Indopazifik: Baerbock verspricht Australien Unterstützung im Streit mit China
03.05.2024, Australien, Adelaide: Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen), Außenministerin, schaut data-portal-copyright=
Die Außenministerin warnt bei ihrem Besuch in Adelaide vor Chinas „offensivem Auftreten“. Australien investiert angesichts der Bedrohung Milliarden in den Ausbau der Seestreitkräfte.
Im zweiten Anlauf hat die Reise nun doch geklappt, mit der die Bundesregierung Australien im Konflikt mit China zur Seite stehen will. Nachdem der erste Termin wegen Pannen am Regierungsflieger im vergangenen Jahr kurzfristig abgesagt werden musste, traf Außenministerin Annalena Baerbock am Freitag mit acht Monaten Verspätung ihre australische Kollegin Penny Wong.
Auf der Agenda stand in der südaustralischen Stadt Adelaide ein Dilemma, das Deutschland und Australien gleichermaßen beschäftigt. Die zentrale Frage: Wie kann man mit China weiter Geschäfte machen, während das Vormachtstreben der Volksrepublik immer größere Sorgen verursacht.
Die australische Erfahrung lehre, dass es wichtig sei, mit China im Austausch zu bleiben, sagte die Grünen-Politikerin nach ihrem Gespräch mit Wong. Deutschland und Australien nähmen aber „die Risiken genau in den Blick, um uns selbst zu schützen“, fügte sie hinzu. Das gelte „für Spionage und Unterwanderung genauso wie für den Abbau von Abhängigkeiten in unseren Lieferketten, die uns verwundbar machen könnten“, sagte Baerbock.
China ist für Deutschland und Australien der wichtigste Handelspartner. Die Partnerschaft der Volksrepublik mit Russland und die militärischen Drohungen aus Peking im Streit um die Insel Taiwan belasten jedoch das Verhältnis massiv.
Auf Kritik reagierte China im Fall Australiens in den vergangenen Jahren mit wirtschaftlichem Druck: Präsident Xi Jinping stoppte milliardenschwere Importe australischer Kohle, verhängte Strafzölle auf Weinlieferungen und beschränkte die Einfuhr von Rindfleisch aus dem Land. Das Verhältnis besserte sich erst in jüngster Zeit wieder – unter anderem durch eine Peking-Reise von Australiens Regierungschef Anthony Albanese Ende vergangenen Jahres.
Deutschland will Sicherheitszusammenarbeit mit Australien ausbauen
Baerbock, die im Anschluss an ihren Australien-Besuch nach Neuseeland und später auch nach Fidschi reisen wird, präsentiert ihren Flug ans andere Ende der Welt als klares Signal Richtung China: Sowohl Australien als auch Neuseeland hätten „viel Erfahrung im Umgang mit einem autoritären Nachbarn“, der militärisch, politisch und wirtschaftlich immer stärker ausgreife und wirtschaftliche Druckmaßnahmen als außenpolitisches Instrument verwende, sagte sie vor ihrem Abflug.
Die Länder bekämen „viel direkter als wir die heftigen Windstöße ab, die durch Chinas zunehmend offensiveres Auftreten in die Welt geschickt werden“, fügte sie hinzu und forderte: „In den rauen Wassern der Weltpolitik ist es umso wichtiger, dass wir als Demokratien im Wettstreit mit autoritären Systemen zusammenstehen.“
Mit Australien arbeitet die Bundesregierung laut Baerbock in der Sicherheitspolitik „immer enger zusammen“. Die Bundeswehr nimmt in diesem Jahr erneut an der australischen Militärübung „Pitch Black“ im Norden des Landes teil. Auch im Rüstungsbereich gibt es Kooperationen: Baerbock besuchte am Freitag die Osborne-Werft am Rande von Adelaide, wo das Bremer Unternehmen Naval Vessels Lürssen Patrouillenboote für die australische Marine baut.
Angesichts der Sorge vor einem Konflikt mit China will Australien seine Seestreitkräfte massiv stärken: In den kommenden zehn Jahren wird das Land umgerechnet knapp 90 Milliarden Euro in den Ausbau seiner Marine investieren, wie aus einer neuen nationalen Verteidigungsstrategie hervorgeht, die Verteidigungsminister Richard Marles Mitte April vorstellte.
In den rauen Wassern der Weltpolitik ist es umso wichtiger, dass wir als Demokratien im Wettstreit mit autoritären Systemen zusammenstehen.
„Die optimistischen Annahmen unserer Verteidigungsplanung nach dem Ende des Kalten Krieges sind längst Vergangenheit“, sagte er. „Unser Umfeld ist geprägt von der Unsicherheit und den Spannungen eines vertieften und zunehmenden strategischen Wettbewerbs zwischen den Vereinigten Staaten und China.“
Baerbock wirbt für Neustart von Freihandelsgesprächen
Australien fürchtet sich insbesondere davor, im Konfliktfall von wichtigen Handels- und Versorgungsrouten über das Meer abgeschnitten zu werden. Der Ausbau der Kriegsschiffsflotte, Unterwasserdrohnen und der Bau von U-Booten mit Atomantrieb stehen deshalb im Zentrum von Australiens Abwehrstrategie. Rund 45 Milliarden Dollar sollen zudem in das Raketenprogramm des Landes fließen. Insgesamt will Australien seine Verteidigungsausgaben von aktuell zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts auf 2,4 Prozent erhöhen.
Für Deutschland ist Australien laut Baerbock auch ein wichtiger Partner, um von Rohstoffen aus China unabhängiger zu werden. Australien sieht sich als zentrale Alternative zu China bei der Lieferung von kritischen Mineralien wie Lithium und Seltenen Erden. „Schon jetzt ist die Bereitstellung von Rohstoffen aus Australien für uns essenziell“, sagte Baerbock. Diese sollten in Zukunft aber stärker direkt geliefert werden statt über Umwege, sagte sie.
Ein großer Teil der in Australien abgebauten Mineralien wurde in der Vergangenheit in China weiterverarbeitet. Die Regierung in Canberra setzt jedoch darauf, entsprechende Kapazitäten verstärkt auch im eigenen Land aufzubauen. Baerbock plädierte in dem Zusammenhang auch dafür, die Gespräche über ein Freihandelsabkommen zwischen Australien und der EU wieder aufzunehmen. Diese waren im vergangenen Jahr gescheitert. „Daran wollen wir intensiv arbeiten“, sagte die Außenministerin.