Luxuskaffee "Kopi Luwak": Tierschützer kritisieren Quälerei von Schleichkatzen

Käufer von Edelkaffee aus Schleichkatzen-Dung werden laut Tierschützern häufig über dessen Herstellung getäuscht. Demnach ist die Massenproduktion des »Kopi Luwak« für die Tiere eine Tortur.

Luxuskaffee “Kopi Luwak”: Tierschützer kritisieren Quälerei von Schleichkatzen

Kaffeegärten auf Bali laden Touristen zum Verkosten und Verweilen ein, viele Besucher lockt auch einfach die Neugier: Sie wollen den teuersten Kaffee der Welt, den »Kopi Luwak«, probieren und mit nach Hause nehmen. Das Besondere an ihm ist, dass er vorverdaut wurde.

Luwak-Kaffee wird aus dem Dung von Schleichkatzen produziert, denen man die Bohnen zu fressen gegeben hat. Im Darm der Katze sind die Kaffeebohnen einer Nassfermentation mit Enzymen ausgesetzt, was ihren Geschmack verändert. Das Luxusgebräu soll dadurch frei von Bitterstoffen und bekömmlicher sein als normaler Kaffee, zudem mit einem besonderen Aroma.

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Doch die Tierschutzorganisation Peta (People for the Ethical Treatment of Animals) schlägt Alarm: Die dafür eingesetzte Schleichkatzenart, die Fleckenmusangs (Paradoxurus hermaphroditus), seien dabei die Leidtragenden. Auf Farmen, die die Kaffee-Delikatesse in Massen produzieren, würden die eigentlich nachtaktiven Raubtiere manchmal mit bis zu hundert Exemplaren in teils winzigen Käfigen gehalten, sagt der Vizepräsident für internationale Kampagnen bei Peta Asien, Jason Baker.

»Seit zehn Jahren führen wir regelmäßig Untersuchungen zu dem Thema durch, aber es ändert sich absolut nichts«, sagt Baker. Erst kürzlich wieder hätten Mitarbeiter der Organisation undercover einige Farmen besucht, die auch Unternehmen und Supermärkte im Ausland beliefern. Dabei seien entsetzliche Zustände dokumentiert worden. Kritik an der Produktionspraxis von Luwak-Kaffee gibt es nicht nur auf Bali, sondern auch auf Sumatra und den Philippinen.

Die Musangs würden überwiegend mit Kaffeebeeren gefüttert und können sich in ihren kargen, oft verdreckten Käfigen kaum bewegen, kritisiert Peta. In den Käfigen gebe es keine Möglichkeit, Helligkeit zu meiden, so seien die Tiere oft direktem Sonnenlicht ausgesetzt, sagt Baker. Auch die einseitige Ernährung setze den Tieren zu. »Manche Schleichkatzen beißen sich selbst oder verletzten sich auf andere Weise, weil sie so gestresst sind«, so Baker. »Auch laufen sie häufig im Kreis, auch das ist ein Zeichen von Stress und Frustration.«

Lügen für die Touristen

Die rein für Touristen angelegten Kaffeegärten auf Bali – viele davon nördlich des Yoga-Hotspots Ubud – halten meist einen oder zwei Fleckenmusangs in einem etwas größeren Käfig. Diese dienten allerdings nur dazu, die Kundschaft mit der exotischen Art bekannt zu machen. Doch selbst für diese Tiere gebe es oft keinen Rückzugsort, keine Ablenkung und kaum Platz.

Auf Nachfrage, ob die Tiere immer in einem solchen Käfig leben müssten, erklärten fast alle Gärten, die Katzen würden nachts im Dschungel freigelassen und morgens wieder eingefangen. Vor wenigen Jahren lautete die Version noch: »Wir lassen die Schleichkatzen nach ein paar Wochen wieder frei und tauschen sie durch andere aus.« Den meisten Touristen reiche das offenbar, um mit reinem Gewissen »Kopi Luwak« einzukaufen.

»Das sind natürlich alles Lügen«, sagt Baker. »Aber sie müssen die Wahrheit verbergen, sonst kämen keine Touristen mehr.« Den ausländischen Gästen werde der Mythos Luwak-Kaffee verkauft, als handele es sich um eine kulturelle Sache, eine balinesische Tradition. »Aber die Balinesen selbst trinken diesen Kaffee normalerweise gar nicht.«

Tonnenweise Exporte auch nach Deutschland

Wie die Tiere im Detail gejagt und eingefangen werden, das weiß auch Peta nicht genau. »Wir haben von den Plantagen bislang nie die Erlaubnis bekommen, dabei mitzukommen«, sagt Baker.

Auch in Deutschland wird Luwak-Kaffee als Spezialität vertrieben. International liegen die Spitzenpreise bei bis zu 1000 Euro pro Kilo. Online gibt es 100 Gramm »Kopi Luwak« aber auch schon ab 30 bis 40 Euro zu kaufen. Interessenten würden mit der Behauptung geködert, dass »freilaufende Luwak-Katzen die besten Bohnen im Wald aussuchen«. Ausgeschieden würden diese dann von einheimischen Bauern eingesammelt und weiterverarbeitet.

Das sei »ein Riesenschwindel«, schreibt die Tier- und Naturschutzorganisation Pro Wildlife. Schätzungen von Experten zufolge lieferten alle freilebenden Schleichkatzen Indonesiens zusammen vermutlich nur um die 300 Kilogramm »Kopi Luwak« pro Jahr. Das reiche bei Weitem nicht, um die stetig wachsende Nachfrage zu decken. Die Delikatesse werde mittlerweile jährlich wohl tonnenweise exportiert.

Auf Bali wird den Inhabern der Kaffeegärten offenbar langsam klar, dass die Tierschutzkampagnen abschreckend auf Touristen wirken. Mitunter verzichten sie auf Käfige. Fleckenmusangs liegen dann frei, allerdings völlig apathisch auf Holzbrettern. Auf die Frage einer Besucherin, warum die Tiere nicht weglaufen, erklärte eine Mitarbeiterin: »Die Exemplare, die wir hier zeigen, sind alt und schwach. Die laufen nirgendwo mehr hin.«

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