Lawrow warnt: USA und Russland „am Rand“ eines Krieges mit „katastrophalen Folgen“
Atomare Bedrohung
Lawrow warnt: USA und Russland „am Rand“ eines Krieges mit „katastrophalen Folgen“
Der russische Außenminister Sergej Lawrow sieht Russland und USA am Rand eines Kriegs. Polens Präsident Duda ist derweil bereit, Atomwaffen zu stationieren.
Moskau – Die Entscheidung des US-Repräsentantenhauses, die Ukraine im Krieg mit Russland mit einem 61-Milliarden-Dollar-Hilfspaket zu unterstützen, sorgt im Kreml weiterhin für Säbelrasseln. Nachdem eine Sprecherin des russischen Außenministeriums die USA nach dem Votum vom Samstag (20. April) bereits vor einer Demütigung vergleichbar mit den Kriegen in Vietnam und Afghanistan gewarnt hatte, hat sich nun auch ihr Chef zu Wort gemeldet: Die USA und andere westliche Nationen würden am „gefährlichen Rand“ eines Krieges mit Russland balancieren, drohte der russische Außenminister Sergej Lawrow am Montag (22. April).
Hat Sergei Lawrow ein ernsthaftes Interesse an Gesprächen?
Lawrow warnt vor „katastrophalen Folgen“ eines Kriegs zwischen Russland und USA
In einer Videobotschaft an die Teilnehmer der Moskauer „Nonproliferation Conference“ unterstellte Lawrow den USA und der Nato davon „zu träumen, Russland eine strategische Niederlage zuzufügen“. Sie seien bereit, „ihre Politik der Abschreckung unseres Landes bis zum letzten Ukrainer fortzusetzen“, behauptete Lawrow. Er sprach vom „gefährlichen Rand einer direkten militärischen Konfrontation zwischen Atommächten, die katastrophale Folgen haben“ könnte.
„Wir sind besonders besorgt darüber, dass die drei westlichen Atommächte zu den Hauptsponsoren des kriminellen Kiewer Regimes und den Hauptorganisatoren verschiedener Provokationen gehören. Dies könnte zu ernsthaften strategischen Risiken führen und das Ausmaß der nuklearen Bedrohung erhöhen“, so Lawrow.
Lawrow nutzt Konferenz für Generalangriff auf Westen
Die Konferenz ist laut Veranstalter, dem russischen „Center for Energy and Security Studies“ (CENESS), eine der führenden Diskussionsplattformen rund um die Themen nukleare Nichtverbreitung, Waffenkontrolle und friedliche Nutzung von Atomenergie. Auch Lawrow redete über Abrüstungsversuche, Verträge und Abkommen, Atomwaffenarsenale weltweit zu begrenzen.
Er nutzte den Auftritt aber vor allem als Generalangriff auf den „von den USA geführten kollektiven Westen“. Dieser zerstöre ausgeglichene Abkommen und arbeite daran, sich einen einseitigen militärischen Vorteil zu verschaffen, indem er Nuklear-Arsenalen neue Grenzen setze und gleichzeitig die Gesamtüberlegenheit des Westens im nichtnuklearen Bereich festschreibe, so der Vorwurf.
Russland sieht keine Basis für Gespräche mit Westen – droht Atomkrieg?
So gebe es „keinerlei Grundlage für einen Dialog über Rüstungskontrolle und strategische Stabilität mit den Vereinigten Staaten angesichts eines totalen hybriden Krieges, der gegen unser Land geführt wird“, beklagte sich der Außenminister. Russland war im November 2023 aus dem Vertrag über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen (CTBT) ausgestiegen. Zuvor hatte das russische Außenministerium im August 2022 erklärt, Kontrollen von Atomwaffenbeständen im Rahmen des New-START-Vertrags vorerst auszusetzen.
Der New-START-Vertrag wurde 2010 unterzeichnet und soll die Anzahl der strategischen Nuklearwaffen von den USA und von Russland begrenzen. Die russische Seite begründete den Ausstieg damals damit, dass ihre Inspekteure aufgrund der Sanktionen gegen russische Flugzeuge nicht in die USA fliegen könnten.
Im Februar 2023 setzte Wladimir Putin New-START zum ersten Mal ganz aus. Gleichzeitig erklärte er, man wolle sich weiter an die Obergrenzen für nukleare Trägersysteme halten, es handele sich um keinen Ausstieg aus dem letzten großen Abkommen zwischen den USA und Russland.
Wladimir Putin hat in der Vergangenheit oft gesagt, dass ein Ende der Vereinbarung, die 2026 ausläuft, zu einem neuen atomaren Wettrüsten führen könnte. Seit Kriegsbeginn wird im russischen TV und von Offiziellen immer wieder mit dem Einsatz von Atomwaffen gedroht. Auch Putin warnte den Westen jüngst vor „tragischen Konsequenzen“.
USA: Russland könnte „den Konflikt heute beenden“
In seiner Ansprache in Moskau sprach Lawrow jetzt von einer „offen feindseligen antirussische Politik“ der USA. Der Konflikt lasse sich nur über das „zentrale Problem“ lösen, welches Russland ausgemacht haben will: „die aggressive Osterweiterung der Nato“, wie der Putin-Verbündete es nennt. US-Außenminister Antony Blinken sagte erst bei den Feierlichkeiten zum 75-jährigen Nato-Bestehen, dass die Zukunft der Ukraine in der Nato liege, und auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg betonte, die Ukraine sei „so nah wie nie an der Mitgliedschaft“.
Die US-Regierung reagierte gelassen auf Lawrows Aussagen. So zitiert das Magazin Newsweek einen Vertreter des US-Außenministeriums mit den Worten: „Wir haben klar zum Ausdruck gebracht: Die USA streben keine Konfrontation mit Russland an.“
Der Fokus „lag und liegt weiterhin darauf, die Ukraine bei ihrer Verteidigung gegen die unprovozierte und illegale Invasion Russlands zu unterstützen“, sagte der Vertreter weiter. „Und vergessen wir nicht, dass Russland den Konflikt heute beenden könnte, indem es seine Streitkräfte abzieht und seine Angriffe auf die Ukraine einstellt.“
Duda zu Stationierung von Atomwaffen in Polen bereit – Tusk überrascht
In Polen hat derweil der polnische Präsident Andrzej Duda am Montag (22. April) seine Bereitschaft erklärt, auf polnischem Staatsgebiet Atomwaffen zu stationieren. „Wenn unsere Verbündeten beschließen, im Rahmen der nuklearen Teilhabe Atomwaffen auf unserem Territorium zu stationieren, um die Ostflanke der Nato zu stärken, sind wir dazu bereit“, sagte Duda in einem Interview mit der polnischen Boulevardzeitung Fakt. Atomwaffen womöglich auch in Polen zu stationieren, werde bereits „seit einiger Zeit“ zwischen Polen und den USA diskutiert, sagte Duda.
Er überraschte damit wohl auch den Regierungschef des Landes, Donald Tusk. Dieser forderte von Duda weitere Details. . „Die Idee ist sehr massiv und sehr ernst, würde ich sagen. Ich müsste alle Umstände kennen, die den Präsidenten dazu veranlasst haben, diese Erklärung abzugeben“, so Tusk.
Er wolle sich mit Duda treffen, um seine Absichten zu verstehen. In Polen ist der Präsident Oberbefehlshaber der Armee. Aus Russland kamen bereits die ersten Warnungen. „Militärvertreter werden die Situation natürlich analysieren und in jedem Fall alle notwendigen Maßnahmen als Reaktion ergreifen, um unsere Sicherheit zu garantieren“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. (flon)