INTERVIEW - Renato Steffen ist der beste Fussballer der Liga. Der Nationalspieler sagt: «In der Schweiz gibt es eine Neidkultur, wenn jemand auffällt»

interview - renato steffen ist der beste fussballer der liga. der nationalspieler sagt: «in der schweiz gibt es eine neidkultur, wenn jemand auffällt»

Hat in 39 Länderspielen vier Tore erzielt: Renato Steffen. Frederikke ;Jensen / Imago

Ist der FC Lugano ein Meisterkandidat?

Wir sind sieben Runden vor Saisonende sechs Punkte hinter YB. Realistisch gesehen wird das schwierig für uns. Aber wir müssen bereit sein, falls YB weiter schwächelt und Punkte abgibt.

Man hat den Eindruck, in Lugano wächst eine Mannschaft zusammen, die fähig sein kann, die Young Boys herauszufordern. Wie weit ist der FC Lugano noch von YB entfernt?

Wir haben eine gute Mischung aus erfahrenen Spielern und Talenten. Wir haben einen Besitzer aus den USA, der die notwendige Geduld, aber auch die finanziellen Möglichkeiten mitbringt, damit sich der FC Lugano weiter verbessern kann. Wir sind auf dem Weg, ein Spitzenteam zu werden, flexibel und eingespielt. Und wir haben mit Mattia Croci-Torti einen Spitzentrainer, der uns ständig weiterentwickelt. Das Konzept geht auf, wir sind nicht mehr das kleine Lugano. Aber wir müssen noch grösser denken. Die Dynastien des FC Basel und von YB zeichneten sich durch eine aussergewöhnliche Konstanz aus. Das fehlt uns noch.

Wie merken Sie das?

Gerade am letzten Wochenende im Spiel beim FC Winterthur wieder. Wir schossen kurz vor Ende das 2:1. Basel und YB hätten dieses Resultat in ihren Meisterjahren nach Hause gebracht. Wir erhielten noch das 2:2. Aber das ist jetzt Kritik auf hohem Niveau.

Wissen Sie, welcher Fussballer mit Abstand am meisten Skorerpunkte in dieser Super-League-Saison hat?

Mit Abstand ist übertrieben, es sind vier mehr als der Zweite.

Sie haben in 25 Begegnungen 5 Tore geschossen und 13 Assists geliefert. Diese Werte wären auch beim HC Lugano im Eishockey top. Sind Sie der beste Spieler der Super League?

Wenn es nach der Statistik geht: ja. Aber ich bin nicht der richtige Ansprechpartner, um das zu beurteilen.

Zu Beginn Ihrer Zeit in Lugano im Herbst 2022 wirkten Sie nach Spielen in TV-Interviews teilweise genervt. Was ist seither besser geworden?

Ich will manchmal mit dem Kopf durch die Wand. Am Anfang gefielen mir einige Dinge nicht, es fehlte teilweise an der absoluten Ernsthaftigkeit und an der Gier. Das nervte mich. Ich will mit dem FC Lugano um Titel mitspielen, letztes Jahr standen wir im Cup-Final in Bern gegen YB. Ich pushe die Mitspieler in jedem Training, weil ich Konzentrationsfehler und Genügsamkeit hasse. Ich bin nicht zurück in die Schweiz gekommen, um ein paar schöne Jahre im Tessin zu verbringen.

Können Sie nachvollziehen, dass es Menschen gab, die im Sommer 2022 dachten, Renato Steffen komme vom Bundesligaklub Wolfsburg nach Lugano, um noch ein paar schöne Jahre im Tessin zu verbringen?

Wenn man wollte, konnte man das so sehen. Aber ich denke, ich habe bewiesen, dass es nicht so ist. Es geht darum, die Kultur zu verändern. Das neue Stadion kommt 2026, das wird den FC Lugano noch einmal deutlich weiterbringen.

Ihr Vertrag läuft 2025 aus. Wechseln Sie danach zum Partnerklub Chicago in die Major League Soccer?

Das ist ein naheliegender Gedanke. Und das hört sich reizvoll an. Ich bin total entspannt, was meine Zukunft angeht. Mir ist es wichtig, noch lange in einem ambitionierten Projekt eine tragende Rolle einnehmen zu können. Und unser Steigerungslauf in Lugano ist nicht zu Ende.

Wir müssen über Ihren Vertrag reden. David Degen, der Präsident des FC Basel, sagte vor ein paar Wochen im FCB-Fan-Podcast «Yynedruggt»: «Was Steffen in Lugano verdient, da hättest du mir beide Hände abhacken müssen, damit ich den Stift in die Hand nehme und unterschreibe.» Als Sie kürzlich ein Tor beim Sieg gegen Basel erzielten, feierten Sie das mit einer eindeutigen Geste in Richtung Tribüne. Kann es Ihnen als bestem Skorer der Liga nicht egal sein, was David Degen in einem Podcast sagt – ganz abgesehen davon, dass man mit abgehackten Händen keinen Stift mehr in die Hand nehmen kann?

Das könnte es mir, ist es aber nicht. Zumal es den FC Basel betrifft, meinen früheren Verein. Ich habe dort gute Freunde wie Taulant Xhaka. Es hat mich gestört, dass David Degen meinen Namen ungefragt ins Spiel brachte. Was hat er davon? Und sowieso: Ich bin Schweizer Nationalspieler, war lange in der Bundesliga, da ist es doch klar, dass ich einen guten Vertrag habe, mit dem ich zufrieden bin. Ich weiss nicht, ob ich der bestbezahlte Spieler der Liga bin, aber ich weiss ganz genau, dass ich in Lugano jeden Tag versuche, das Vertrauen zurückzugeben.

Hat der FC Basel im Sommer 2022 auch mit Ihnen verhandelt?

Es gab ein Angebot. Aber die Leute beim FCB vermittelten mir den Eindruck, dass sie dachten, ich würde sowieso zurückkehren, weil es der FC Basel ist. Niemand gab mir das Gefühl, mich wirklich zu wollen. Das war in Lugano ganz anders. Ich brauche diese Wertschätzung.

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Erfährt in Lugano die Wertschätzung, die er braucht: der 32-jährige Offensivspieler Renato Steffen. Pablo Gianinazzi / Keystone

Wie hoch war denn Ihr erster Profilohn, als Sie 2012 von Solothurn zum FC Thun wechselten?

Das waren 2500 Franken im Monat plus Prämien.

Sie waren nie ein Toptalent gewesen, arbeiteten als Maler, ehe Sie in Thun durchstarteten und später bei YB, Basel und Wolfsburg spielten. Was hat dieser ungewöhnliche Werdegang mit Ihnen gemacht?

Ich benötigte Zeit, um mich daran zu gewöhnen, dass sich meine Bubenträume mit Verspätung und unerwartet doch noch erfüllten. Am schwierigsten war der Wechsel von Thun zu YB, als ich den Boden unter den Füssen verlor. Ich dachte: Jetzt bin ich der Chef. Und ich verlor den Fokus.

Wie äusserte sich das?

Na ja, ich war jung und hatte auf einmal einen Haufen Geld zur Verfügung. Es war beispielsweise immer mein Traum gewesen, einen Audi R8 zu fahren. Also habe ich mir das Auto halt gekauft. Damals war es mir wichtiger, was andere über mich denken, wie ich mich kleiden soll, solche Dinge eben, die man im Fussball als junger Spieler mitbekommt. Ich parkierte meinen Audi im Wankdorf, obwohl ich ihn nicht dort hätte parkieren sollen. Und ich tat es nach Ermahnungen einfach wieder. Es gab einige klärende Gespräche, ich erhielt richtig eins auf den Deckel. Ich benötige das ab und zu. In Bern bezahlte ich viel Lehrgeld.

Was lernten Sie daraus?

Wenn dir der Trainer, der Sportchef und der Präsident sagen, dass du dich ändern musst, sonst gebe es für dich keine Zukunft im Profifussball, ist das eine deutliche Warnung. Ich musste lernen, mit Geld umzugehen. Und was mir immer wichtig ist: eine klare Ansprache. Grenzen ziehen. Für mich, aber auch für die anderen. Ich teste Grenzen gerne aus, fast wie ein Kind manchmal, und mag es nicht, zu fest in Systeme gedrückt zu werden.

Woran merken Sie heute noch, dass Sie nie in einer Fussballakademie ausgebildet wurden und nie ein Toptalent waren?

Ich bin ein Instinktfussballer geblieben und habe mir eine gewisse Unbekümmertheit erhalten. Aber ich bin 32 und habe zwei Kinder, bin seit Jahren im Nationalteam dabei. Logischerweise bin ich ein reiferer Mensch als mit 20, 22.

Ihre impulsive Art haben Sie sich erhalten.

Ich bin ruhiger geworden und will nicht mehr immer gleich die Türe eintreten.

Sie sagten in der NZZ einmal, dass Sie sich mit Ihrer Art einiges verbaut hätten. Merken Sie das am stärksten, wenn Sie wieder in einem gegnerischen Stadion ausgepfiffen werden?

Daran habe ich mich gewöhnt. Als ich die Schweiz damals verliess, blieb ich in einer Schublade stecken, aus der ich nicht mehr rauskomme. Ich bin die Reizfigur. Wenn du von Thun zum Kantonsrivalen YB wechselst, später von YB zum Konkurrenten Basel gehst, ist es klar, dass das Spuren bei den Fans hinterlässt. Dafür habe ich Verständnis. Aber in der Schweiz gibt es leider auch eine Neidkultur, wenn jemand auffällt.

Granit und Taulant Xhaka werden regelmässig kritisiert für ihr Verhalten. Hat die Schweiz Mühe mit Spielern, die Ecken und Kanten haben?

Oft fehlt es an Respekt, es wird schnell geurteilt. Ich schätze die Xhakas sehr. Wenn Granit in den Schlagzeilen steht, rede ich mit ihm, um ihn zu verstehen. Fast immer verstehe ich ihn. Aber am Ende ist es seine Sache, wie er mit allem umgeht. Ich bin froh, dass ich meine Social-Media-Aktivitäten schon vor Jahren beendet habe, weil ich auch ab und zu impulsiv reagiert habe auf Kritik. Man muss sich schützen.

Zuletzt verteidigte Granit Xhaka seinen Bruder Taulant auf Instagram heftig und mit drohenden Worten gegen einen Mister X beim FCB. Haben Sie wirklich Verständnis dafür, wenn der grösste Fussballer der Schweiz und Captain des Nationalteams solche Dinge tut?

Irgendwie schon. Er fühlte sich und die Familie ungerecht behandelt. Es ging Granit um den Menschen Taulant, nicht um den Fussballer. Das ist Bruderliebe, es ist Familienehre, es ist mehr als Sport. Schauen Sie, meine Frau ist auch Kosovarin. Ich weiss, was Familie und Zusammenhalt für die Menschen in Kosovo bedeutet. Und darum liebe ich diese Kultur so. Von aussen denkt man vielleicht: Warum Granit? Aber man muss verstehen, wie jemand denkt, und die Scheuklappen ablegen.

Die Xhakas sind mit David Degen nicht einverstanden. Interessanterweise geht es ebenfalls um einen angeblich zu hoch dotierten Vertrag von Taulant Xhaka bis 2027.

Ich bin sicher, dass David Degen als Fussballer auch den bestmöglichen Vertrag für sich herausholen wollte. Oder als Spielerberater das Optimum für seine Spieler aushandelte. Jetzt steht er auf der anderen Seite, mit einer viel grösseren Verantwortung für einen ganzen Verein mit enormer Popularität in der Region. Wenn er Taulant einen Vertrag bis 2027 offeriert, dann muss er dazu stehen. Und wenn man mit Taulant offen redet, ist er der Letzte, der sich schwierig verhalten würde.

Haben Sie sich mit David Degen ausgesprochen nach dem Zwischenfall vor ein paar Wochen?

Nein. Er kam nicht auf mich zu. David und auch sein Bruder Philipp sind ebenfalls direkte, emotionale Typen, wie die Xhakas, wie ich. Für euch Medien ist das doch wunderbar, es gibt immer gute Geschichten.

Sie haben in 39 Länderspielen vier Tore erzielt, drei davon vor gut einem Jahr innerhalb einer halben Stunde beim 5:0-Sieg auswärts gegen Weissrussland. Was ist Ihre Rolle im Nationalteam?

Ich habe letztes Jahr in neun von zehn EM-Qualifikationsspielen gespielt, sechsmal von Beginn an. Für mich spricht, dass ich vielseitig bin. Am besten bin ich in einer Rolle in den Halbräumen in der Offensive, wenn ich viele Ballkontakte habe.

Das Jahr 2023 war für die Schweiz ungenügend. Waren Sie überrascht, dass Murat Yakin Nationaltrainer bleiben durfte?

Überhaupt nicht. Wir Spieler waren nicht effizient genug, wir Spieler machten Fehler vor Gegentoren. Es wäre ungerecht gewesen, hätte Murat gehen müssen. Es ist auch kein Problem, wenn es einmal ein bisschen Diskussionen gibt. Wir wollen alle den maximalen Erfolg.

Warum wird das Jahr 2024 besser für das Nationalteam?

Es herrscht ein frischer Wind, der neue Assistent Giorgio Contini bringt kommunikativ viel mit. Und wir wissen, dass wir an der EM in Deutschland viel erreichen können. Spieler wie Granit Xhaka, Manuel Akanji und Yann Sommer können bedeutende Titel mit ihren Klubs gewinnen. Wir benötigen eine gesunde Arroganz, wir müssen uns vor niemandem verstecken.

Sind Länderspiele für Sie nach so vielen Jahren immer noch wie ein Geschenk, wie Sie einmal sagten?

Es erfüllt mich mit viel Stolz, für die Schweiz zu spielen. Ich singe die Hymne immer sehr laut mit, meinen Eltern ist das wichtig. Ich denke dann an den kleinen Jungen Renato und daran, welche Widerstände ich auf meinem langen Weg ins Nationalteam überwinden musste.

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