Hundekot-Angriff: Jenaer Inszenierung beim Theatertreffen, Dackel tot

Für das »Theatertreffen« werden jährlich zehn bemerkenswerte Inszenierungen ausgewählt. Die Berliner Schaubühne ist doppelt dabei, aber auch »Die Hundekot-Attacke« aus Jena. Das echte Tier, Rufname Gustav, ist nun gestorben.

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Hundekot-Angriff: Jenaer Inszenierung beim Theatertreffen, Dackel tot

Als Choreograf wurde Marco Goecke gefeiert, doch außerhalb der Tanzszene ist er auf völlig andere Weise bekannt geworden – mit Hilfe seines Dackels: Der frühere Ballettdirektor der Staatsoper Hannover beschmierte eine Kritikerin mit Hundekot. Die tierische Hinterlassenschaft stammte von seinem Dackel Gustav. Jetzt ist Gustav nach einem Bericht der »Hannoverschen Allgemeinen Zeitung« gestorben. »Ein großer Teil von mir ist gegangen«, sagte der ehemalige Ballettchef der Zeitung. Sein tierischer Wegbegleiter sei am 29. November 2023 gestorben – im Alter von 15 Jahren und 4 Monaten.

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Dank der Hundekot-Attacke brachte es der Vierbeiner zu Berühmtheit, ebenso wie sein Herrchen. Goecke hatte am 11. Februar 2023 im Foyer der Oper der niedersächsischen Landeshauptstadt eine Autorin der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« mit Hundekot beschmiert. Zuvor hatte er ihr vorgeworfen, immer »schlimme, persönliche« Kritiken zu schreiben. Das Staatstheater Hannover trennte sich in der Woche nach dem Angriff von dem Choreografen. Sein Vertrag als Ballettdirektor wurde nach Angaben der Intendanz mit sofortiger Wirkung im gegenseitigen Einvernehmen aufgelöst.

Ende November war das Verfahren gegen Goecke gegen eine Geldauflage eingestellt worden. Das Beschmieren einer Journalistin mit Hundekot sei als tätliche Beleidigung gewertet worden, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Hannover damals. »Das ist eine schwere Zeit, aber wir hatten 2023 viel Zeit zusammen«, sagte Goecke dem Blatt. Gustav hatte dem Bericht zufolge zuletzt Schwierigkeiten mit dem Laufen. Oft trug ihn sein Herrchen in einer Tasche durch die Stadt.

»Ein charmanter, hinreißender Abend«

Ein Dackel spielte natürlich auch eine Rolle bei dem Stück »Die Hundekot-Attacke. Eine Vorstellung über Finsternis, Schönheit und Vergebung, basierend auf einer wahren Begebenheit«, das am 27.10.2023 im Theaterhaus Jena erstaufgeführt wurde. Konzept, Regie und Text stammten von Walter Bart, einem Mitglied des Kollektivs Wunderbaum.

Nun wurde die szenische Verarbeitung des realen Hundekot-Dramas als eine der Inszenierungen des vergangenen Bühnenjahres zum Berliner Theatertreffen eingeladen. »Es ist ein Abend über die Machtstrukturen im Theater, den Geniekult, über das ›zugleich anziehende und ekelerregende Wort‹ Hundekot. Und es ist vor allem ein Abend, der diese Themen und damit den (Theater-)Kunstbetrieb hinterfragt«, fasste die Jury zusammen und urteilte: »Kurz gesagt: ein charmanter, hinreißender Abend, in dem natürlich ein Dackel eine Rolle spielt, ein Choreograf und eine Kritikerin.«

Ebenfalls ausgewählt wurde »Riesenhaft in Mittelerde«, eine begehbare Inszenierung nach »Der Herr der Ringe« von J.R.R. Tolkien. In die Schiffbau-Halle des Schauspielhauses Zürich sei »eine liebevoll ausgestattete, begehbare Fantasiewelt« eingebaut worden. Beteiligt waren das Theater HORA, das Helmi Puppentheater und das Schauspielhaus Zürich, dessen Co-Intendant icolas Stemann alle am Klavier begleitete.

Die große Siegerin der Theatertreffen-Auswahl war die Schaubühne in Berlin: Die Jury kürte das Stück »Bucket List« von Yael Ronen und Shlomi Shaban sowie das Schauspielsolo »The Silence« von Falk Richter mit zu den zehn bemerkenswerten Inszenierungen.

»Diese Auswahl zeigt wirklich die Reichhaltigkeit des Bühnengeschehens im deutschsprachigen Raum«, sagte Nora Hertlein-Hull, die seit Anfang des Jahres an der Spitze des Theatertreffens in Berlin steht. Sie möchte Formate des großen Bühnenfestivals stärker miteinander verknüpfen, wie sie am Freitag sagte. »Ich sehe großes Potenzial in der Verknüpfung der einzelnen Plattformen, die ja allesamt auf die eine oder andere Weise auch der Nachwuchsförderung dienen.«

Das sind die zehn ausgewählten Inszenierungen:

    »Bucket List« von Yael Ronen & Shlomi Shaban, Regie: Yael Ronen, Schaubühne am Lehniner Platz in Berlin, Koproduktion mit dem Théâtre de Liège

    »Die Hundekot-Attacke. Eine Vorstellung über Finsternis, Schönheit und Vergebung, basierend auf einer wahren Begebenheit« von und mit Pina Bergemann, Nikita Buldyrski, Henrike Commichau, Linde Dercon, Leon Pfannenmüller, Anna K. Seidel und einem Dackel, Konzept, Regie und Text: Walter Bart, Theaterhaus Jena, Koproduktion mit dem Theaterkollektiv Wunderbaum

    »Die Vaterlosen« von Anton Tschechow, Deutsch von Ulrike Zemme, mit »Dad men talking, eine Gesprächsreihe mit wechselnden Gästen und Carl Hegemann« sowie einem Monolog von Katja Brunner, Regie: Jette Steckel, Münchner Kammerspiele (Lesen Sie hier unsere Rezension)

    »Extra Life« von Gisèle Vienne, Kreation und Performance in Kooperation mit: Adèle Haenel, Theo Livesey, Katia Petrowick, eine Produktion von DACM / Company Gisèle Vienne, Koproduktion mit Ruhrtriennale, Internationales Sommerfestival Kampnagel – Hamburg, Tanzquartier Wien u. a.

    »Riesenhaft in Mittelerde«, nach »Der Herr der Ringe« von J.R.R. Tolkien, eine begehbare Inszenierung von Theater HORA, Das Helmi Puppentheater und dem Schauspielhaus Zürich, Regie: Nicolas Stemann, Stephan Stock, Florian Loycke und Cora Frost

    »The Silence«, von Falk Richter, Regie: Falk Richter, Schaubühne am Lehniner Platz in Berlin

    »ÃœBERGEWICHT, unwichtig: UNFORM«, ein europäisches Abendmahl von Werner Schwab in einer Fassung von Rieke Süßkow und Klaus Missbach, Regie: Rieke Süßkow, Staatstheater Nürnberg

Die Jury des Theatertreffens hat insgesamt 690 Inszenierungen gesichtet. Für die Auswahl gilt weiterhin eine Frauenquote bei der Regie – mindestens die Hälfte der ausgesuchten Inszenierungen soll demnach von Frauen oder überwiegend weiblichen Kollektiven stammen. Daran solle weiter festgehalten werden, sagte Hertlein-Hull. Der Ticketvorverkauf für die 61. Ausgabe soll am 19. April starten, Anfang April soll der Spielplan stehen.

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