Karneval der Kulturen in Berlin: Buntes Fest in Zeiten der Kriege und Großkonflikte
Karneval der Kulturen 2023: Im Vorjahr fand das Festival nach zwei Jahren coronabedingter Pause wieder statt.
Seit 1996 sind zwei Dinge in Berlin untrennbar miteinander verbunden – Pfingsten und der Karneval der Kulturen. In weniger als zwei Wochen, vom 17. bis zum 20. Mai, wird es wieder bunt in Kreuzberg. Die einen lieben das viertägige Festival, andere sind froh, wenn der Trubel wieder vorbei ist. Denn im vergangenen Jahr kamen Bedenken hinsichtlich der Nachhaltigkeit der Veranstaltung auf – gemeint sind die Massen an Müll. Und in diesem Jahr kommt noch eine entscheidende Frage dazu: Wie sicher ist ein solches Festival mit 500.000 Besuchern in Kriegszeiten?
Bei der Vorstellung des Sicherheitskonzeptes geben sich die Verantwortlichen gelassen. Das Konzept habe sich im Vergleich zu dem davor nicht „groß verändert“. Man setzt jedoch vermehrt auf sogenannte Awareness-Teams, die für die Besucher jederzeit ansprechbar sind und Hilfe leisten, sofern nötig. Aber was ist, wenn Gruppen aufeinandertreffen, die sich feindlich gegenüberstehen und möglicherweise diskriminierende Äußerungen tätigen?
Wie keine andere Veranstaltung in Berlin steht der Karneval der Kulturen für Vielfalt, Toleranz und Gleichberechtigung. Das betonen die Leiterinnen des Festivals, Aissatou Binger und Geraldine Hepp, immer wieder. Die derzeit auch in Berlin andauernden Konflikte zwischen Aktivisten aller Seiten in Bezug auf den Gazakrieg können trotzdem nicht außer Acht gelassen werden.
Prinzipiell distanziere man sich „von allen -ismen“ und Diskriminierungen, sagt Binger und meint damit neben Rassismus auch Antisemitismus, Islamismus, Islamophobie, Homophobie und alles andere, was spezifische Menschengruppen diskriminiert. Darüber hinaus ist „keine Parteiwerbung gestattet“.
Und wie werden die Veranstalter mit Äußerungen umgehen, die nicht den „Hausregeln“ entsprechen? Hepp argumentiert, dass man diese Besucher wegschicken könne. „Aber letztlich passiert das alles im öffentlichen Raum, und gewisse Spannungen muss man aushalten können.“
Anschließend fügt sie hinzu, dass man einen Raum bieten möchte, in dem „alle Themen auf den Straßen angesprochen werden können“, und dass man die Leute dazu ermutige, sich in diesem Safe Space frei zu äußern.
Die Berliner Polizei bereitet sich hingehen explizit auf mögliche Ausschreitungen vor. Eine Pressesprecherin teilte der Berliner Zeitung auf Anfrage mit, dass die in ganz Berlin stattfindenden Proteste propalästinensischer Aktivisten auch beim Karneval der Kulturen in die Planung einbezogen werden.
Demnach würden alle Eventualitäten berücksichtigt, heißt es. Wie viele Beamte im Einsatz sein werden und wie genau das Sicherheitskonzept aussehen wird, konnte und wollte die Berliner Polizei zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht preisgeben.
Bunt und vielfältig: In diesem Jahr werden 59 verschiedene Gruppe am Straßenumzug am 19. Mai teilnehmen.
Ein weiterer Kritikpunkt, der im vergangenen Jahr von Anwohnern und Politikern öffentlich thematisiert wurde, ist die Frage der Nachhaltigkeit des Festivals. Im vergangenen Jahr forderte der Neuköllner Ordnungsstadtrat Gerrit Kringel die Veranstalter auf, das Festivalgelände in Zukunft zu begrenzen. Der Grund – die Vermüllung, insbesondere in der Hasenheide und den umliegenden Straßen, sei nicht mehr tragbar. Damals äußerte sich der CDU-Politiker auf X und kündigte an, dass das Ordnungsamt die Genehmigung für künftige Veranstaltungen nur bei Vorlage eines „Nutzungs- und Müllkonzeptes“ ausstellen wird.
Hat sich da etwas geändert? Klima- und Naturschutz seien ganz wichtige Themen, sagt Hepp. „Wir laden alle dazu ein, unsere Regeln zu beachten.“ Zusätzlich werden Mitarbeiter des Kooperationspartners Alba Berlin – die auch für das gesamte Abfallmanagement verantwortlich sind – vor Ort sein und die Teilnehmer über die richtige Abfalltrennung informieren. An einem „Trennrad“ soll den Besuchern die Abfallkunde spielerisch vermittelt werden. Eine zumindest ungewöhnliche Herangehensweise bei einem trubeligen Festival.
Der Ablauf der Veranstaltung hat sich, ähnlich wie das Sicherheitskonzept, auch nicht geändert. Am Freitag, den 17. Mai, wird das Festival um 16 Uhr eröffnet. Wie in jedem Jahr wird am Sonntag der beliebte Straßenumzug zwischen 14 Uhr und 21.30 Uhr vom Mehringdamm bis zum Hermannplatz ziehen.
Die daran beteiligten Gruppen bereiten sich seit Monaten darauf vor, wie zwei Tänzerinnen der Grupo Chile der Berliner Zeitung erzählen. Sie werden mit insgesamt 55 Personen auf dem Karneval der Kulturen eine Performance zum Besten geben. Ihre bunten Kleider haben einige von ihnen selbstgenäht oder direkt in Chile gekauft. Bedenken haben sie keine, sie freuen sich nur darauf, vor den mehr als 500.000 erwarteten Besuchern ihre Tänze vorführen zu dürfen.