Die Sicherheitsbehörden in Israel diskutieren noch über eine militärische Antwort nach dem iranischen Drohnenangriff.
Israel wird schnell auf den Angriff der Islamischen Republik antworten. Das befürchten – laut der New Yorker Tageszeitung Wall Street Journal – mehrere ranghohe westliche Beamte, die anonym bleiben.
Allerdings werden sich die USA, Israels größter und wichtigster Verbündeter, nicht an militärischen Offensivoperationen gegen das Mullah-Regime im Iran beteiligen. Präsident Joe Biden, der am Montag im Weißen Haus den irakischen Premierminister Mohammed Schia al-Sudani empfängt, verurteilte die Attacken „aufs Schärfste“. Er mahnte jedoch auch zur Zurückhaltung; die Vereinigten Staaten hätten kein Interesse an einem Flächenbrand in Nahost.
Vielmehr beharre Washington darauf, dass Israel „nichts unternimmt, was den Konflikt verschärfen könnte“, heißt es im Wall Street Journal. Auch in der israelischen Öffentlichkeit werden seit Sonntagmorgen mehrere Optionen diskutiert: von gezielten „Maßnahmen“ gegen die Führungsriege in Teheran bis hin zur proportionalen, also einer verhältnisgleichen Antwort auf die Attacken vom Sonntagmorgen.
Seit der Abwehr der über 300 iranischen Drohnen diskutiert auch das israelische Kriegskabinett, wie es auf den Angriff reagieren soll – bisher ohne eine finale Entscheidung zu treffen. Die Führung in Jerusalem unter Premierminister Benjamin Netanjahu, hieß es, warte derzeit auf Reaktionen und wolle sich möglichst viele Alternativen offenhalten.
Allerdings befinden sich die israelischen Entscheidungsträger in einem Dilemma. Präsident Joe Biden will einen Vergeltungsschlag gegen die Islamische Republik verhindern. Bleibt der Angriff aus dem Iran jedoch unbeantwortet, wäre das ein fatales Signal an alle Israel-Hasser in der Region: Die Terrorgruppe Hamas, die libanesische Hisbollah-Miliz oder die Huthi-Rebellen im Jemen könnten sich ermutigt fühlen. Auch Teheran würde wohl gestärkt aus der Situation herauskommen; weitere Angriffe auf israelisches Territorium oder Botschaften Israels wären nicht ausgeschlossen.
Kommt es jedoch zu Gegenangriffen seitens Israels, droht der Regierung unter Netanjahu – in geopolitisch einschneidenden Zeiten – in die Isolation zu schlittern. Der Stimmungsbogen zwischen Jerusalem und seinen westlichen Partnern ging anlässlich des Krieges im Gazastreifen, der mit dem Massaker der Hamas am 7. Oktober vergangenen Jahres begann, zunehmend in den Keller. Zwar könnte eine reziproke militärische Antwort das iranische Regime abschrecken, aber auch der Zusammenhalt der Unterstützer Israels könnte Risse bekommen.
Am Sonntag überstand das Bündnis der westlichen Partner die Angriffe aus dem Iran unbeschadet. Besonders zwei Länder werden hervorgehoben: die USA und Großbritannien. Die angelsächsische Koalition hat Israel maßgeblich geholfen, iranische Drohnen über Jordanien, dem Irak und Syrien abzuschießen und den Drohnenangriff insgesamt abzuschwächen.
Ob im Kampf gegen die Huthi-Rebellen im Jemen oder bei der Verteidigung Israels – geopolitisch stehen Briten und Amerikaner derzeit Schulter an Schulter.
Auch Frankreich habe dabei geholfen, den „israelischen Luftraum zu überwachen“, sagte ein israelischer Armeesprecher am Sonntag. Für einige Beobachter in der Region überraschend war die militärische Unterstützung aus dem Nachbarstaat Jordanien, der ebenfalls Drohnen und Raketen, die Richtung Israel flogen, abgeschossen haben soll. Ein Zeichen der Solidarität mit den jüdischen Nachbarn? Schließlich hatte das Königshaus in Amman in den vergangenen Wochen die Regierung in Israel für ihre Kriegsführung im Gazastreifen mehrmals scharf kritisiert.
Nach dem iranischen Großangriff hat auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Jerusalem aufgerufen, zur Deeskalation beizutragen. Die weitgehend erfolgreiche Abwehr der Drohnen und Raketen sei „ein Erfolg, der vielleicht auch nicht verschenkt werden sollte“, sagte Scholz am Montag in Shanghai während seiner Chinareise. Ist das ein Zeichen dafür, dass die Bundesregierung einen militärischen Gegenschlag gegen den Iran nicht befürworten wird?
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