Kommentar zum 8. Mai: Propaganda vergiftet die Lehren aus der Geschichte
Straßenschild in Offenbach zum Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkriegs
Die Linkspartei kann es einfach nicht lassen. Regelmäßig zum 8. Mai, auch jetzt wieder, empfiehlt sie, diesen Tag als „Tag der Befreiung“ zum Feiertag zu erheben. Ein „Tag der Kapitulation“ als Gedenktag reicht ihr nicht. Sie muss an DDR-Traditionen anknüpfen, die für diesen Tag die üblichen Winke-Winke-Rituale vorsahen mit Huldigung an SED und Rote Armee. Allein solche Feiern dokumentierten Jahr für Jahr, dass der 8. Mai 1945 auch auf dem Gebiet der DDR ein Tag der Befreiung hätte werden können, aber eben nicht wurde. Von den deutschen Gebieten weiter im Osten, in denen Tage der Vertreibung zu beklagen sind, einmal ganz zu schweigen.
Erst die sowjetischen Besatzer, dann ihre Helfershelfer in der SED unterdrückten alles, was sich ihnen in den Weg stellte. Diese Art von „Befreiung“ hatte einen Namen: Josef Stalin. Das war einer der politischen Massenmörder des 20. Jahrhunderts, auf den sich Wladimir Putin wieder offen beruft. Walter Ulbricht, einer der Totengräber der Weimarer Republik und der erste Partei- und Staatsratsvorsitzende in der DDR, war der Befehlsempfänger Stalins. So entstand nach der NS-Diktatur die SED-Diktatur.
Aus der Geschichte lernt man so nicht
Gleichsetzen kann man diese Unrechtsstaaten nicht. Hat man nur das Datum des 8. Mai vor Augen und die westdeutsche Brille auf, dann lässt sich der populären Forderung des früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker von 1985, den Tag als Tag der Befreiung zu empfinden, etwas abgewinnen. Aber „Befreiung“ klingt aus dem Mund der Linkspartei wie Hohn, wenn man etwa an SPD-Politiker denkt, die damals in die dieselben KZs gesteckt werden sollten, aus denen sie 1945 entkommen waren, weil sie sich der Zwangsvereinigung mit der KPD zur SED nicht beugen wollten. Sie flohen in den Westen, wenn sie konnten.
In einem Punkt ist die linke Klitterung der Geschichte bis heute ungebrochen: Sie geschieht im Namen des „antifaschistischen Kampfs“, den die SED nahtlos an PDS und Linkspartei übergeben hat. Die Parole, angereichert um die Wendung gegen Rassismus und Antisemitismus, lässt sich heute gegen Rechtspopulismus und Rechtsextremismus richten, die den 8. Mai auf ihre Weise instrumentalisieren. Aus der Geschichte lernt man so nicht. Nur eines: Die Verklärung von Links oder Rechts vergiftet mit ihrer Propaganda gerade diese Lehre aus der Geschichte. Das ist keinen Feiertag wert.