Johannes zu Eltz: Die Stimme des katholischen Frankfurt
Sein Amt als Frankfurter Stadtdekan legt Johannes zu Eltz nieder, er bleibt aber weiterhin Dompfarrer.
Sage niemand, Veränderungen in der katholischen Kirche könnten nicht schnell gehen. Wer vor dem neobarocken Portal des Pfarrhauses gegenüber dem Dom steht, sucht den Stadtdekan vergeblich. „Dompfarrer“ steht auf dem Klingelschild für das Büro von Johannes zu Eltz. Als solcher will er die nächsten drei Jahre weiter täglich eine Messe halten. Wer sie mit ihm um 8 Uhr feiern will, muss früh aufstehen. Zu Eltz macht das keine Mühe. „Dafür gehe ich gerne früh ins Bett.“ Was ihm jetzt leichter fällt, weil er keine Abendtermine mehr hat. „Auch eine Segnung, die mit dem neuen Zustand einhergeht.“
Bis vor wenigen Tagen war zu Eltz als Stadtdekan die Stimme des katholischen Frankfurt. Die Institution und ihr Repräsentant waren so erfolgreich, dass die evangelische Kirche vor zehn Jahren ein Amt gleichen Namens neu eingeführt hat.
„Wenn du dich bekehrt hast, dann geh’ hin und stärke deine Brüder“
Die Ironie der Geschichte will es, dass es nun auf katholischer Seite abgeschafft wurde. Mit dem Transformationsprozess hat das Bistum Limburg seine elf Bezirke zu fünf Regionen zusammengefasst. Geleitet werden sie von gewählten Zweierteams, im Falle Frankfurts von Christiane Moser-Eggs und Michael Thurn.
„Das ist kein machtvolles Amt, das hier übergeben wird“, sagt zu Eltz über seine bisherige Aufgabe. „Aber ein einflussreiches.“ Er war kein Vorgesetzter der anderen Frankfurter Pfarreien. „Ich musste versuchen, die Leute zu überzeugen.“ Sein Motto sei gewesen, was Jesus zu Petrus gesagt habe: „Wenn du dich bekehrt hast, dann geh’ hin und stärke deine Brüder.“
Das wirklich Neue der gewählten Doppelspitze sei, dass Leitung, in diesem Fall der Stadtkirche, nicht mehr an ein geweihtes Amt gebunden sei. „Das hat es schon lange nicht mehr gegeben“, sagt zu Eltz. Und muss für ein Beispiel sehr weit zurückgehen – zu den Kaisern im ersten Jahrtausend. Indem die Regionenspitze dem Stadtsynodalrat rechenschaftspflichtig sei, komme ein Kernelement von Demokratie hinzu. Die Kandidaten müssen allerdings vorher vom Bischof approbiert sein. Mit Blick auf Rom fügt zu Eltz hinzu: „An den Zuständigkeiten des Bischofs wird nichts abgeschnitten.“
Kirche muss den Glauben auf die Straße bringen
Manche wissen heute nicht mehr, dass zu Eltz einst als erzkatholischer „Schwarzer“ galt und als „Terminator aus Limburg“. Doch schon in den vier Jahren als Stadtdekan in Wiesbaden habe ihn der „urbane Flow“ geprägt und ihm die besonderen Verhältnisse einer Großstadt vor Augen geführt, erst recht hätten dies die folgenden 14 Jahre in Frankfurt getan.
Das ist kein Widerspruch zu seiner Frömmigkeit. „Der Glaube wird in seinem Kern nicht verändert“, sagt zu Eltz. „Aber die Kirche, die das Vehikel dieses Glaubens ist, muss ihn auch auf die Straße bringen.“ Wenn das Vehikel einen Kolbenfresser habe und keinen TÜV mehr bekomme, müsse man es reformieren.
Ist also der Stadtdekan, der die „tödliche Erstarrung der Kirche“ kritisiert hat, ein Opfer der von ihm geforderten Reformen geworden? „Am Anfang habe ich das so empfunden“, gibt er zu. „Ich war sehr irritiert von der Entscheidung der Gremien, dass sie die Dekan-Ämter in den neugegründeten Regionen nicht mehr wollten.“ Das habe sich gerüttelt, heute sehe er auch die Chancen. Zudem sei die Reaktion in der Stadt meist nicht Kopfschütteln gewesen, sondern typisch Frankfurt: „eine skeptisch-wohlwollende Erwartung“.
Als herausragendes Ereignis der Zeit als Stadtdekan nennt er die Jahre 2013/2014, als der Konflikt mit dem damaligen Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst seinen Höhepunkt erreichte. Die Zeit sei „im Schlechten wie im Guten“ bemerkenswert gewesen. „In diesem Kampf haben wir uns auch selbst und unsere Möglichkeiten kennengelernt.“ Die Bordmittel hätten nicht gereicht, um den eigenen Bischof loszuwerden. Ohne die Medien wäre dies nicht gelungen, diese Allianzen seien eine wichtige Erfahrung gewesen. „Der Konflikt hat uns aus unserer Wagenburg herausgeholfen.“
Konzentration auf die Seelsorge
Im „Täglichen und Normalen“ habe die Seelsorge für das „Grundrauschen der Zufriedenheit“ gesorgt. „Das bleibt mir und wenn Gott will, wird es sogar mehr für die letzten Jahre.“ Denn die Anspannung, wenn man sich an den öffentlichen Belangen beteilige wie bisher, ziehe auch Kraft und Aufmerksamkeit ab. Durch das Amt des Dompfarrers erlebe er nicht den Absturz, wie ihn andere Menschen in hoch beanspruchten Tätigkeiten schilderten, wenn sie aufhören müssten. „Mein Leben vollzieht sich in schrumpfenden Ringen.“ Diese Konzentration auf die Seelsorge habe auch ihr Gutes.
Nach dem Ruhestand, den er für 2027 mit dann 70 Jahren anstrebt, möchte er in Frankfurt bleiben. So sehr ist ihm die Stadt ans Herz gewachsen und er in die Stadt hinein. „Ich bin gerne an der frischen Luft“, sagt zu Eltz mit Blick auf das, was ihn jenseits von Beruf und Berufung beschäftigt. Wer aus dem Rheingau stammt und das mitten in der Innenstadt sagt, ist tatsächlich zum Frankfurter geworden.