Viele Sehenswürdigkeiten weltweit sind nur noch selten in trauter Zweisamkeit erlebbar – meistens muss man sich die Orte mit Hunderten anderen Besuchern teilen
Massentourismus ist ein Problem, das ist längst kein Geheimnis mehr. Und trotzdem reisen wir im Sommer wieder zu den überfüllten Hotspots. Warum wir unser Reiseverhalten unbedingt überdenken sollten.
Eigentlich wissen wir es besser. Wir träumen uns an einsame Strände und unentdeckte Sehenswürdigkeiten, erkunden in unserer Vorstellung abenteuerliche Wanderwege in den Bergen, schlendern gemütlich durch die Gassen einer italienischen Hafenstadt und genießen das Dolce Vita in aller Ruhe. Und dann fahren wir wirklich in den Urlaub – und sind vor allem damit beschäftigt, uns an anderen Menschen vorbei zu drängeln. Am Hotel-Buffet, am Badestrand, in der Altstadt und vor der Sehenswürdigkeit, auf die wir uns schon wochenlang gefreut haben. Dabei wollten wir doch nur eine kleine Auszeit in der Sonne. Nur wollen das eben auch Tausende andere…
Wer ihn bereits am eigenen Leib miterlebt hat, der weiß: Massentourismus macht keinen Spaß. Einsame Strände gibt es in beliebten Urlaubsländern wie Italien, Spanien oder Griechenland kaum noch, stattdessen ähnelt der Badeurlaub dann mehr einer unfreiwilligen Kuschelparty im Sand – inklusive Wettrennen um die freien Strandliegen. Der Traum von der erholsamen Auszeit am Meer zum Schnäppchenpreis wird immer seltener zur Realität. Vor allem dann, wenn wir uns für Reiseziele entscheiden, die mit günstigen Pauschalurlauben in Hotelburgen locken. Aber der Preis entscheidet eben nach wie vor oft darüber, wo unsere nächste Reise hingeht.
Es wird voll in Spanien, Italien und Co.
Den Einheimischen an vielen Reisezielen platzt aber so langsam der Kragen – sie haben keine Lust mehr darauf, dass jedes Jahr die Touristen ihre Heimat einnehmen und sie nur noch Nebendarsteller an ihrem Lebensmittelpunkt sind. Also protestieren sie gegen Touristen und erhöhen die Steuern und Gebühren für Übernachtungen. Und wir? Wir reisen trotzdem weiter hin – am liebsten in der Hauptsaison. Immer die Hoffnung im Gepäck, dass es in diesem Jahr vielleicht etwas weniger Konkurrenz um den besten Platz am Meer geben wird. Die aktuellen Zahlen zeigen allerdings, dass es in Zukunft eher noch voller wird an unseren Lieblings-Urlaubsorten.
Die überlaufenen Orte kollektiv zu meiden, kann aber auch nicht die Lösung sein. Die Menschen vor Ort sind abseits aller Proteste zum Teil abhängig vom Tourismus. Also braucht es einen Mittelweg. Das heißt: Herz für Mallorca schlägt, dann geht die nächste Reise wieder dorthin. Und wenn das nur im Sommer möglich ist, dann ist das so. Es gibt viele Gründe dafür, dass der Massentourismus ein so hartnäckiges Phänomen unserer Zeit ist – begrenzte Ferienzeiten, Budgets und einheitliche Vorlieben bei den Reisezielen sind nur einige davon. Aber zur Wahrheit gehört eben auch, dass er uns alle nervt – und es liegt an uns, die Bedingungen für alle Beteiligten zu verbessern.
Ein respektvollerer und achtsamerer Umgang mit den Menschen, die die Reiseziele unserer Träume erst zu den Orten machen, die überhaupt einen Besuch wert sind, ist deshalb das Mindeste. Das heißt auch, dass wir unsere Manieren nicht zuhause lassen, sondern uns auch im Urlaub daran erinnern, dass man seinen Müll wegräumt, ein Lächeln nichts kostet und Crop-Top und Hotpants vielleicht nicht die beste Modeentscheidung für den Besuch eines religiösen Gebäudes sind.
Der richtige Umgang mit den Massen
Und verstehen Sie mich nicht falsch: Wir sollten unbedingt weiter nach Italien, Spanien und Griechenland reisen. Es wäre schade, wenn wir diese tollen Länder von der Bucket-List streichen. Aber vielleicht lohnt es sich, wenn wir unseren Horizont erweitern – sowohl im zeitlichen als auch im örtlichen Kontext. Wenn wir in der Nebensaison an die Tourismus-Hotspots reisen, dann haben wir vielleicht sogar die Möglichkeit, die Sehenswürdigkeiten wirklich zu erleben, statt uns für ein Selfie an den Ort zu drängeln, der am leersten aussieht. Und die Welt ist groß, es gibt noch viele Reiseziele, die nicht überlaufen sind. Wer über den eigenen Tellerrand blickt, der entdeckt dadurch womöglich sein neues Traumreiseziel an einem Ort, an dem er niemals damit gerechnet hätte – vielleicht in Albanien, Montenegro – oder in Deutschland um die Ecke.
Die meisten von uns haben wohl wenig Freude daran, das Pantheon oder den Traumstrand zu besuchen und nur erahnen zu können, wie er ohne die Massen an anderen Touristen wohl aussehen könnte. Urlaub sollte weder Gedrängel noch Lärmbelästigung bedeuten. Es macht doch viel mehr Spaß, die Welt in Ruhe zu entdecken, die Menschen vor Ort wirklich kennenzulernen und etwas über sie und ihre Kultur zu erfahren, statt nur stumpf an der Massenwanderung von einem Fotospot zum nächsten teilzunehmen, um das Ganze dann möglichst idyllisch für Social Media zu inszenieren. Also lassen Sie uns in Zukunft doch zumindest ein bisschen bewusster reisen. Denn seien wir ehrlich: Eigentlich wissen wir es besser.
Erfahren Sie mehr:
Reisenews: Hungerstreik und Großdemo: Einwohner auf Teneriffa verschärfen Protest gegen Massentourismus
Offensive gegen Massentourismus: Bettwanzen und Spucke im Bier: Mit diesen fiesen Tricks sollen Touristen aus den Urlaubs-Hotspots vertrieben werden
Protest und Verbote: Bali bis Barcelona: Wo sich Einheimische gegen Massentourismus wehren
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