SERIE - Der Mann besass einen starken Dauermagneten. Diesen band er an ein Seil und zog es über die Strasse. Später las er die Granatsplitter davon ab und verkaufte sie als Schrott

serie - der mann besass einen starken dauermagneten. diesen band er an ein seil und zog es über die strasse. später las er die granatsplitter davon ab und verkaufte sie als schrott

Splitter von russischen Granaten sind sehr schwer, es lohnt sich, sie zu rezyklieren. Januar 2023. Volodymyr Tarasov / Imago

21. Oktober

Es ist 22 Uhr 15. Wir haben kein Trinkwasser mehr, und ich gehe hinaus, um vor der Ausgangssperre in einem Bidon Wasser aus einem Wasserautomaten zu holen. Plötzlich ist da eine Explosion, aber dem Geräusch nach zu urteilen, hat sie sich weit von uns entfernt ereignet. Lena sieht in den Telegram-Kanälen nach und sagt, dass es wie üblich eine S-300-Rakete gewesen sei und eine weitere bereits von Belgorod aus heranfliege.

Sie sagt, ich solle jetzt nicht nach draussen gehen, aber ich beschliesse, trotzdem Wasser zu kaufen. Wenn die Russen mehr als eine Rakete abfeuern, zielen sie normalerweise auf dieselbe Stelle. Da die erste Explosion weit weg war, müsste die nächste S-300 auch irgendwo da explodieren.

Ich trete nach draussen. Der Abend ist kalt und windig. Die leere Bank auf unserer Veranda ist mit nassen Blättern bedeckt. Die Lichter in der Stadt sind bereits erloschen, und nur die glänzenden Rechtecke der Fenster werfen Licht auf die schwarze Strasse.

Zerklüftete Wolken rasen über den tiefen Sternenhimmel. Die Strassen sind tatsächlich schwarz, weil es keinen Mond gibt. Die Wolken werden auch nicht von unten beleuchtet, aber vor dem Hintergrund der kosmischen Schwärze wirken sie fast weiss. Sie ziehen so schnell vorbei, dass einem schwindlig wird, wenn man sie länger anschaut.

Irgendwo über den Wolken, ohne Beeinflussung durch den Wind, fliegt eine von Belgorod abgefeuerte Rakete heran, um uns zu töten. In der Erwartung, bald die Explosion zu hören, fühle ich mich ein wenig unbehaglich. So als schliche jemand im Dunkeln hinter meinem Rücken herum, bereit, mich jeden Moment von hinten zu überfallen.

Merkwürdigerweise bin ich nicht allein am Wasserautomaten. Ein anderer Verrückter hat beschlossen, während eines Raketenangriffs nach draussen zu gehen und sich Wasser zu besorgen. Es ist ein bärtiger Mann um die dreissig, er trägt Tarnkleidung. Während er am Wasserautomaten hantiert, unterhalten wir uns. Er erzählt mir, dass er ein Freiwilliger sei und zweimal pro Woche humanitäre Hilfe an die gefährlichsten Orte in der Region Charkiw bringe. Eben erst war er in Woltschansk. Das ist eine Stadt nördlich von Charkiw, ganz in der Nähe der Grenze zu Russland.

«Wissen Sie, was dort am gefährlichsten ist?», fragt er. «Drohnen.»

Er erzählt, dass er sein Auto unter einer Betonüberdachung habe parkieren müssen, um es vor Drohnen zu verbergen. Zuerst taucht eine Aufklärungsdrohne auf. Wenn sie etwas Verdächtiges bemerkt, fliegt sofort eine zweite heran und wirft eine Bombe über dem Ziel ab. Wenn eine einzige Bombe nicht ausreicht, doppelt eine weitere Drohne nach. Die Russen knausern nicht mit ihren Drohnen.

Ich erzähle ihm, dass eines Tages, im letzten Jahr, eine Drohne meine Tochter verfolgt habe, als sie abends die Strasse entlanggelaufen sei.

«Das war irgendein Perverser», sagt der Mann selbstbewusst. «Die Russen würden ihre Drohne nicht für die Verfolgung von Zivilisten verschwenden.»

Er erzählt, dass er vor dem Krieg in der Nähe von Saltiwka im Norden von Charkiw gelebt habe und dass Raketenexplosionen alle Fenster und Türen seines Hauses zerstört hätten. Dann beschreibt er, wie er Granatsplitter aufsammelte, die einige Strassen im Nordteil von Saltiwka wie rostbrauner Schnee bedeckten. Er besass einen starken Dauermagneten, den er bisher benutzt hatte, um den Stromzähler in seiner Wohnung in die entgegengesetzte Richtung drehen zu lassen, damit er keinen Strom bezahlen musste. Nun band er den Magneten an ein Seil und zog dieses über die Strasse. Dann las er die Granatsplitter davon ab und verkaufte sie als Schrott.

«Werden Granatsplitter denn als Schrott akzeptiert?», frage ich.

«Natürlich», sagt er. «Und sie sind sehr schwer. Ich habe jedes Mal hundert Kilogramm davon gesammelt. Aber nicht explodierte Raketen und Granaten werden nicht angenommen. Deshalb holt sie auch niemand aus dem Boden. In den Wäldern liegen noch viele von ihnen herum. Die Menschen stülpen ihnen weisse Plastiktüten über, um sie sichtbar zu machen. Es ist gefährlich, sie zu berühren oder sich ihnen zu nähern. Man weiss nie, ob sie explodieren könnten.»

Am schwierigsten sei es gewesen, den Magneten im Auto zu transportieren, weil er an allem, was aus Metall bestehe, haften bleiben könne, und es sei sehr schwer gewesen, ihn wieder abzureissen. Also habe er den Magneten in viele Lagen Stoff einwickeln müssen.

Wir stehen am Wasserautomaten und unterhalten uns, obwohl unsere Flaschen bereits mit Wasser gefüllt sind. Von Zeit zu Zeit blicken wir sorgenvoll zum Himmel, wo sich hinter den Wolken die unsichtbare Rakete nähert, die uns umbringen soll. Die zerklüfteten Wolken rauschen eilig vorüber. Wir warten auf die Explosion, aber es gibt einfach keine. Höchstwahrscheinlich hat die zweite Rakete Charkiw gar nicht erreicht.

Sergei Gerasimow – Was ist der Krieg?

Von den Kriegstagebüchern, die nach dem russischen Überfall auf die Ukraine vom 24. Februar 2022 verfasst wurden, gehört jenes von Sergei Wladimirowitsch Gerasimow zu den aufwühlendsten und anrührendsten. Es vereinigt Beobachtungsgabe und Menschenkenntnis, Empathie und Phantasie, Sinn für das Absurde und forschende Intelligenz. Gerasimow wurde 1964 in Charkiw geboren. Er studierte Psychologie und verfasste später ein Psychologielehrbuch für Schulen sowie wissenschaftliche Artikel über kognitive Aktivitäten. Seine literarischen Ambitionen galten bisher der Science-Fiction und der Lyrik. Gerasimow und seine Frau leben im Zentrum von Charkiw in einer Wohnung im dritten Stock eines Hochhauses. Der Beginn des Tagebuchs liegt mittlerweile gesammelt unter dem Titel «Feuerpanorama» als Buch bei DTV vor. Dem Autor freilich geht der Stoff nicht aus. – Hier der 394. Beitrag des vierten Teils.

Aus dem Englischen von Andreas Breitenstein.

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