Überraschende Wende des angeklagten Fluglotsen

Am zweiten Prozesstag ändert der Fluglotse seine Aussage zum Unfallhergang. Er sagt nun, er habe die tiefere Flughöhe absichtlich angewiesen, aus «Intuition».

überraschende wende des angeklagten fluglotsen

Ein F/A-18 Kampfjet der Schweizer Luftwaffe, bei einer Flugshow nahe Meiringen. Dort war 2016 auch der Pilot gestartet, der den tödlichen Unfall hatte.

Der zweite Prozesstag ist ein unangenehmer für den angeklagten Fluglotsen.

Er wird vom Gericht zum Unglück befragt, wieder und wieder. Er sieht Videoaufnahmen des am Unfalltag mitgeflogenen F/A-18-Kampfjets. Er hört den fatalen Funkspruch, der zum Unglück am Hinter Tierberg im Sustenmassiv geführt hat. «Ich habe gehofft, dass ich das nie mehr hören muss», sagte er, nachdem der Dialog abgespielt wurde.

Im August 2016 teilte der Fluglotse dem 27-jährigen Pilot kurz nach dem Start in Meiringen eine Flughöhe von 10’000 Fuss mit. Knapp eine Minute später kollidierte der Pilot 11 Meter in einer dichten Wolkenmasse unter dem Grat mit dem Sustenmassiv. Für die Region um Meiringen wäre eine Mindesthöhe von 15’000 Fuss vorgeschrieben gewesen.

Zuvor konnte der Verunglückte keinen Radarkontakt zum kurz vor ihm gestarteten F/A-18-Piloten herstellen – ein sogenannter Break Lock. Eine Situation, die der Fluglotse nur aus der Theorie kannte. Er sei dafür nicht im Simulator geschult worden und hatte sie bisher nicht in der Praxis erlebt.

Wende des Lotsen: Flughöhe sei Absicht gewesen

Als der Fluglotse gefragt wird, weshalb er dem Pilot diese falsche Höhe angegeben hatte, kommt es zu einer überraschenden Wende. In der Einvernahme nach dem Unglück hatte er noch gesagt, dass er die beiden Flughöhen vertauscht habe. Nun sagt er, es sei kein Versprecher gewesen, sondern «Intuition» und «ein Reflex». Er habe die tiefere Flughöhe absichtlich angewiesen.

Auf seinem Radar hätte er gesehen, wie die beiden Piloten den Mindestabstand unterschritten und der hintere Punkt immer näher kam. «Gemäss dem Radarbild war die sofortige Separation nötig», sagt er. Separieren heisst: Dafür sorgen, dass es zu keiner Kollision kommt. «Das ist meine allergrösste Priorität.» Er wusste durch einen vorangehenden Funkspruch, dass der Leader sich im Steigflug auf einer Höhe von 11’500 Fuss befand. Er gab die Anweisung, der Trailer, also der nachfolgende Pilot, solle sich auf eine Höhe von 10’000 Fuss begeben.

«20, 30 Sekunden später» habe er realisiert, dass die Flughöhe fatal war. «Ich war panisch und aufgeregt», sagt der angeklagte Fluglotse über diesen Moment. Erschwerend kam hinzu, dass er kurz nach seinem fatalen Funkspruch die beiden Piloten der Einsatzzentrale in Dübendorf zur Ãœberwachung übergab und keinen Funkkontakt mehr zu ihnen hatte. Wenig später berichtete der zweite Pilot von «black smoke», dem Absturz.

überraschende wende des angeklagten fluglotsen

Die Unfallstelle der abgestürzten F/A-18 auf dem Sustenpass, aufgenommen am Mittwoch, 31. August 2016.

Das Militärgericht muss nun die argumentative Wende des Fluglotsen einordnen und auch prüfen, ob sie Prozesstaktik ist. Ebenfalls muss es beurteilen, ob sich der zweite Pilot, der dem Opfer vorangeflogen war, schuldig gemacht hat. Dieser wich bei seinem Start in Sachen Tempo und Steigungswinkel von den Richtlinien ab.

Der Verteidiger des Fluglotsen wies in seinem Plädoyer darauf hin, dass der Pilot die Mindesthöhe hätte wissen sollen. Der militärische Ankläger hingegen forderte für den Fluglotsen und den Piloten je eine bedingte Freiheitsstrafe von 12 Monaten respektive neun Monaten. Für die beiden gilt die Unschuldsvermutung. Das Urteil wird am kommenden Dienstag erwartet.

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