Spezialitäten aus Frankfurt und aller Welt: Exotische Früchte sind nur ein kleiner Teil des Angebotes in der Kleinmarkthalle.

In jüngster Zeit hat sich einiges geändert in der Frankfurter Kleinmarkthalle. An den beiden Eingängen sind traditionsreiche Geschäfte wie Fahrrad Thöt und Gerdas Moden verschwunden, und auch an einigen Marktständen gab es Wechsel. Längere Leerstände gibt es nicht, aber das Angebot ändert sich. Der klassische Handel mit frischen Waren wird zunehmend verdrängt durch Gastronomie. Nicht nur die Weinterrasse im ersten Stock ist längst „Kult“ und zieht ein Publikum an, das anderes im Sinn hat als den Wocheneinkauf. Einträge in Reiseführern locken Touristen an. Diese Entwicklung gefällt nicht allen Händlern und Kunden.

Aber es gibt auch einiges, das seit Jahren unverändert ist. Dazu zählen der Fleischwurst-Imbiss von Ilse Schreiber, an dem sich jeden Tag zur Mittagszeit lange Schlangen bilden, oder der am westlichen Eingang gelegene Obst- und Gemüsestand der Familie Frieser, die dort schon seit der Eröffnung der Kleinmarkthalle vor 70 Jahren regionale Produkte verkauft. Noch heute sieht die Halle an vielen Stellen so aus wie am ersten Verkaufstag, dem 29. März 1954.

Das gilt vor allem für die große Glasfront an der Nordseite, die das Gebäude prägt. Die Glasscheiben stammen aus der Bauzeit, entsprechen dem damals üblichen Standard. Lediglich die obersten beiden Reihen wurden vor vielen Jahren – niemand weiß, wann – mit Farbe gestrichen. Damit sollte wohl die Sonneneinstrahlung reduziert werden. Denn seit Jahren wird beklagt, dass sich die Halle im Sommer aufheizt – was auch am nicht isolierten Dach liegt. „Die Sommer werden immer heißer“, sagt Ulrike Schiedermair, die als regelmäßige Kundin vor vielen Jahren den Verein „Freunde der Kleinmarkthalle“ gegründet hat, um den Charakter des „Bauchs von Frankfurt“ zu bewahren. Wenn sie das Problem beschreibt, denkt sie weniger an die Kunden als an die Händler. Die würden schließlich täglich mehr als acht Stunden in der aufgeheizten Atmosphäre verbringen.

Über eine Generalsanierung der im Jahr 2000 unter Denkmalschutz gestellten Kleinmarkthalle wird schon diskutiert, seit vor etwa 20 Jahren Überlegungen zu Abriss und Neubau der Halle auf große Empörung stießen. 2008 gab es als Ergebnis eines Architektenwettbewerbs erste Pläne für eine behutsame Renovierung und einen Anbau im Süden der Halle. Rund zwölf Millionen Euro sollte das damals kosten – doch aus finanziellen Gründen und wegen erheblicher Bedenken der Händler verschwanden die Pläne in der Schublade.

Seither waren immer wieder Ankündigungen zu hören, doch substanziell ist wenig passiert. Es gab lediglich kleinere Renovierungen. Derzeit wird zum Beispiel die marode Toilettenanlage erneuert. Zur geplanten Sanierung der Haustechnik heißt es seit Jahren, die Planungen stünden kurz vor dem Abschluss. Zuletzt kam es zu Verzögerungen, weil auf Wunsch der Stadtverordneten auf dem Dach der Kleinmarkthalle eine Solaranlage installiert werden soll. Doch mittlerweile sind die Planungen abgeschlossen. Die damit betraute FAAG Technik GmbH, eine Tochtergesellschaft der städtischen ABG Holding, hat die Unterlagen vor wenigen Wochen den Hafen- und Marktbetrieben übergeben. An diesem Montag werden sie den rund 60 Händlern vorgestellt. Mit dabei sein wird die für die Marktbetriebe zuständige Wirtschaftsdezernentin Stephanie Wüst (FDP).

sanierung der frankfurter kleinmarkthalle soll dreieinhalb jahre dauern

Seit 70 Jahren eine Frankfurter Institution: Die Kleinmarkthalle wurde am 29. März 1954 eröffnet.

Ende dieses Jahres, spätestens aber Anfang 2025, soll mit der Sanierung begonnen werden – vorausgesetzt, die Stadtverordneten stimmen den Plänen zu. Der Bauantrag soll so schnell wie möglich eingereicht werden. Ist dieser genehmigt, werden die Bauleistungen ausgeschrieben. Rund dreieinhalb Jahre werden die Arbeiten voraussichtlich dauern. Während dieser Zeit soll die Halle nicht geschlossen werden. „Angesichts fehlender Ausweichflächen im näheren Umfeld blieb am Ende nur eine Möglichkeit: Die Sanierung wird im laufenden Betrieb erfolgen“, teilen die Marktbetriebe mit. Während der Bauzeit wird jeweils ein Teil der Stände nach außen auf die Flächen vor der Halle in mobile Verkaufswagen oder Zelte verlagert. Das bringt erhebliche Einschränkungen mit sich. Die Marktbetriebe aber verweisen auf die Vorteile: „Kein Händler muss auf seine Kunden und kein Kunde auf seine lieb gewonnene Kleinmarkthalle verzichten.“

sanierung der frankfurter kleinmarkthalle soll dreieinhalb jahre dauern

Verworfene Idee: Mit einem Anbau im Süden der Kleinmarkthalle ließen sich nach Ansicht eines Architekten die Kosten für die Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes refinanzieren.

Die Liste der zu erledigenden Arbeiten deutet darauf hin, dass nichts an der Halle unangetastet bleibt. Saniert werden muss die Gebäudetechnik, also Heizung, Wasser, Abwasser, Lüftungs- und Kälteanlagen sowie die Elektroinstallation. Der Keller wird komplett entkernt, Kellerdecke, Stützen und Unterzüge werden nach aktuellen Brandschutzvorschriften saniert. Die Nordfassade erhält eine Wärmeschutzverglasung, in die eine natürliche Be- und Entlüftung integriert wird. „Heiße Sommer und kalte Tage im Winter werden in der Kleinmarkthalle künftig deutlich erträglicher“, versprechen die Marktbetriebe. Trotzdem soll auch künftig alles so aussehen wie bisher – auch mit Rücksicht auf den Denkmalschutz. Besonders aufwendig ist die Sanierung des Daches. Damit der Betrieb in der Halle weiterlaufen kann, werden nach und nach Teile des Daches mit einer Einhausung versehen; damit werden die Arbeiter auf dem Dach und der darunter liegende Marktbetrieb geschützt. Nach Abschluss der Sanierung, voraussichtlich 2028, soll ein Standard erreicht sein, der mit einem Neubau vergleichbar ist.

Das ist nicht billig. Im städtischen Haushalt ist derzeit ein Budget von 18 Millionen Euro eingestellt. Doch die Marktbetriebe schätzen die Gesamtkosten mittlerweile auf 31,3 Millionen Euro – ohne Mehrwertsteuer. Gegenüber der Kalkulation von 2019 sei das eine Steigerung um 40 Prozent, erläutert Michael Lorenz von der städtischen Managementgesellschaft für Hafen und Markt. Das liege größtenteils an der Baukostensteigerung der vergangenen Jahre, aber auch an zusätzlichen Anforderungen. So müssten zum Beispiel an der Nordseite zusätzliche Vordächer gebaut werden, um eine geschützte Anlieferung der Waren zu gewährleisten. Auch der Wunsch nach einer Solaranlage auf dem Dach verursache zusätzliche Kosten. Finanziert werden soll die Hallensanierung nicht nur über den städtischen Haushalt, sondern auch über einen Kredit der städtischen Hafen- und Marktgesellschaft. Offen ist, wie sich das auf die Mieten auswirken wird.

Es gibt aber auch Ideen, wie man die Kleinmarkthalle schneller und für die Stadt günstiger in Schuss bringen könnte. Der Architekt und Projektentwickler Heiko Achilles hat der Stadt vor zweieinhalb Jahren einen Vorschlag unterbreitet, stieß damit jedoch auf Ablehnung. Sein Grundgedanke: Die Kosten lassen sich durch einen mehrgeschossigen Anbau auf dem Parkplatz südlich der Kleinmarkthalle refinanzieren. Ein privater Partner würde demnach ein Erbbaurecht für das Grundstück erhalten. Er würde Sanierung und Neubau steuern und eine zügige Umsetzung innerhalb von zwei Jahren gewährleisten.

Durch den sechsgeschossigen Anbau, der wie die senkrecht gestellte Kleinmarkthalle aussähe, würde nicht nur zusätzliche Verkaufsfläche im Erdgeschoss geschaffen, beschreibt Achilles im Gespräch mit der F.A.Z. die Vorteile seiner Idee. Es entstünden auch Räume für Arztpraxen und rund 40 kleine Wohnungen in den oberen Stockwerken, der Neubau würde das Dach der Kleinmarkthalle beschatten und damit einen Beitrag gegen die Überhitzung leisten. Die Parkplätze sollen in eine Tiefgarage verlegt werden. Dadurch könne man das gesamte Umfeld der Kleinmarkthalle aufwerten. „Das große Potential des Standorts wird nicht genutzt“, findet Achilles. „Und der Stadt würden keine Kosten entstehen.“

Sein Vorschlag hat aber auch noch einen zweiten Teil. Um schneller bauen zu können, wäre es seiner Ansicht nach überlegenswert, den gesamten Marktbetrieb vorübergehend ans Mainufer zu verlegen, das ohnehin für den Autoverkehr gesperrt werden soll. Der Architekt stellt sich vor, die Verkaufsstände und Gastronomen in einer Anlage aus Schiffscontainern oder Holzmodulen westlich und östlich des Eisernen Stegs unterzubringen. Eine Fahrspur bleibe frei. Auch ein kleiner Aussichtsturm aus gestapelten Containern sei möglich. „Wir würden damit eine zusätzliche Attraktion in einer prominenten Lage am Mainufer schaffen“, sagt er und verweist auf Vorbilder in London und in Dubai. Der „Buck Street Market“ im Londoner Stadtbezirk Camden oder der „Boxpark“ im Stadtteil Shoreditch sind heute fester Bestandteil vieler Reiseführer.

sanierung der frankfurter kleinmarkthalle soll dreieinhalb jahre dauern

Unabhängig von den Umbauplänen könnten während der Bauzeit die Marktstände in ein Containerdorf am Mainkai ausgelagert werden.

Für Ulrike Schiedermair, die Stammkundin der Kleinmarkthalle, klingt zumindest die Idee, einen Ersatzstandort am Mainufer zu schaffen, nicht schlecht. „Das kann ich mir gut vorstellen.“ Die offizielle Planung jedoch sieht anders aus.

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