Jan Koneffke: „Im Schatten zweier Sommer“ – Vom Anfang und vom Ende

Roman

Jan Koneffke: „Im Schatten zweier Sommer“ – Vom Anfang und vom Ende

jan koneffke: „im schatten zweier sommer“ – vom anfang und vom ende

Der reale Joseph Roth (1894-1939).

Der Romancier als Romanfigur: Jan Koneffke erzählt in „Im Schatten zweier Sommer“ von Joseph Roth und einer Wienerin namens Fanny.

Einige Jahre nach dem Einzug erst hat der Schriftsteller Jan Koneffke erfahren, dass in dem Haus in der Wiener Rembrandtstraße, in dem er lebt, einst Joseph Roth seine erste Zeit in der Stadt verbracht hat. Kurz vor Beginn des Ersten Weltkriegs hatte der Student als „Zimmerherr“ eine Kammer in der Wohnung einer Familie bezogen. Davon ausgehend hat Koneffke den Roman „Im Schatten zweier Sommer“ als literarische Fantasie entwickelt. Eine Rahmenhandlung führt die frei erfundene Ich-Erzählerin ein, Fanny, eine als tough und mondän charakterisierte alte Dame. Mit 17 Jahren hatte sie Roth kennengelernt, als Tochter einer jüdischen, auf Assimilation bedachten Familie um einen sozialdemokratischen Schuhmacher, bei der Roth Quartier bezog; zwischen Roth und ihr entspann sich eine leidenschaftliche Liebe.

Diese Liebe ist es, von der dieser fiktive Tagebuch- und Erinnerungsroman handelt. Koneffke knüpft frei an die Biografie Roths an. Über die frühen Jahre des Autors von literarischen Welterfolgen wie „Hiob“ (1930), „Radetzkymarsch“ (1932) und „Die Legende von heiligen Trinker“ (1940) ist wenig bekannt; Koneffke bezieht sich auf überlieferte Charaktereigenschaften und die zum Teil schillernden – der Hitlergegner Roth war Monarchist und hielt es gar mit den Austrofaschisten – politische Haltungen. Manches ist in verdeckter oder umformulierter Form angelehnt an originale Textstellen aus Werk, Zeitungsartikeln oder Briefen. Hinreichend bekannt sind das exzessive Trinkertum und der freihändige Umgang mit Geld, der auch späterhin noch den erfolgreichen Autor in eine stete Schuldenwirtschaft treibt.

Joseph Roth, auch hierin gleicht die Romanfigur ihrem Vorbild, dreht und wendet seine Biografie wie es ihm gerade passt. Bei der Familie führt er sich mit einer Lüge um seine Herkunft ein und gaukelt einen katholischen Vater aus Wien vor. Er wollte „kein echter galizischer Jude“ sein, lieber „ein unechter halber, ein unechtes Viertelchen“, wissend, dass den „Ostjuden“ viel Feindschaft entgegengebracht wird in Wien, auch seitens der eigenen Glaubensgenossen.

Eifersucht, Bangen, Hoffen und Verstörung: in einem geradlinig-klaren Erzählstil schließt Koneffke die Motive eines Liebesromans mit den zeithistorischen Hintergründen zusammen. Aus Verlobung, gar Heirat wird nichts. Zu viel Hin und Her, zudem kommt der Beginn des Ersten Weltkriegs dazwischen. Später trifft Fanny Roth mehrfach zufällig wieder. Das hintere Drittel des Buches gilt nicht zuletzt den Migrantenschicksalen. Die Darstellungsweise, jetzt sind Kassetten mit Erinnerungen die fiktive Vorlage, ist gerafft, erzählt aus zeitlicher Distanz. Schließlich trifft Fanny – gerade noch geflohen, bevor nach dem von einem großen Teil der Österreicher bejubelten „Anschluss“ des Landes an Hitlerdeutschland die Grenzen geschlossen werden – 1938 im Pariser Exil Roth wieder. Mehr als zwei Jahrzehnte später scheint sich die Liebe zu verwirklichen; die reine Seligkeit ist das allerdings höchstens dem ersten, einer Glorifizierung zu dankenden Anschein nach.

Ein Wrack ist Roth inzwischen, angefressen auf den Tod infolge der Trunksucht. Vereinnahmend ist er in seiner Liebe, Tag für Tag hält er Hof im Café Le Tournon, freigiebig schmeißt er Runden, der Vielschreiber aus steter Geldnot verprasst die Vorschüsse seines Verlegers wie auch Zuwendungen von Freunden, darunter Stefan Zweig, eine der vielen auftauchenden historischen Figuren. Dem zionistischen Projekt steht Roth äußerst skeptisch gegenüber, er hegt Zweifel am sozialistischen Aufbau einer „gerechten Nation“. „ … auch diese Nation wird am Ende nicht besser sein als alle anderen. Wir werden zu schießen und zu exerzieren lernen, bis wir es besser verstehen als die Preußen!“

Immer schlimmer wird Roths körperlicher Zustand, immer demütigender sein Gebaren gegenüber Fanny, samt machistischer Zurücksetzungen.

Wer Neues aus dem Leben Roths erwartet, wird naturgemäß enttäuscht. Das ist gleichsam eine endogene Schwäche von Koneffkes literarischem Verfahren: mit Blick auf Roths Biografie kann er nicht mehr unternehmen, als das Wohlbekannte aufzumischen. So gesehen ist die Figur der Fanny im Grunde beinahe die interessantere, auch wenn ihr primär die Funktion eines Spiegels zukommt. Aber es vermittelt sich, dass das eine Frau mit Haltung ist. Es ist eine Qualität dieses Romans, dass er Ambivalenzen der Liebe greifbar zu machen versteht. Natürlich ist diese Liebe verhängnisvoll, doch Fanny weiß sich zu behaupten, sie ergreift die Flucht, nicht lange bevor Roth 1939 mit 45 Jahren stirbt.

Später avanciert sie zu einer namhaften Autorin und Rednerin im Nachkriegsösterreich, mit Auftritten bei Demonstrationen, etwa einer gegen die Kandidatur des einstigen Wehrmachtsoffiziers Kurt Waldheim für das Amt des Bundespräsidenten.

Der Autor stellt sein Buch am 15. Mai auch in Frankfurt vor, 19.30 Uhr in der Romanfabrik. Der Abend ist Teil des Festivals LiteraTurm. literaturm.de

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