Ist der Sondersatz für die Hotellerie noch gerechtfertigt?
Wer im Hotel übernachtet, zahlt statt 8,1 nur 3,8 Prozent Mehrwertsteuer. Im Bild: Das ;Mandarin Oriental Savoy in Zürich. Karin Hofer / NZZ
Hoteliers haben es gut. Statt des Normalsatzes von 8,1 Prozent Mehrwertsteuer gilt in der Beherbergungsbranche ein Sondersatz von nur 3,8 Prozent. Die Spezialbehandlung wurde 1996 befristet eingeführt, um der Tourismusbranche, die in Konkurrenz mit dem Ausland steht, unter die Arme zu greifen. Seither hat das Parlament den tieferen Satz fünfmal verlängert, zuletzt 2017.
Doch nun ist bald Schluss: 2027 läuft die Ausnahmeregelung aus. Ohne Gegenmassnahmen wird der Satz ab 2028 auch in der Hotellerie auf 8,1 Prozent angehoben. Der Bund hat die jährlichen Mehreinnahmen von 270 Millionen Franken bereits budgetiert, wie eine Nachfrage der «NZZ am Sonntag» ergibt. Davon kommen 46 Millionen der AHV zugute – vor dem Hintergrund der Annahme der 13. AHV-Rente ein willkommener Zustupf.
Doch der Bund hat die Rechnung buchstäblich ohne den Wirt gemacht: Der Branchenverband der Hoteliers ist wild entschlossen, die Sonderbehandlung fortzuschreiben: «Gastrosuisse wird sich selbstverständlich für eine weitere Verlängerung des Sondersatzes über 2027 hinaus einsetzen», sagt der Verbandspräsident Casimir Platzer. Die Hoteliers könnten schliesslich nichts dafür, dass das Volk die 13. AHV-Rente angenommen habe. «Um die Verlängerung sicherzustellen, drängt sich ein parlamentarischer Vorstoss auf.»
Ähnlich gingen die Hoteliers bereits das letzte Mal vor. 2015 reichte CVP-Nationalrat Dominique de Buman den entsprechenden Vorstoss ein. Die zuständige Wirtschaftskommission hielt 2017 zwar fest, die Bevorzugung einer Branche sei «grundsätzlich unfair» und gehe auf Kosten anderer staatlicher Aufgaben. Trotzdem stimmte sie der Verlängerung zu, da sich der Tourismus «in einer kritischen Phase» befinde.
Mit Blick auf die Zukunft hielt die Kommission aber fest: «Die Mehrheit ist der Meinung, dass man sich innerhalb der nächsten Frist überlegen muss, ob man noch immer auf die 200 Millionen Franken Steuereinnahmen verzichten möchte, die dem Bund durch den Sondersatz entgehen.»
Nun, inzwischen sind es nicht 200, sondern 270 Millionen Franken Mehreinnahmen, und die Finanzaussichten haben sich erheblich verschlechtert. Entsprechend dürfte es für Gastrosuisse schwieriger werden, sein Anliegen durchs Parlament zu bringen.
Wie Nachfragen der «NZZ am Sonntag» bei den Parteien ergeben, zeichnet sich ein Tauziehen ab: Auf der einen Seite SVP und Grüne, die sich für eine Weiterführung des Sondersatzes aussprechen. Auf der anderen Seite SP und GLP, die für ein Auslaufen sind. Entscheidend werden die Stimmen von FDP und Mitte sein. Erstere Partei sprach sich 2017 in der Vernehmlassung gegen die Verlängerung aus, letztere dafür.