RAF-Terroristin Daniela Klette in Berlin festgenommen

raf-terroristin daniela klette in berlin festgenommen

Aufnahme von Daniela Klette aus dem Jahr 1988

Anfang Juni 2016 gab sich der damalige niedersächsische Innenminister Boris Pistorius optimistisch: „Jetzt zieht sich das Netz wirklich enger zusammen.“ Es sei nur „eine Frage der Zeit“, bis die Sicherheitsbehörden die drei früheren RAF-Terroristen Ernst-Volker Staub, Daniela Klette und Burkhard Garweg fassen. Einige Tage später war es dann allerdings wieder das Trio, das zuschlug: Staub, Klette und Garweg überfielen einen Geldtransporter und ein Geschäft nahe Cremlingen und machten dabei dem Vernehmen nach fette Beute.

Die damalige Tat entsprach dem Muster zahlreicher Raubüberfälle des Trios: Der Tatort lag in einem Gewerbegebiet mit gutem Anschluss an eine Autobahn, über die man hernach fliehen konnte. Die Behörden hatten damals sogar einen Hinweis auf das Gewerbegebiet erhalten, brachen die Observation des Orts allerdings wegen knapper Ressourcen kurz vor der Tat ab.

So ging es in den folgenden Jahren weiter: Trotz enormen Ermittlungsaufwands und vielversprechender Spuren konnten die Ermittler das Trio nicht ergreifen, das nach der Selbstauflösung der Roten Armee Fraktion (RAF) im Jahr 1998 weiter im Untergrund verblieb.

Nun aber ist dem Landeskriminalamt Niedersachsen, das den Fall zusammen mit der Staatsanwaltschaft in Verden bearbeitet, ein Durchbruch gelungen: Wie die Staatsanwaltschaft am Dienstagvormittag bestätigte, wurde die mittlerweile 65 Jahre alte Daniela Klette am Montagabend festgenommen. Die Festnahme erfolgte in einem Mehrfamilienhaus im Berliner Stadtteil Kreuzberg. Nach einem Bericht des „Spiegel“ nutzte Klette einen italienischen Pass und wurde über Fingerabdrücke identifiziert. In ihrer Wohnung hätten die Zielfahnder aus Niedersachsen, die von der Berliner Polizei unterstützt wurden, auch Munition gefunden. Am Nachmittag teilten die Ermittler mit, dass Klette in Untersuchungshaft genommen wurde.

Über Klette war am wenigsten bekannt

Mit Klette haben die Behörden die Person des Trios festgenommen, über die öffentlich am wenigsten bekannt war. Von Staub und Garweg konnten die Ermittler im Jahr 2017 immerhin aktuelle Bilder präsentieren, die eine Videokamera in einem Osnabrücker Linienbus aufgezeichnet hatten. Der mittlerweile 69 Jahre alte Staub und der 55 Jahre alte Garweg traten auch bei den Überfällen stärker in Erscheinung als Klette. Als die Behörden erst vor wenigen Tagen abermals einen öffentlichen Fahndungsaufruf starteten, stand ebenfalls einer der beiden Männer im Fokus. Die Staatsanwaltschaft teilte mit, „einer der Gesuchten“ unterhalte „nachweislich weiterhin intensive Kontakte nach Deutschland“. Dabei handelte es sich offenbar um Garweg, der sich weiter mit seiner Familie austauscht.

Offen blieb am Dienstag zunächst, ob die Festnahme von Klette in Berlin mit dem neuerlichen Fahndungsaufruf in Zusammenhang steht, nach dem die Behörden rund 250 Hinweise erhielten. Die Ermittler hatten in ihrem Aufruf ganz besonders Personen angesprochen, die die Gesuchten bei ihrem Leben im Untergrund unterstützen. Genannt wurden Organisationen wie die „Rote Hilfe“ und die Autonome Szene. Auch die hohe Belohnung von 150.000 Euro für Hinweise, die zur Ergreifung der Beschuldigten führen, wurde hervorgehoben. Die Staatsanwaltschaft richtete sich bei der Fahndung aber auch direkt an Staub, Klette und Garweg. Diese könnten sich über ein besonders sicheres System auch selbst an die Behörden wenden und mit diesen über die „Modalitäten eines etwaigen Sich-Stellens oder die Möglichkeit der Kronzeugenregelung besprechen“.

Nach der erfolgreichen Festsetzung von Klette dürfte das Landeskriminalamt versuchen, die erlangten Spuren und Informationen auch für die Fahndung nach Staub und Garweg zu nutzen. Die Behörden gehen schon lange nicht mehr davon aus, dass die früheren RAF-Terroristen ihre zahlreichen Überfälle, die sich mindestens über den Zeitraum von 1999 bis 2016 erstrecken, aus ideologischen Motiven begehen. Es dürfte vor allem um die Finanzierung des komplizierten Lebens im Untergrund gehen. Schon seit Jahren vermuten die Fahnder, dass die Drei auf alte Unterstützerstrukturen des Linksterrorismus im Inland, womöglich auch im Ausland zurückgreifen können.

Das Trio gehörte der letzten, sogenannten dritten Generation der RAF an, der unter anderem die Morde am Deutsche-Bank-Vorstandsvorsitzenden Herrhausen 1989 und Treuhand-Chef Rohwedder 1991 sowie die Sprengung der JVA Weiterstadt 1993 zur Last gelegt werden. Nach ihrer Festnahme wird Daniela Klette von den Ermittlern vermutlich auch zu diesem dunklen Kapitel der deutschen Nachkriegsgeschichte befragt.

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