Chrupalla über Geheimtreffen: Eine fast familiäre Runde Neurechter

chrupalla über geheimtreffen: eine fast familiäre runde neurechter

Der AfD-Vorsitzende Tino Chrupalla Mitte Dezember im Bundestag

Hat der AfD-Bundesvorsitzende Tino Chrupalla im Oktober 2021 an einem geheimen Treffen von Rechtsextremisten und ihnen nahestehenden Unternehmern teilgenommen? Chrupalla wollte das auf Anfrage der F.A.Z. weder bestätigen noch dementieren. Er müsse sich für private Treffen nicht rechtfertigen. „Fragen Sie den Verfassungsschutz, der beobachtet mich doch“, sagte er. Mehrere Medien berichteten zuvor, Chrupalla habe auf entsprechende Anfragen geäußert, er könne sich nicht erinnern. Der AfD-Politiker sagte dazu, es handele sich nicht um aktuelle, sondern um ältere Zitate.

chrupalla über geheimtreffen: eine fast familiäre runde neurechter

Im Potsdamer Gästehaus am Lehnitzseee des Landhauses Adlon trafen sich AfD-Mitglieder Ende November mit führenden Köpfen der rechtsextremen Szene.

In der Sache geht es um ein Treffen, das am 9. Oktober 2021, kurz nach der Bundestagswahl, stattgefunden haben soll. Das Treffen, das offenbar „5. Düsseldorfer Runde“ genannt wurde, war durch interne Unterlagen bekannt geworden, die vom Hackerkollektiv Anonymous im Internet veröffentlicht wurden. Danach hatte der frühere Düsseldorfer Zahnarzt Gernot Mörig zu den Gesprächen eingeladen, an denen „rund 25“ Personen teilgenommen haben sollen, „darunter extrem potente Menschen in Finanzdingen“, wie es in einer Mail heißt.

chrupalla über geheimtreffen: eine fast familiäre runde neurechter

Ort des Geheimtreffens: Im Potsdamer Gästehaus am Lehnitzseee des Landhauses Adlon trafen sich AfD-Mitglieder Ende November mit führenden Köpfen der rechtsextremen Szene.

Im Entwurf eines Dankesschreibens, das von Mörig stammen soll, wird die „positive Resonance“ und der „fast familiäre Charakter“ des Treffens gelobt. Weiter heißt es: „Und dass sich – unmittelbar nach einem anstrengenden Bundestagswahlkampf – der Bundessprecher der AFD, Tino Chrupalla selbst ins Auto setzt, um vor einem kleinen privaten Kreis völlig unkompliziert und glaubwürdig ‚Rede und Antwort‘ zu stehen, um am nächsten Morgen in aller Frühe wieder über Görlitz nach Berlin zu fahren, ist wahrlich nicht selbstverständlich gewesen!“

Demonstrationen gegen Rechtsextremismus

So habe man die bekannten Ziele erreicht, „sich schlicht und einfach im Kreise niveauvoller Patrioten wohl zu fühlen, unser Netzwerk in viele Dimensionen zu erweitern und schließlich gute Projekte zu unterstützen“. Er freue sich auf die nächste Düsseldorfer Runde am 15. Oktober 2022 in Potsdam.

Mörig ist in der völkisch-neurechten Szene schon lange aktiv; er war in den 1970er Jahren Bundesführer des Bundes Heimattreue Jugend (BHJ), der später zur Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ) wurde. Die rechtsextremistische Organisation wurde 2009 verboten.

Mörig hat zudem zu der geheimen Konferenz in Potsdam im November 2023 eingeladen, über die kürzlich das Recherchenetzwerk Correctiv berichtete. Sie soll intern ebenfalls als „Düsseldorfer Forum“ bezeichnet worden sein. An ihr nahmen Roland Hartwig, der persönliche Referent der AfD-Bundesvorsitzenden Alice Weidel, weitere AfD-Mitglieder sowie Mitglieder der CDU und der „Werteunion“ teil. Nach Angaben von Correctiv stellte Martin Sellner von der rechtsextremistischen „Identitären Bewegung“ dort einen „Masterplan“ vor, laut dem mehrere Millionen Menschen mit Migrationshintergrund aus Deutschland vertrieben werden sollten.

Der Bericht hat am Wochenende, etwa in Berlin und Potsdam, zu großen Demonstrationen gegen Rechtsextremismus geführt und die Debatte darüber angefacht, wie weiter mit der AfD umgegangen werden soll. Die Partei liegt in Umfragen in den Ländern Sachsen, Thüringen und Brandenburg vorne, in denen im September gewählt wird.

Petition gegen Höcke

Neben der Möglichkeit eines Parteiverbots wird auch der Entzug von Grundrechten für AfD-Politiker in Betracht gezogen. So fordert auf der Plattform Campact eine Petition, dem Thüringer AfD-Vorsitzenden Höcke die Grundrechte zu entziehen. „Stoppen Sie den Faschisten Björn Höcke: Veranlassen Sie, dass die Bundesregierung beim Bundesverfassungsgericht einen Antrag auf Grundrechtsverwirkung nach Artikel 18 GG stellt“, heißt es in der Petition, die an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Fraktionsvorsitzenden der SPD, der CDU/CSU, der Grünen, der FDP und der Linkspartei gerichtet ist.

Höcke solle das aktive und passive Wahlrecht verlieren und keine öffentlichen Ämter mehr ausüben. Das müsse geschehen, damit er „der freiheitlichen Demokratie keinen weiteren Schaden mehr zufügen“ könne. Die Petition kam bis zum frühen Montagnachmittag auf mehr als 825.000 Unterschriften.

Zudem wird weiter darüber gestritten, ob gegen die AfD ein Verbotsverfahren angestrengt werden soll. Die sozialdemokratischen Regierungschefs von Hamburg und dem Saarland, Peter Tschentscher und Anke Rehlinger, zeigten sich skeptisch. Ein Verbotsverfahren solle nur begonnen werden, wenn es auch vor dem Bundesverfassungsgericht Aussicht auf Erfolg habe, sagten die Politiker der Zeitung „Die Welt“.

In der SPD-Führung hatte sich Parteichefin Saskia Esken offen für ein Verbot gezeigt. In der CDU vertritt diese Haltung der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther, während der Parteivorsitzende Friedrich Merz das ablehnt. Man müsse die AfD politisch stellen, fordert er. Diese Haltung vertrat am Montag auch FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai.

Als Möglichkeit, um die Zustimmung zur AfD zu mindern, gilt auch, in der Migrationspolitik entschiedener zu agieren. So forderten die CDU-Länderchefs Hendrik Wüst aus Nordrhein-Westfalen und Kai Wegner aus Berlin einen weiteren Migrationsgipfel der Länder mit dem Bundeskanzler. Auch in der SPD werden erste Stimmen laut, die zu einem härteren Vorgehen drängen. So sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete Axel Schäfer dem „Tagesspiegel“, die SPD müsse „bei der Begrenzung der Migration mutiger werden und den Konflikt mit den Grünen in Kauf nehmen“. Er fügte hinzu: „Ich bin ganz sicher: Olaf Scholz kann das.“

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