Aus der Schachtel in die Kasse: Wie Uli Hoeneß den FC Bayern wieder groß machte

Dass Uli Hoeneß den FC Bayern an die Spitze des deutschen Fußballs geführt hat, fällt fast schon unter Allgemeinbildung. Aber waren die Münchner dort nicht vorher schon? Über eine Zeit, in der alles auch hätte anders laufen können.

aus der schachtel in die kasse: wie uli hoeneß den fc bayern wieder groß machte

Anfänge auf wackligen Beinen: Uli Hoeneß übernahm beim FC Bayern 1979 in einer brenzligen Lage.

Mit 27 Jahren wurde er 1979 Manager

Eine kleine Lücke im Lebenslauf, von der man klammheimlich hofft, dass sie möglichst übersehen wird, die hat selbst der FC Bayern München. Nur zwei Meisterschaften? Was habt ihr denn zwischen 1975 und 1984 gemacht?

Als der heutige Rekordmeister, der das damals übrigens noch nicht war, 1972, 1973 und 1974 in puncto Meisterschalen erstmals in Serie ging, ehe der Europapokal der Landesmeister in den Jahren 1974, 1975 und 1976 gewonnen wurde, war es zwar das erste Mal, dass sich die Münchner in großem Stil als Deutschlands Fußball-Dominator hervortaten. Der waren sie bis heute aber nicht ohne Unterbrechung. Auf dem Weg dorthin musste der FCB zunächst ein tiefes Tal durchschreiten, das ziemlich unmittelbar auf die höchsten Gipfel folgte.

1974 ist der FC Bayern ganz oben. In der Bundesliga nicht zu schlagen, erstmals auf Europas Thron, ein Nationalmannschaftsgerüst des FCB um Franz Beckenbauer und Gerd Müller gewinnt nur wenige Wochen später die WM im eigenen Land. Im Finale im Münchner Olympiastadion. Durch die Errungenschaften ihrer Nationalspieler sind die noch relativ frisch auftrumpfenden Bayern deutschlandweit sogar ziemlich beliebt. Zumindest noch ohne große “Gegenbewegung”.

1979 steht der FCB vor einem Trümmerhaufen

Doch anschließend geht es recht schnell bergab. Bayerns Mannschaft ist überspielt und in die Jahre gekommen, der Verein finanziell schon lange auf schmaler Gratwanderung. Die große Achse, auf der die erste Bayern-Dynastie errichtet wurde, löst sich so langsam auf. 1977 wechselt Beckenbauer in die USA, 1978/79 wird Müller unter Trainer Pal Csernai aussortiert, 1979 verletzt sich Stammtorwart Sepp Maier so schwer, dass er seine Karriere schließlich beenden muss.

Schon 1975 und 1976, als sich die alternden Münchner Granden immerhin im Europapokal noch mal aufraffen können, wird die Bundesliga von anderen Mannschaften bestimmt. Zwischen 1975 und 1977 wandert die Schale drei Jahre in Folge nach Mönchengladbach, Double-Sieger wird 1978 der 1. FC Köln. Die Bayern zu schlagen, das ist immer noch eine tolle Sache, doch sie beenden Bundesliga-Spielzeiten in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre auf den Plätzen 7, 10 und 12. Und auf einmal sind nicht nur Leistungsfähigkeit und finanzielle Mittel, sondern auch die beliebten großen Namen weg. Anfang 1979 steht der FC Bayern vor einem Trümmerhaufen.

„Im Fußball habe ich auch das Kaufmännische gesehen.“ (Uli Hoeneß 2009)

Uli Hoeneß, ein offensiver Mittelfeldspieler, spielt zu diesem Zeitpunkt auf Leihbasis beim 1. FC Nürnberg. Er wird im FCN-Trikot nur elf Spiele bestreiten, doch in diese kurze Zeit fällt ein unheimlich wichtiger Anruf. Bayern-Präsident Wilhelm Neudecker meldet sich im Februar 1979 bei seinem verletzungsgeplagten Leih-Spieler, dessen Karriere auf dem Platz sich bereits in den letzten Zügen befindet – obwohl Hoeneß erst 27 ist. Und bietet ihm an, beim strauchelnden FCB als Manager einzusteigen. Wahrscheinlich hatte sich Neudecker daran erinnert, wie der schon früh geschäftstüchtige Hoeneß, einst Schülersprecher, den Bayern noch als Spieler einen millionenschweren Vertrag mit dem Lastwagenhersteller Magirus Deutz ausgehandelt hatte, dessen Schriftzug für ein paar Jahre das Münchner Trikot zierte.

Es gibt nur zehn Tage Bedenkzeit, dann aber eine eindeutige Entscheidung. “Ich war nie in Richtung Trainer unterwegs, weil ich im Fußball auch das Kaufmännische gesehen habe”, verriet Hoeneß 2009 im kicker – zu seinem 30-jährigen Manager-Jubiläum. Am 1. Mai 1979 legt er los. Bei einem in diesem Moment vermeintlich perspektivlosen Verein, der bei einem Gesamtjahresumsatz von rund zwölf Millionen Mark etwa sieben Millionen Mark Schulden abzutragen hat. Ein Himmelfahrtskommando?

Als Hoeneß anfängt, noch gar kein eigenes Büro und nur einen Schreibtisch und ein Telefon hat, besitzt er laut eigener Aussage auch gar keinen richtigen Vertrag. Es habe stets lediglich Vereinbarungen gegeben. Die erste sichert ihm ein Gehalt von 10.000 Mark pro Monat zu sowie eine 50-prozentige Beteiligung an allen Werbeeinnahmen. Diese Abmachung erklärt Hoeneß nur ein Jahr später schon für nichtig – “sie hätte den Verein Millionen gekostet”. Es geht Hoeneß nicht so sehr um die eigene Tasche. Er will den Verein sanieren. Und größer machen als je zuvor.

Dank “Breitnigge” wieder Meister – zwischenzeitlich

Erst einmal aber geht es klein los, und Hoeneß ist sich dafür nicht zu schade. “Früher kam unser Geld vom Kartenverkauf in eine Schachtel, jetzt kommt es in eine Kasse – das ist doch Fortschritt”, kokettiert er im Herbst 1981. Der sportliche Erfolg ist zu diesem Zeitpunkt bereits zurückgekehrt. Weil 1978 auch Paul Breitner nach München zurückgekehrt war, den sich der FC Bayern nur wegen des Magirus-Deutz-Deals hatte leisten können. Und wegen der Leistungsexplosion Karl-Heinz Rummenigges, der 1980 und 1981 Europas Fußballer des Jahres wird, auch weil er mit den Bayern nach sechs Jahren Unterbrechung zweimal Meister wurde. Aber anschließend wieder drei Jahre nicht.

Es ist noch ein weiter Weg, und beinahe wäre er schon früh zu Ende gewesen. Im Februar 1982 überlebt der gerade 30 Jahre alte Hoeneß den Absturz eines Kleinflugzeugs von vier Passagieren als einziger. Ein kurzer Realitätscheck, aber nichts, was ihn von seinem Weg abbringt.

Das Glück, das Hoeneß hat, fehlt den Bayern im Landesmeister-Finale gegen Aston Villa ein paar Monate später. Mit dem vierten Henkelpott hätten sie wieder richtig aufhorchen lassen. Ein auch aus finanzieller Sicht ärgerlicher Rückschlag.

In seinen Anfangsjahren kümmert sich Hoeneß neben der Abteilung Fußball, um die Schulden zu tilgen, in erster Linie um Sponsoren – in einer Zeit, als Zuschauereinnahmen noch 85 Prozent des Gesamtumsatzes ausmachen. Diesen Punkt, an dem man ansetzen kann, hatte Hoeneß längst erkannt.

Er wird erfinderisch, verirrt und verkünstelt sich bei Gedankenspielen zu lukrativen PR-Stunts, ob es Auftritte von Blaskapellen, Halbzeit-Schaukämpfe aller Art oder freie Eintritte für Kinder sind. Zudem plant er von langer Hand ein eigenes Stadion, in das die Bayern-Fans einfach immer strömen – weil es dort, anders als im Olympiastadion, selbst bei strömendem Regen gemütlich ist. Mit der Allianz-Arena würde es ihm eines Tages gelingen, auch wenn die Zuschauereinnahmen bis dahin an Bedeutung verlieren sollten.

Die zündende Idee kommt aus der NFL

Das liegt auch am Ergründen eines Feldes, dessen Tragweite sich Hoeneß während einer Reise in die USA zu Besuch beim NFL-Team San Francisco 49ers bewusst wird: Fan-Artikel. Ob Aufnäher, Wimpel oder Schals bis hin zu Kaffeetassen, Bettwäsche und natürlich Trikots – was heute längst gewöhnlichster Standard ist, bringt Hoeneß in dieser Form nach Deutschland. Das magische Wort “Merchandising”, das finanzielle Ausschöpfen des Vereins als Marke. Und diese dann auch richtig ausspielen. Mit Autogrammstunden, Werbedeals und zahlreichen Testspielen. Durch Letztere hatte schon Hoeneß’ Vorgänger Robert Schwan die große Mannschaft der 1970er Jahre finanziell zusammengehalten.

Eine solche Mannschaft will Anfang der 1980er Jahre auch Hoeneß bauen, er kann sie sich aber noch nicht leisten. Er redet und handelt in seinen ersten Manager-Jahren, wie ihm Schnabel und Hirn gewachsen sind. “Ich bin nie einer Auseinandersetzung aus dem Weg gegangen”, blickte er 2009 zurück. Alles im Sinne “seines” FC Bayern. Doch dessen finanzielle Situation bleibt eine Hürde. Bis zu einem unwiderstehlichen Angebot aus Italien.

Die Münchner hatten sich 1983/84 in der 3. Runde gerade aus dem UEFA-Cup verabschiedet und waren auf dem Weg zu einem vierten Platz in der Meisterschaft, als Inter Mailand rund elf Millionen Mark für Rummenigge bietet. Für das bayerische Tafelsilber, das sich bereits auf dem absteigenden Ast befand, was aber trotzdem noch zum Bundesliga-Torschützenkönig reichte.

Die Position der Stärke

Ein FC Bayern im Aufwärtstrend geht das Wagnis ein, verliert im Sommer 1984 seinen besten Spieler, aber auch sämtliche Verbindlichkeiten und Schulden. Zum ersten Mal ist eine Basis geschaffen, auf der Hoeneß mit seinen Ideen, ohne die alten Sorgen im Hinterkopf, kaufmännisch aufbauen kann.

Gleich in der Folgesaison und in den beiden Spielzeiten danach wird der FCB erstmals seit 1974 wieder dreimal hintereinander Meister. Und dadurch, 1987, auch alleiniger Rekordmeister. Noch mit einer schmalen Ausbeute von zehn Titeln, die seither ein bisschen erweitert wurde. Der Rest der Geschichte ist ja bekannt.

Wenn Uli Hoeneß gerne betont, dass “wir uns unsere Position der Stärke erarbeitet haben”, dann meint der Bayern-Macher in erster Linie die Jahre 1978 bis 1984. Und “wir”, das war vor allem er.

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