Lastenradskandal: Babboe-Händler erheben schwere Vorwürfe gegen Hersteller

Der Massenrückruf von 22.000 Babboe-Lastenrädern hat begonnen. 44.000 weitere müssen zum Sicherheitscheck. Kunden sollten diesen nicht ignorieren, warnen Juristen. Händler sehen sich durch Babboe geschädigt, kritisieren den Hersteller scharf.

lastenradskandal: babboe-händler erheben schwere vorwürfe gegen hersteller

Lastenradskandal: Babboe-Händler erheben schwere Vorwürfe gegen Hersteller

Die europäische Fahrradindustrie erlebt derzeit ihre bislang größte Rückrufaktion. Mindestens 22.000 Käufer von Babboe-Lastenrädern haben Anspruch auf ein neues Rad – weil die Rahmen ihrer Modelle brechen könnten. Zugleich empfiehlt die Tochter des Fahrradriesen Accell etwa doppelt so vielen Kunden „dringend“ eine kostenlose Inspektion für Modelle, die nicht vom Rückruf betroffen sind.

In den Niederlanden und Deutschland, den größten und wichtigsten Märkten von Babboe, laufen Rückruf und Sicherheitschecks jetzt an. Doch offenbar hakt es an vielen Stellen: Händler aus ganz Deutschland berichten im Gespräch mit manager magazin von teils erheblichen Problemen und widersprüchlichen Instruktionen. Sie werfen Babboe und Accell eine miserable Kommunikation vor. Andere Händler lehnen es ab, die Sicherheitschecks durchzuführen.

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Für die betroffenen Kunden sind das keine guten Nachrichten, zumal sie wohl sehr lange auf das versprochene Ersatzfahrrad warten müssen. Sie laufen auch Gefahr, Ansprüche zu verlieren oder eine Mitschuld auf sich zu laden, sollten sie mit einem vom Rückruf betroffenen Fahrrad einen Unfall verursachen oder die empfohlene Inspektion nicht wahrnehmen.

Die Kommunikation: „ist nach wie vor eine Katastrophe“

„Die Kommunikation ist nach wie vor eine Katastrophe“, schimpft ein Babboe-Händler in Bayern. Zwar sollen deutsche Händler mit dem Inspektionsservice für nicht vom Rückruf betroffene Räder bereits begonnen haben. „Ich weiß aber bis heute nicht, wie Babboe und Accell meine Arbeit vergüten werden.“

Eine weitere Ungereimtheit: Das interne Dialogsystem überrasche nach Eingabe der Rahmennummer mitunter mit dem Hinweis, das Lastenrad sei für eine Inspektion nicht zugelassen und könne womöglich noch zurückgerufen werden. „Offenbar hält sich Babboe die Option offen, den Rückruf auf weitere Modelle auszuweiten“, mutmaßt der Händler in Bayern. Ein Kollege in einer ostdeutschen Stadt pflichtet bei: Ihn würde es nicht überraschen, wenn der Hersteller noch ein weiteres dreirädriges Modell zurückrufen müsse. Babboe hatte dagegen die Liste der vom Rückruf betroffenen Modelle für vollständig erklärt.

Zugleich agiert Babboe in Einzelfällen widersprüchlich: Ein Verbraucher erkundigte sich mit einem vom Hersteller ausgestellten Gutschein für ein neues Rad bei dem Händler in Bayern. „Der konnte völlig frei wählen unter Produkten der Accell-Gruppe.“ So zum Beispiel auch ein baugleiches, aber viel hochwertigeres Lastenrad von der Accell-Tochter Winora. Ein großzügiges Angebot, da das vom Rückruf betroffene Modell des Kunden deutlich älter war als fünf Jahre. In diesem Fall sollte es laut Hersteller eigentlich nur einen Zeitwertgutschein geben, aber kein neues Rad.

Die Händler: sehen sich durch Babboe geschädigt

Eine Konsequenz des Massenrückrufs, die Händlern auch missfällt: „Aktuell kann ich kein einziges Lastenrad aus dem Accell-Konzern bestellen, die sind alle gesperrt. Derzeit bin ich komplett handlungsunfähig“, beklagt der Händler aus Süddeutschland. Ein Händler aus dem Großraum Berlin bestätigt gegenüber manager magazin die Erfahrung des Kollegen.

Babboe versucht offenbar, vorrangig Ansprüche vom Rückruf betroffener Kunden zu befriedigen – und das zulasten vieler Händler. „Die Saison läuft an. Diese Woche hätte ich zwei Lastenfahrräder verkaufen können“, sagt einer. Doch Accell sperre oder nehme die Modelle aus dem System. „Damit entgeht mir und anderen Händlern Geschäft. Bei diesem Verhalten stellt sich die Frage nach Schadensersatz, denn die Kunden sind weg.“

Noch ist unklar, wie viele Kunden ihr altes, von der niederländischen Aufsichtsbehörde NVWA als gefährlich eingestuftes Lastenrad gegen ein neues eintauschen möchten. Der auf Sammelklagen spezialisierte niederländische Anwalt Quirijn Bongaerts (39) schätzt, dass bislang 10 Prozent der geschädigten Kunden das Umtauschangebot angenommen haben.

Bei seiner Kanzlei Birkway haben sich bis jetzt mehr als 13.000 geschädigte Babboe-Kunden gemeldet, gut 1000 davon aus dem Ausland. Für alle will der Anwalt die Option eines rein finanziellen Ausgleichs erwirken – notfalls auch vor Gericht. Die Risiken einer Massenklage sind nicht unerheblich, er sucht nach einem Prozessfinanzierer. „Wir arbeiten intensiv daran“, sagt Bongaerts im Gespräch. Der Mutterkonzern Accell lehnt reine Geldzahlungen ab.

Die Sicherheit: Nachweise für Ersatzräder fehlen

Dabei hat Babboe der NVWA offenbar noch nicht ausreichend nachgewiesen, dass die Austauschfahrräder und die nicht vom Rückruf betroffenen Modelle nach einer Inspektion als sicher gelten können. In der zweiten April-Woche lagen der Behörde angeforderte technische Unterlagen noch nicht vor, verdeutlicht Bongaerts. Auf Anfrage von manager magazin antwortete die Behörde am 29. April:

„Die Bewertung für den Babboe City Mountain ist nun abgeschlossen: Die von Babboe vorgeschlagene Inspektion und Reparatur kann durchgeführt werden. Nach Durchführung der Reparaturen kann das Lastenfahrrad wieder benutzt werden. Für alle anderen Babboe-Lastenfahrräder gilt weiterhin die Empfehlung, sie nicht zu benutzen, bis die technischen Unterlagen zeigen, dass die Lastenfahrräder nach der Reparatur sicher sind.“ Weitere Fragen, etwa zum Stand der strafrechtlichen Ermittlungen, die sie zusammen mit der Staatsanwaltschaft gegen Babboe durchführt, beantwortet die NVWA nicht.

Accell erklärt auf Anfrage, man gewährleiste die Sicherheit der ausgetauschten Fahrräder in Deutschland, „indem wir alle relevanten Sicherheitsstandards und Qualitätskontrollen einhalten. Aus den technischen Unterlagen geht hervor, dass die Fahrräder die neuesten geltenden Normen erfüllen werden.“ Damit bleibt aber unklar, ob Ersatzfahrräder diese Normen bereits jetzt erfüllen.

Die Kunden: tragen im Schadensfall Mitverantwortung

Deutsche Kunden sollten die Empfehlung der NVWA nicht ignorieren. Sie könnten den Anspruch auf Schadensersatz aus der Produkthaftung gegen den Hersteller verlieren, erläutert der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) gegenüber manager magazin. Dabei geht es weniger um Schäden, die ein Babboe-Fahrer womöglich einem Dritten zufügt, wenn während der Fahrt der Rahmen bricht. Hier müsste die Haftpflichtversicherung dem Verbraucher schon „vorsätzliche Schädigung“ nachweisen, um nicht zu zahlen, sagt ADFC-Rechtsreferent Roland Huhn (66).

Schwieriger ist der Fall, wenn sich der Verbraucher selbst oder ein mitfahrendes Kind verletzt. „Es liegt nahe, dass Babboe dann den grundsätzlich bestehenden Schadensersatzanspruch ablehnt und ein Mitverschulden einwendet. Dann wird man sich lange darüber streiten, ob eine Produktwarnung ohne absehbare Alternative ausreichend war“, sagt Huhn. Die Produktwarnung gelte bis zur Inspektion mit Freigabe weiter. Der Experte empfiehlt daher ebenso, Babboe-Lastenräder ohne Inspektion nicht zu benutzen.

In einem Schreiben an die Händler, das manager magazin vorliegt, informiert Accell über den Ablauf der „Inspektion“. Für die Arbeit wolle Babboe den Händlern 80 Euro netto vergüten. Tatsächlich handelt es sich nicht um eine Inspektion, sondern um einen Sicherheitscheck, bei dem laut einem Lastenradgroßhändler die Belastbarkeit des Rahmens getestet wird. In einem zweiten Schritt werde dem Kunden eine kostenlose, umfangreichere Inspektion angeboten. Die kann schnell 100 Euro netto kosten. Demzufolge müsste Babboe allein für Sicherheitschecks und Inspektionen der rund 44.000 Räder einen hohen einstelligen Millionenbetrag aufwenden. Rückruf und Austausch der Lastenräder könnten weitere 150 Millionen Euro kosten, schätzen Experten.

Das Fazit: Babboe „hat seine Hausaufgaben nicht gemacht“

Babboe betont die Sicherheit und Nachhaltigkeit seiner Produkte. Das im Februar von der NVWA angeordnete weltweite Verkaufsverbot für alle Babboe-Räder sowie der erzwungene Massenrückruf zeichnen ein anderes Bild. Zudem stehen Vorwürfe im Raum, Babboe habe bereits nach einem ersten Rückruf 2019 die Behörden jahrelang über Sicherheitsrisiken getäuscht. „Das ist der Super-GAU, den ein Hersteller erleben kann“, sagt Dirk Zedler, Geschäftsführer der Gesellschaft der Fahrradsachverständigen und des Instituts für Fahrradtechnik und -Sicherheit in Ludwigsburg im Podcast-Interwiew. Nun ermitteln die Staatsanwälte.

Womöglich stoßen sie dabei auch auf Belege für seine These, Babboe habe aus Kostengründen vor der Markteinführung mancher Modelle unter Umständen „nicht die nötige Sorgfalt und nicht den nötigen Aufwand betrieben“, um die Qualität und Sicherheit der Konstruktion gewährleisten zu können. Zedler hat bereits viele Marktaufsichtsverfahren in der Fahrradindustrie begleitet. „Dass die Niederländer jetzt mit der größten Härte durchgreifen, ist ein klares Indiz, dass Babboe seine Hausaufgaben nicht gemacht hat. Und als das Marktaufsichtsverfahren losging, haben sie nicht in einer Weise kooperiert, wie es das Gesetz vorsieht“, so der Experte. Babboe schade damit der ganzen Branche.

manager magazin hat Accell mit konkreten Aussagen und Einschätzungen Zedlers konfrontiert. Man unternehme „alle notwendigen Schritte, um genau zu verstehen, was zu den Problemen bei Babboe geführt hat. Dazu gehört auch eine interne Untersuchung, um sicherzustellen, dass so etwas in Zukunft nicht mehr vorkommt“, antwortet der Konzern. Mit Blick auf die Zukunft heißt es: „Accell arbeitet daran, Babboe in seine europäische Plattform zu integrieren, wozu auch die Einbindung in Accells Qualitätssicherungs- und Kundenbeschwerdeverfahren gehört.“

Und nun? „Alles gehört auf den Tisch“

Ob das reicht, das Vertrauen enttäuschter Händler und Kunden zurückzugewinnen? Manche Händler, mit denen manager magazin gesprochen hat, misstrauen der Qualität der Produkte von Babboe schon länger. Sie entfernten einzelne Modelle aus ihrem Angebot oder verweigerten wegen aufgetauchter Mängel gar die Annahme ganzer Lieferungen. Ein Händler erklärt im Gespräch, er lehne es ab, für Babboe-Lastenräder den empfohlenen Sicherheitscheck zu machen. „Bei dem Verfahren können wir mögliche Haarrisse im Rahmen nicht erkennen“, begründet er.

Ein anderer sieht für Babboe nur noch unter einer Bedingung eine Zukunft: „Sie müssen jetzt blankziehen, die komplette Supply Chain offenlegen. Konformitätserklärungen, technische Zeichnungen, Konstruktionspläne, Ermüdungstests, Zusammensetzung der Rahmenlegierungen – alles gehört auf den Tisch.“ Nur so ließe sich das Vertrauen zurückgewinnen.

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