„In der Wirtschaft wäre das die fristlose Kündigung“: Linke-Landeschef zur Affäre um Potsdams Oberbürgermeister
Die Potsdamer VIP-Ticket-Affäre alarmiert die Landespolitik. Linke-Landeschef Sebastian Walter fordert Oberbürgermeister Schubert auf, die erlangten Vorteile zurückzuzahlen und aufzuklären.
Sebastian Walter, Landesvorsitzender der Partei Die Linke in Brandenburg.
Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) soll in der VIP-Ticket-Affäre die von ihm angenommenen kostenfreien VIP-Eintrittskarten seine Ehefrau sofort nachträglich bezahlen und „endlich für Aufklärung sorgen“. Das forderte der Linke-Landtagsfraktionschef und Landesvorsitzende Sebastian Walter am Mittwoch.
Walter sagte den Potsdamer Neuesten Nachrichten (PNN), er wolle sich eigentlich nicht in Potsdamer Angelegenheiten einmischen. Doch aufgrund der überregionalen Schlagzeilen zu der Affäre, in der die Korruptionsstaatsanwaltschaft Neuruppin wegen Vorteilsnahme gegen den Oberbürgermeister ermittelt, nehme die Brandenburger Landeshauptstadt und auch die Demokratie Schaden, fürchtet Walter: „Das Verhalten von Schubert führt zu Politikverdrossenheit.“
Walter erinnerte an Fälle wie aktuell in Frankreich, wo eine Toilettenfrau nach der Annahme eines Trinkgeldes von einem Euro entlassen worden sein soll. Es gehe bei der Annahme von kostenlosen Tickets für eine Begleitperson durch Schubert auch um eine Gerechtigkeitsfrage, die der Oberbürgermeister bisher nicht beantwortet habe, so Walter. „Er ist am Zuge, diese Tickets zu bezahlen.“
Das Verhalten von Schubert führt zu Politikverdrossenheit.
Sebastian Walter, Landtagsfraktionschef und Landesvorsitzende der Linken
Stattdessen verstecke sich Schubert hinter Institutionen wie der Kommunalaufsicht, bei der er ein Disziplinarverfahren gegen sich angestrengt hatte. Walters vorläufige Bilanz zum Agieren des Potsdamer Oberbürgermeisters: „In der freien Wirtschaft wäre das die fristlose Kündigung.“
Die Äußerung des Linken-Landeschefs wiegt auch vor dem Hintergrund der Lage in der Potsdamer Stadtpolitik schwer. Die Stadtverordneten beraten in ihren Fraktionen, es sie einen Abwahlantrag gegen Schubert stellen. Mindestens die Hälfte der Stadtverordneten müsste diesen mittragen. Ob die Mehrheit zustande kommt, ist noch unklar.
Walters Parteifreunde in der Linken-Fraktion hatten sich am Dienstag zumindest öffentlich gegen eine Abwahl positioniert. Darüber könne erst nach dem Vorliegen eines Ermittlungsergebnisses entschieden werden, hatte Fraktionschef Stefan Wollenberg gesagt. Daher werde die Linke einem Abwahlantrag derzeit nicht zustimmen.
Wollenberg betonte zugleich, bei der „inhaltlichen Kritik“ an der Arbeit des Oberbürgermeisters suche man die Auseinandersetzung in der Sache. „Eine Vermischung mit persönlichen Vorwürfen, wie sie aktuell von einigen Protagonisten betrieben wird, halten wir für nicht zielführend.“ Allerdings ist unklar, ob nicht einzelne Linken-Stadtverordnete für eine Abwahl votieren würden.
In Potsdam tagt am Mittwochabend der Hauptausschuss der Stadtverordneten. Erwartet wird ein Bericht des Ehrenrats der Stadtverordneten, der zuletzt mehr Informationen zum Disziplinarverfahren gegen Schubert angemahnt hatte. Ob sich Schubert noch einmal selbst zu der Affäre einlässt, ist unklar.