Formel 1: Christian Horner bleibt, vorerst

formel 1: christian horner bleibt, vorerst

Bei den Testfahrten war Christian Horner bereits in Bahrain. Wenn er beim Saisonstart durchs Fahrerlager laufen wird, wird es weniger Spekulationen um ihn geben.

Nach wochenlangen Ermittlungen um “unangemessenes Verhalten”, wird die Beschwerde gegen den Engländer abgewiesen. Er bleibt Chef des Weltmeisterteams von Red Bull – die Frage ist nur: Wie lange?

Christian Horner bleibt, vorerst

Als die Sonne am Mittwochabend in der Wüste von Sakhir schon untergegangen war und die offiziellen Termine im Fahrerlager zwischen Palmen beendet waren, trudelte jene Nachricht ein, auf die schon seit Wochen gewartet worden war. Ein Statement, nüchtern gehalten, aber immerhin gab es ein Statement, verschickt zunächst von der Red Bull GmbH. “Die unabhängige Untersuchung der gegen Christian Horner erhobenen Vorwürfe ist abgeschlossen. Red Bull kann bestätigen, dass die Beschwerde abgewiesen wurde.”

Christian Horner wird also Chef des amtierenden Weltmeisterteams bleiben, vorerst. Seine Zukunft war in den vergangenen Wochen eines der großen Themen vor dem Start in die neue Formel-1-Saison diese Woche in Bahrain. Und es gab einige große Themen in dieser Winterpause. Anfang Februar berichtete die niederländische Tageszeitung De Telegraaf als erste darüber, dass eine Mitarbeiterin Horner unangemessenes Verhalten vorgeworfen habe. Was genau das in diesem Fall heißt, ist bis jetzt nicht durchgedrungen. Im Tratschladen Formel 1 heizte das die Spekulationen natürlich erst recht an. Ging es um anstößige Nachrichten? Um Übergriffe? Um Machtmissbrauch? Die Dimension der Vorwürfe war schwer zu greifen. Und das ist sie nun noch immer.

Ob die Angelegenheit damit beendet ist, steht ebenfalls noch nicht fest. “Die beschwerende Partei hat das Recht, Berufung einzulegen”, hieß es in der Mitteilung weiter. Und wer weiß, was nun doch noch öffentlich bekannt werden wird? Red Bull sei überzeugt, dass die Untersuchung “fair, gründlich und unbefangen war”, teilte der Konzern mit. Weil der Bericht vertraulich sei, werde Red Bull sich “aus Respekt für alle Beteiligten” nicht weiter äußern. Etwas kurios ist, dass zum Abschluss die Rede davon war, dass dieses Statement zeitgleich vom Rennstall Red Bull Racing versandt werden würde. Das Team selbst, so wurde es kolportiert, wollte erst eine Stunde später, um 19.30 Uhr Ortszeit raus damit – was dann aber gar nicht der Fall war.

Ob da vielleicht jemand zu früh auf “Senden” geklickt hat und welche Recherchen nach Wochen des Wartens entscheidend für den Beschluss waren, darüber kann weiter gerätselt werden. Für Red Bull ist wichtig, dass erstmal wieder Ruhe einkehrt. Denn zuvor stand zu befürchten, dass diese Affäre das Ende einer Ära bedeuten könnte.

Die vergangenen Wochen dürften Christian Horner noch eine Weile nachhängen

Horner ist vor Mercedes-Teamchef Toto Wolff, der seit 2013 bei den Silberpfeilen ist, der dienstälteste Boss – und einer der erfolgreichsten. Seit dem Einstieg von Red Bull in die Formel 1 im Jahr 2005 trägt er die Verantwortung. Er baute diesen Rennstall auf, er holte Design-Mastermind Adrian Newey, er führte Sebastian Vettel (2010 bis 2013) und Max Verstappen (2021 bis 2023) zu insgesamt sieben Championships, flankiert von sechs Konstrukteurstiteln. Sein Einfluss auf den Erfolg der amtierenden Weltmeister ist unbestritten. Umso heftiger wirkten die möglichen Auswirkungen einer drohenden Trennung. Wie sehr würde er dem Team fehlen? Welche Auswirkungen hätte es, wäre Horner hier nicht mehr Anführer?

Am Nachmittag, als die vorläufige Entscheidung von Red Bull noch nicht bekannt gegeben war, lief die Pressekonferenz mit den Fahrern. Auch Verstappen saß auf dem Sofa und natürlich wurde er zu der Angelegenheit gefragt. Möglichen Angriffspunkten wich er erst routiniert professionell aus. Die ganze Sache beeinflusse ihn nicht, sagte der 26-jährige Titelverteidiger. Er fokussiere sich auf die Performance seines Autos und seine eigene Leistung, das Team halte zusammen und arbeite für den Erfolg. Aber dann ließ sich doch noch etwas zwischen den Zeilen lesen.

Die Frage lautete: Stehst du zu hundert Prozent hinter Christian und der Weise, wie er das Team führt? Die Antwort: “Nun ja, ich vertraue dem Prozess, dem, was gerade passiert. Wenn es um Performance geht, ist es wichtig, dass alle zusammenhalten.” Das klang nun nicht unbedingt so, als wäre Horner unverzichtbar. Wobei Verstappen ohnehin ein engeres Verhältnis zu Helmut Marko, dem Motorsportberater bei Red Bull, pflegen soll – dem wiederum zuletzt ein gewisser Machtkampf mit Horner nachgesagt wurde.

Horner hatte nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe umgehend alles abgestritten

In jedem Fall dürften die vergangenen Wochen Christian Horner noch eine Weile nachhängen. In den Anschuldigungen gegen ihn sahen viele Beobachter nicht nur einen Imageschaden für Horner, sondern auch für Red Bull und die Formel 1. Der Weltverband Fia wollte sich zwar vor dem Abschluss der Untersuchung nicht äußern, die Formel 1 aber drängte bereits. Dass die Angelegenheit weite Kreise zog, wurde spätestens klar, als sich der Automobilkonzern Ford in Person von Sportchef Mark Rushbrook meldete. Das Unternehmen habe hohe Standards, was Verhalten und Integrität angehe und erwarte das ebenso von den Partnern – zu denen ab 2026 Red Bull gehört, dann liefert Ford dem Team Motoren: “Wir haben den Eindruck, und das wurde uns auch gesagt, dass Red Bull die Situation sehr ernst nimmt. Und natürlich sind sie auch um ihre Marke besorgt.”

Von den Teamchefs war einzig Wolff bereit, sich deutlich zu äußern. Die Königsklasse und ihre Teams stünden für Inklusion, Gleichheit, Fairness und Vielfalt: “Wir sind ein globaler Sport, eine der wichtigsten Sportarten der Welt – und wir sind Vorbilder. Es ist nicht nur ein Problem des Teams. Das betrifft die gesamte Formel 1.”

Horner hatte nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe umgehend alles abgestritten. Die Red Bull GmbH leitete ein Untersuchungsverfahren ein, das “von einem externen unabhängigen Ermittlungsanwalt durchgeführt und so schnell wie möglich abgeschlossen” werden sollte. Daraufhin wurde Horner am 9. Februar laut britischen Medien in London mehrere Stunden lang befragt. Vorrübergehend suspendiert wurde er nicht. Bei der Präsentation des neuen Wunderwagens vor zwei Wochen in Milton Keynes war er ganz selbstverständlich mit Newey und den beiden Fahrern Verstappen und Sergio Perez dabei, als gebe es den Trubel um seine Person nicht. Er bekräftigte, dass er die Anschuldigungen zurückweise, er stelle sich der Untersuchung und arbeite “uneingeschränkt” daran mit. Und klar sei das eine Ablenkung, aber das Team sei vereint und konzentriere sich auf die neue Saison: “Für mich läuft das Geschäft ganz normal weiter.”

Rein sportlich betrachtet ließ sich Red Bull auch tatsächlich nichts anmerken. Nach den fast 20 000 Test-Kilometern vergangene Woche sieht es ganz danach aus, als hätten die Tüftler in den Fabriken mal wieder das beste Auto konstruiert. Vergangene Saison hatte Verstappen unglaubliche 19 von 22 Rennen gewonnen, schon im Jahr davor waren es nach der aerodynamischen Reform der Königsklasse 15 Siege. Und auch dieses Jahr dürfte der Niederländer bei der Reise um den Globus derart dominant über den Asphalt brettern, dass aus seiner Titel-Sammlung eine Weltmeisterschafts-Quadrupel-Serie wird. Die Frage ist nur, ob sein Chef beim letzten Rennen wirklich noch Christian Horner heißen wird.

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