Bauern protestieren lautstark bei Spatenstich mit Scholz

bauern protestieren lautstark bei spatenstich mit scholz

Am Rande des Besuchs von Bundeskanzler Scholz demonstrieren Landwirte aus der Region gegen die aktuelle Bundesregierung.

Bei einem Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz in Freiburg haben Hunderte Landwirtinnen und Landwirte gegen die Agrarpolitik der Ampelkoalition protestiert. Während einer Rede des SPD-Politikers beim Spatenstich für ein großes Neubauviertel in der Universitätsstadt machten die Bauern aus Hunderten Metern Entfernung mit lauten Pfiffen, Schreien und einem Hupkonzert auf sich aufmerksam.

Im Vorfeld waren die Landwirtinnen und Landwirte mit rund 240 Traktoren nach einer Sternfahrt in Freiburg eingetroffen. Laut Polizei war die Lage ruhig. Nach Angaben von Stadt und Bauern hatten sich die Traktoren von Bötzingen, Neuenburg, Elzach und Hinterzarten zum Versammlungsgelände an einem Hof auf den Weg gemacht.

Eine Delegation der Bauern wollte sich eigentlich auch mit dem Kanzler austauschen, hatte der Badische Landwirtschaftliche Hauptverband (BLHV) im Vorfeld angekündigt. Dabei wollten die Landwirte dem Kanzler einen Katalog mit neun Forderungen übergeben. Die Bauern wollen unter anderem einen Stopp der Umwandlung landwirtschaftlicher Flächen in Siedlungs- und Verkehrsfläche, eine Abschaffung aller Steuern auf Biodiesel und ein Ende der verpflichtenden Stilllegung landwirtschaftlicher Flächen.

Wegen des engen Zeitplans sei das aber nicht möglich gewesen, sagte ein Sprecher des BLHV in einer Videobotschaft. «Wir hatten keine Chance, hier mit dem Bundeskanzler ins Gespräch zu kommen. Unsere Delegation konnte auch das Forderungspapier leider nicht erreichen.» Für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sei das eine Enttäuschung gewesen, so der Sprecher weiter.

Aus Sicherheitsgründen mussten die Landwirte ihre Demonstration in Hunderten Metern Entfernung von Scholz abhalten. Darüber zeigten sich die Landwirte enttäuscht: «Es ist traurig, dass die Politik und auch die Polizei so viele Bedenken haben, auch wenn wir uns bislang nichts zuschulden haben kommen lassen», sagte Michael Fröhlin vom BLHV-Kreisverband Müllheim bei der Kundgebung. Auf den Protestschildern, die an vielen Traktoren angebracht waren, war zu lesen: «Ist der Bauer ruiniert wird dein Essen importiert!» und «Es geht nicht nur um Diesel. Es geht um unser aller Zukunft». Markus Ehret, Landwirt aus Freiburg-St.Georgen, sagte: «Wir möchten gehört werden, wir möchten gesehen werden, wir hoffen auf ein Umdenken. Ob so ein Protest dann etwas bewirkt, wird man sehen.»

Im geplanten Stadtteil Dietenbach sollen einmal 16.000 Menschen leben. Um die Wohnungsknappheit in Deutschland einzudämmen, müssen nach Ansicht von Scholz solche neuen Stadtviertel gebaut werden. Gegen Riesenvorhaben im Freiburger Westen gibt es jedoch Widerstand. «Kommunen brauchen weitere Unterstützung und mehr Geld für bezahlbares Wohnen», sagte Oberbürgermeister Martin Horn. Bauern beklagen den Wegfall landwirtschaftlicher Flächen durch den Bau des Stadtteils. Naturschützer kritisieren, die Rodung zerstöre den Lebensraum schützenswerter Tierarten. Florian Schneider, im BLHV-Kreisvorstand von Freiburg, sagte: «Wir möchten der Bevölkerung klarmachen, dass der Grund und Boden begrenzt ist.» Für so ein Neubauviertel gehe der Landwirtschaft viel Ausgleichsfläche verloren.

Aus Sicherheitsgründen wurde das Gelände weiträumig abgesperrt, Flugzeuge durften es zeitweise nicht überfliegen. Wie viele Einsatzkräfte den Besuch von Scholz begleiten, dazu macht die Polizei keine Angaben. Eine Sprecherin sagte aber: «Wir sind gewappnet für diesen Einsatz.» Im Vorfeld habe es Kooperationsgespräche mit den Beteiligten gegeben.

Seit Wochen protestieren Landwirte in Deutschland gegen die Politik der Bundesregierung. Im Fokus stehen dabei vor allem die geplanten Beihilfekürzungen beim Agrardiesel. Am Aschermittwoch war eine Protestaktion in Biberach an der Riß derart ausgeartet, dass die Grünen ihre Veranstaltung zum politischen Aschermittwoch kurzfristig absagten. Dort waren unter anderem Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir und der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (beide Grüne) erwartet worden.

Im Anschluss an den Spatenstich wollte Scholz sich am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE über die dortige Forschung informieren. Am frühen Nachmittag wird er dann bei einem Besuch im Europa-Park-Stadion des SC Freiburg mit gesellschaftlich engagierten Bürgerinnen und Bürgern hinter verschlossenen Türen über Demokratie und Zusammenhalt sprechen.

Gegen 16.30 Uhr wird der Regierungschef im nahe gelegenen Emmendingen erwartet, wo er sich das Deutsche Tagebucharchiv anschauen will. Danach ist auf Einladung des heimischen SPD-Bundestagsabgeordneten Johannes Fechner ein etwa einstündiges Gespräch mit Bürgerinnen und Bürgern unter dem Motto «Frag den Kanzler» geplant.

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