«Bloodbath Nation»: Paul Auster rechnet mit Heimatland ab

«bloodbath nation»: paul auster rechnet mit heimatland ab

Der US-Autor Paul Auster rechnet in seinem Buch «Bloodbath Nation» mit der Waffengewalt in seinem Heimatland ab.

Paul Auster ist nicht zufrieden mit seinem Heimatland dieser Tage. «Mit der Zeit haben Amerikaner immer weniger in andere Länder geschaut, um sich zu inspirieren, wie man handeln könnte», sagte der Schriftsteller jüngst dem britischen «Guardian». «Wir sind so selbstgefällig. Wir haben solche Überlegenheitsgefühle dem Rest der Welt gegenüber. Selbst die dümmsten Dinge, die wir machen, werden als gut angesehen, weil sie amerikanisch sind – sechsmal unterstrichen.»

Auster rechnet mit Waffengewalt ab

Insbesondere stört und sorgt den 77-Jährigen die Waffengewalt in seinem Land – so sehr, dass er nun ein ganzes Buch lang damit abrechnet: Das bereits Anfang 2023 in den USA erschienene «Bloodbath Nation» ist nun auch auf Deutsch übersetzt und gerade im Rowohlt Verlag herausgekommen. Es sei Austers «sehr persönliche Abrechnung mit der Vergottung des Waffentragens in der amerikanischen Kultur und Gesellschaft», heißt es vom Verlag.

Begleitet wird Austers Text von Bildern seines Schwiegersohns, des US-Fotografen Spencer Ostrander, der Schauplätze bekannter Waffengewalts-Massaker in den USA in Schwarz-Weiß fotografiert hat – Supermärkte, Schulen, religiöse Einrichtungen. Insgesamt kommen jedes Jahr fast 40.000 Menschen in den USA durch Schussverletzungen ums Leben, etwa genau so viele wie bei Autounfällen – diese Information liefert das Buch gleich auf der Titelseite.

Der 1947 in Newark im US-Bundesstaat New Jersey als Sohn jüdischer Einwanderer geborene Auster, der zu den beliebtesten und erfolgreichsten US-Schriftstellern seiner Generation gehört und bereits Romane, Sachbücher, Poesie, Essays und Film-Skripte geschrieben hat, geht das Thema zunächst einmal über seine persönliche Geschichte an – über die Spielzeugpistolen und Western-Filme seiner Kindheit und das lange gehütete Familiengeheimnis, dass seine Großmutter einst seinen Großvater erschoss.

Ein Jahr für 80 Seiten

Dann geht es in dem Essay in die Geschichte des Waffentragens in den USA und bis in die heutige Kultur und Gesellschaft. «Ich habe ein Jahr gebraucht, um diese 80 Seiten zu schreiben», sagt Auster. «Ich wollte es so prägnant und präzise machen, wie ich konnte, damit es sich wie ein altmodisches politisches Pamphlet anfühlt.»

Der Autor habe in dem Buch allerdings zu wenig Lösungsvorschläge angeboten, beklagte der «Guardian» in einer Rezension. «Auster, einer der besten Geschichtenerzähler der englischen Sprache, ist ein informierter und aufgeklärter Begleiter, während er durch sein Thema wandert. Aber sein Scheitern daran, ein Ziel vorzugeben oder an einem zu erreichen, lässt den Leser verloren und mit dem gleichen Gefühl der Hoffnungslosigkeit zurück, mit dem er gestartet ist.»

In den gescholtenen USA selbst fand das Buch keine große Beachtung – und löste schon gar keine Diskussionen aus, was Auster als «deprimierend» bezeichnet. «Vielleicht haben die Menschen das Thema einfach satt. Es gibt einfach keine Debatte. Niemand bis auf einige wenige Politiker traut sich, das aufzugreifen. Und das wird im Wahljahr sicher weitergehen.»

In Europa populärer als im Heimatland

Erst vor wenigen Monaten hatte der vielfach preisgekrönte Auster, der mit Werken wie der «New York-Trilogie», «Mond über Manhattan», «Mr. Vertigo» oder «Das Buch der Illusionen» zum gefeierten Bestsellerautor wurde und in Europa noch populärer ist als in seinem Heimatland, noch ein ganz anderes Buch veröffentlicht – «Baumgartner», die nostalgisch-witzige Geschichte des alternden Philosophie-Professors Sy Baumgartner.

Inzwischen aber kämpft Auster gegen den Krebs. «Die Behandlungen sind unerbittlich und ich habe nicht wirklich mehr gearbeitet», sagt der im New Yorker Stadtteil Brooklyn lebende Auster, der mit der Schriftstellerin Siri Hustvedt verheiratet ist und Tochter Sophie hat, die als Musikerin erfolgreich ist. «Es fühlt sich so an, als ob meine Gesundheit so prekär ist, dass dies das letzte sein könnte, was ich je geschrieben habe. Aber wenn das das Ende ist, dann wäre das Verlassen inmitten dieser menschlichen Liebenswürdigkeit, die mich als Schriftsteller in meinem engen Freundeskreis umgibt – dann wäre es das wert gewesen.»

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