Indische Filme unter Modi: Es war einmal in Bollywood

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Der Film als Spiegel der Gesellschaft oder als „Propagandainstrument“? Kinogänger in Mumbai.

Eine der bekanntesten Adressen Mumbais liegt nur wenige Meter von einem felsigen Strand entfernt. Es ist die Villa des größten lebenden Filmstars Indiens, der Bollywood-Legende Shah Rukh Khan. Immerzu stehen dort Menschen, um sich gegenseitig vor dem Eingangstor zu fotografieren. Im Schatten einiger Bäume harren sie stundenlang aus, um vielleicht einen Blick auf ihr Idol zu erhaschen. Auch Aadil und zwei seiner Freunde sind hier. Der 24 Jahre alte Mann sagt, ihn beeindrucke der Weg des Schauspielers aus normalen indischen Verhältnissen zum Superstar. „Heute ist Shah Rukh Khan mindestens so groß und reich wie Tom Cruise.“

Außerdem ist Shah Rukh Khan Muslim, so wie die jungen Männer auch. In ihren Augen ist das ein nicht ganz unbedeutendes Detail. Im heutigen Indien geben die Hindunationalisten unter Ministerpräsident Narendra Modi den Ton an, die 200 Millionen Muslime werden aus der Gesellschaft gedrängt. Durch die gerade stattfindenden Wahlen hat sich ihre Lage sogar noch verschlimmert. Im Wahlkampf wetterte Modi offen gegen die „Infiltratoren“. Nicht ein einziger Muslim befindet sich unter den Abgeordneten seiner Partei. In der Traumfabrik Bollywood, die vor allem für romantische Tanz- und Gesangsszenen bekannt ist, haben Muslime wenigstens noch etwas Einfluss. Berühmt sind besonders die „drei Khans“: neben Shah Rukh Khan auch Aamir Khan und Salman Khan.

Doch in Modis Indien ist Bollywood immer weniger eine Festung der Liberalität. Immer mehr Filme folgen heute einer nationalistischen Agenda. Ira Bhaskar, eine bekannte ehemalige Professorin für Filmstudien der Jawaharlal-Nehru-Universität in Delhi, wirft der Modi-Regierung vor, sie benutze das Kino als „Propagandawerkzeug“. Vor der sechswöchigen Parlamentswahl sind gleich mehrere Filme mit nationalistischen Inhalten in die Kinos gekommen. Das Biographie-Epos „Swatantra Veer Savarkar“ erzählt das Leben des Begründers des Hindunationalismus nach. Der Film „Article 370“ erzählt, wie Kaschmir, eine mehrheitlich muslimische Region, 2019 ihren autonomen Status durch Modis BJP aberkannt bekam – ohne die Perspektive der Kaschmiri einzubeziehen. „JNU“ stellt eine der bekanntesten Universitäten des Landes als Brutstätte für „antinationale“ Elemente dar.

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Die hindunationalistische Partei BJP von Ministerpräsident Narendra Modi untertützt Filme durch Steuererleichterungen, kostenfreie Vorführungen und öffentliches Lob.

Indische Medien berichten über diverse Verbindungen der jeweiligen Filmemacher zur Regierungspartei. Zu „Article 370“ hatte sich Ministerpräsident Modi selbst geäußert: „Das ist eine gute Sache, denn es wird den Menschen helfen, die richtigen Informationen zu erhalten“, lobte er den Film bei einer Veranstaltung. Der Filmhistoriker und Regisseur Shivendra Singh beobachtet eine Trendwende nach der Corona-Pandemie. Seitdem gebe es immer öfter nationalistische Inhalte in Bollywood, sagte Singh der F.A.S. in Mumbai. Ein Höhepunkt dieser Entwicklung war der Film „The Kashmir Files“, der im Jahr 2022 nach der Covid-Flaute die Zuschauermassen ins Kino zog. Der Film befasst sich mit dem Exodus lokaler Hindus, der sogenannten Kashmiri Pandits, aus ihrer Heimat infolge vermehrter islamistischer Übergriffe in den Neunzigerjahren.

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Schauspiellegende Shah Rukh Khan, mindestens „so groß und reich wie Tom Cruise“.

Früher war Bollywood mal links

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Ein letzter Rest muslimischen Einflusses in der Traumfabrik: Superstar Shah Rukh Khan

Ein Jahr später wurde der Film „The Kerala Story“ veröffentlicht, der die Geschichte von drei Frauen erzählt, die von ihren muslimischen Männern zum Islam bekehrt und als Terroristinnen für den „Islamischen Staat“ rekrutiert und nach Syrien gebracht werden sollen. Beide Filme wurden von Modis hindunationalistischer Partei BJP unterstützt, durch Steuererleichterungen, kostenfreie Vorführungen und andere Vorteile. Und abermals durch öffentliches Lob des Ministerpräsidenten.

Produziert wurde „Kerala Story“ von dem Filmemacher Vipul Shah, der wie Modi aus dem westindischen Bundesstaat Gujarat stammt. Im Flur seiner Produktionsfirma in Mumbai hängen Poster seiner vielen Filme, er selbst hat in einem Konferenzzimmer Platz genommen. Bollywood sei früher politisch sehr von Linken dominiert worden, sagt Shah. Für Menschen mit einer anderen ideologischen Ausrichtung sei es schwer gewesen. Außerdem sei die Regierung einer „Beschwichtigungspolitik“ gegenüber Muslimen gefolgt. Die Lage, die er beschreibt, hat sich aber in den vergangenen Jahren dramatisch verändert, was nicht zuletzt auch „Kerala Story“ zeigt.

Den Vorwurf, der Film verbreite Islamhass, weist Shah zurück. „Ich habe in meiner Karriere zwanzig Filme gedreht. In 18 Filmen ist ein Hindu der Bösewicht, in zwei Filmen ist es ein Muslim. Warum bezeichnen Sie mich also nicht als Anti-Hindu?“, fragt er. Der Produzent will auch nichts davon wissen, dass der Film vor der Wahl im Bundesstaat Karnataka als strategische Wahlhilfe dienen sollte. Es sei eine „bizarre Theorie“, dass Modi, als einer der Regierungschefs mit den höchsten Beliebtheitswerten weltweit, sich auf einen „winzigen“ Film stützte, um die Wahl zu gewinnen.

Bisher ist es Shah nicht gelungen, den Erfolg von „Kerala Story“ zu wiederholen. Kurz vor der Parlamentswahl war sein neuer Film „Bastar“ herausgekommen. Der Film wird in einem Kino nur wenige Fahrminuten von seinem Büro gezeigt. Da es sich um eine Mittagsvorstellung handelt, sind nur wenige Plätze besetzt. Ab und zu geht trotzdem ein Raunen durch den Saal. Nämlich dann, wenn es auf der Kinoleinwand besonders blutig zugeht. In „Bastar“ werden Gliedmaßen abgeschnitten, Menschen lebendig verbrannt, an Stricken und Pfählen aufgehängt und mit Bajonetten aufgespießt. Empört über die Grausamkeiten, macht sich die Protagonistin des Films mit großen Augen an die Arbeit, den Tätern den Garaus zu machen.

Als lauerten Extremisten hinter jeder Ecke

Der Film hat seinen Namen von dem Ort der Handlung, die sich lose an der wahren Geschichte eines Massakers mit 76 getöteten Sicherheitskräften im Jahr 2010 orientiert. Die Bösen sind im Film die Kommunisten, sogenannte Naxaliten, die seit den Sechzigerjahren in Nordostindien einen von Mao Tse-tung inspirierten Guerillakampf führen. Dabei kommt es zu brutalen Gewalttaten. Dem Film zufolge steckt hinter den Guerillas eine globale Verschwörung.

Schon im Trailer droht die Protagonistin, sie wolle Studenten erschießen, die mit den Kommunisten sympathisieren. Das ist in Indien ein bekanntes Narrativ: Kritische Journalisten, Menschenrechtler und Akademiker werden als „urbane Naxaliten“ dargestellt. Als „intellektuelle Mafia“, die wie die von fremden Mächten gesteuerten „Liberalen“ als „unsichtbare“ Feinde Indiens gelten. Der Film unterstellt, diese linken Extremisten lauerten hinter jeder Ecke, in Kunst, Zivilgesellschaft und auch in Bollywood selbst. Es ist ein Feindbild, das auch Modi im Wahlkampf zeichnet.

Produzent Shah sagt, die Welle von Filmen dieser Art sei dem Publikumsinteresse geschuldet. Dem stimmen auch Regierungskritiker zu. Der Regisseur und Filmhistoriker Shivendra Singh etwa sagt, unter früheren Regierungen seien ebenfalls Propagandafilme gedreht worden. „Wenn man es genau betrachtet, hat jedes Regime, das an die Macht gekommen ist, seinen Willen in der Kulturpolitik dieses Landes durchgesetzt, sei es in Bezug auf Filme, Kunst oder die Wahrnehmung der Geschichte.“ Neu sei der Nationalismus, der nun in den Filmen transportiert werde. Dieser ersetze zunehmend das Narrativ von Diversität und Säkularismus, das Indien seit der Unabhängigkeit geprägt hatte.

Die Filme spiegelten wider, wie sich die Gesellschaft verändert habe, sagt der Filmhistoriker Singh. Die Regierung brauche gar nicht direkt einzugreifen. Neben den Actionfilmen, die zunehmend die klassische Bollywood-Romanze verdrängt haben, versucht sich die indische Filmindustrie auch vermehrt am historischen Revisionismus.

Dazu gehört ein Film über Atal Bihari Vajpayee, den ersten Regierungschef, der aus der hindunationalistischen BJP stammte und der das Land von 1998 bis 2004 führte. Einer der Produzenten des Films, Sandeep Singh, soll eine Nähe zur Regierungspartei BJP haben. Er hatte schon die zum Wahlkampf 2019 herausgekommene Modi-Biographie „PM Narendra Modi“ gedreht. Nach einer eher enttäuschenden Kinosaison läuft der Film „Main Atal Hoon“ seit Kurzem auf einem indischen Streamingdienst. Um den Onlinefilmstart feierlich zu begehen, haben sich der Hauptdarsteller und der Regisseur auf die kleine Bühne eines Buchladens in einem Szeneviertel Mumbais gesetzt. Auf die Frage der F.A.S., ob es sich bei dem Film um Wahlpropaganda für die BJP handele, antwortet der Schauspieler ähnlich wie der Filmproduzent Shah: Ein einzelner Film könne nicht die Wahl entscheiden.

„Warum gibt es diese Angst vor Kritik am System?“

In einem Café in der Nähe sitzt wenig später der unabhängige Filmemacher Onir, dessen Filme etwa die gesellschaftliche Ausgrenzung Homosexueller thematisieren. Er sagt, einige der am meisten gefeierten Filme könnte man in der heutigen Atmosphäre gar nicht mehr machen. Er beobachtet, dass kaum ein Filmemacher sich heute noch traue, Kritik am politischen System zu üben. Jede Stimme, die eine andere Meinung vertrete, werde sofort angegriffen. Filmemacher würden mithilfe von Steuerermittlungen und Gerichtsverfahren zum Schweigen gebracht. „Warum gibt es diese Angst vor Kritik am System? Es sollte in Ordnung sein, das zu tun“, sagt Onir. Statt zur Vielfalt gehe der Trend zur Vereinheitlichung. Einer wie Shah Rukh Khan könne immer noch Kinorekorde brechen. „Doch in der nächsten Generation nach den drei Khans, wo ist der muslimische Star?“, fragt Onir.

Und selbst der Sockel Khans bröckelt. Im Jahr 2015 monierte Shah Rukh Khan die wachsende Intoleranz in Indien, nachdem Aufführungen seines damaligen Films von radikalen Hindus gestürmt worden waren. Im vergangenen Jahr wurde der Film „Pathaan“ boykottiert, weil die Schauspielerin Deepika Padukone in einer Tanzszene in einem orangefarbenen Bikini aufgetreten war. Da das Orange die Hindunationalisten an Safran erinnerte, die heilige Farbe der Hindus, wurde die Szene als Beleidigung der Religion aufgefasst. Das Spionagedrama wurde trotzdem einer der Kinofilme mit den höchsten Einnahmen des Jahres 2023. Ärger gab es auch für Shah Rukh Khans Sohn Aryan. Er war wegen vermeintlicher Drogendelikte vorübergehend festgenommen und aufgrund mangelnder Beweise freigelassen worden. Viele glaubten, es sei darum gegangen, den Vater unter Druck zu setzen.

Das Idol so vieler Inder äußert sich nur noch über seine Filme. Der Actionfilm „Jawan“ zum Beispiel, der einige Monate nach „Pathaan“ erschien, hatte eine deutliche politische Aussage. Er thematisierte Probleme wie die Schuldenlast indischer Bauern und die Mängel in der Gesundheitsversorgung. In einem Monolog warnt der von Khan gespielte Protagonist die Menschen, ihre Stimme nicht auf Basis von Ängsten, Geldzuwendungen, von Religion oder Kaste zu vergeben. Stattdessen sollten sie diejenigen, die um ihre Stimme buhlten, fragen, was sie denn für das Volk – in Khans Worten „für uns“ – tun wollten. „Was ist mit Bildung für meine Kinder? Wenn ich krank werde, was passiert mit meiner Familie? Was werden sie tun, um das Land in den kommenden fünf Jahren voranzubringen?“, fragte er in die Kamera. Wenige Monate vor der Wahl war das eine klare Botschaft. Der Film brach den Einnahmerekord des vergangenen Jahres, den Khan selbst mit „Pathaan“ aufgestellt hatte.

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