Kampfansage an Lindner und die FDP
Außenministerin Baerbock (l.) und Entwicklungsministerin Schulze
Die Ampelkoalition tastet sich an die heikle Aufgabe heran, ausgerechnet im Bundeshaushalt für das Wahljahr 2025 einen Fehlbetrag in zweistelliger Milliardenhöhe einzusparen. Denn die FDP schließt zum Ausgleich des Haushalts, anders als Grüne und SPD, sowohl Steuererhöhungen aus als auch offene Missachtung der Schuldenbremse in der Verfassung.
Letztere erlaubt neue Schulden nur in engem Rahmen, wenn – wie derzeit – keine nationalen Notlagen erkennbar sind. Daher hatte FDP-Finanzminister Christian Lindner die Kabinettskollegen aufgefordert, ihre politischen Vorhaben anzupassen und Haushaltsansätze entsprechend zu kürzen – und dafür eine schon verlängerte Frist bis zum gestrigen Donnerstag um Mitternacht gesetzt.
Baerbock und Schulze fordern mehr
Lindner hatte sich für das Vorgehen zwar des Rückhalts von Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) versichert, aber beide sind vom Nutzen der Schuldenbremse nicht überzeugt und machen daraus keinen Hehl. Deshalb mauern die Ministerien. Die ersten Rückmeldungen aus den Ressorts, die nach Ablauf der Anmeldefrist inoffiziell bekannt wurden, sind eine Kampfansage an Lindner und die FDP.
Statt zu kürzen, fordert die grüne Außenministerin Annalena Baerbock fast 2,5 Milliarden Euro mehr, SPD-Entwicklungsministerin Svenja Schulze liegt rund 1 Milliarde Euro über der im Finanzplan festgelegten Obergrenze. Auch SPD-Verteidigungsminister Boris Pistorius, dessen Etat wegen des Ukraine-Kriegs zurecht zusätzlichen Spielraum bekommt, will noch mehr überziehen.
FDP-Verkehrsminister Volker Wissing würde Lindner wohl gern unterstützen, aber das wäre nicht sinnvoll. Geld ist bei ihm nur zu holen, wenn die dringlichen Investitionen in Schienen und Brücken abermals gestreckt würden, mit denen die Ampel den Sanierungsstau auflösen will. Das wäre ein Schlag gegen den Wirtschaftsstandort.
Klar ist: Den wichtigsten Schlüssel zu größeren Sparbeiträgen hält SPD-Sozialminister Hubertus Heil in der Hand. Ein glaubhafter Konsolidierungskurs wird der Ampel nur gelingen, wenn sie das wachsende Übergewicht der Sozialausgaben im Etat korrigiert. Dazu müsste Heil Reformen im Bürgergeld, in der Arbeitsmarktpolitik oder Rente einleiten. Darauf deutet bislang nichts. Auch der SPD-Gesundheitsminister und die grüne Familienministerin haben bisher keine Signale der Kooperation gesendet – im Gegenteil.
Auffällig oft erwähnen Haushälter der Koalition, dass der Etat vom Bundestag ja erst im November verabschiedet werden müsse. Doch Lindner sollte ewigen Streit und Taktiererei wie beim letzten Mal nicht mehr akzeptieren. Reichen die Gemeinsamkeiten der Koalitionspartner nicht aus, um im Juli eine verfassungskonforme Kabinettsvorlage zu beschließen, gerät der Zeitplan für eine ordnungsgemäße Beratung wieder ins Rutschen. Die FDP sollte das als Zeichen nehmen, das Ampel-Experiment vorzeitig zu beenden.