Die schlingernde Calida Group

So wollen Präsident Felix Sulzberger und ­Familienvertreter Allan Kellenberger mehr Ruhe in den Wäschehersteller bringen und Vertrauen zurückgewinnen.

Beim Unterwäschehersteller Calida ging es in diesem Jahr drunter und drüber. Vieles kam zusammen: gescheiterte Verkaufspläne der Ankeraktionäre, der Austausch des Managements, hohe Wertberichtigungen und eine über den Haufen geworfene Expansionsstrategie. Die Folge: Verunsicherung bei den Aktionären und in der Belegschaft. Jetzt soll der Mann Ruhe in den Betrieb bringen, der sich einst mit der Besitzerfamilie einen Machtkampf lieferte und diesen verlor.

Felix Sulzberger war zwischen 2001 und 2016 CEO von Calida. Doch seine forsche Expansionsstrategie im Geschäft mit Outdoor-Bekleidung war den Nachkommen der Firmengründer seinerzeit nicht mehr recht geheuer. Die Familie Kellenberger als Ankeraktionär durchkreuzte Sulzbergers Ambitionen, zum Präsidenten des Verwaltungsrats aufzusteigen. Nun herrscht wieder Frieden. Im Sommer haben Kellenbergers den 72-jährigen Felix Sulzberger überraschend zurückgeholt. Er, der einst auf Wachstum durch Zukäufe setzte, muss jetzt genau das Gegenteil machen: Als Präsident und Interims-CEO begräbt er die ehrgeizigen Expansionspläne der abgetretenen Unternehmensspitze und konzentriert sich auf die bestehenden Marken der Calida Group: Calida mit Unterwäsche und Pyjamas im mittleren Preissegment und Aubade mit edlen Dessous.

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Die Turbulenzen um Calida fallen in eine Zeit, in der die ganze Textilbranche mit Schwierigkeiten kämpft. Die Konsumentenstimmung in wichtigen Märkten wie Deutschland und Frankreich ist stark getrübt. Der neue Calida-Superchef bleibt dennoch optimistisch. «Wir spüren die gedämpfte Konsumentenstimmung weniger als befürchtet. Wir erzielen überraschend gute Ergebnisse», sagte Sulzberger im Gespräch mit BILANZ Anfang November. «Die Marken Calida und Aubade halten sich trotz des schwierigen Marktumfeldes gut.»

Endlich wieder positive Nachrichten. Zuvor mussten die Anleger zahlreiche Überraschungen und negative Meldungen verdauen. Dabei sah Anfang März, bei der Ankündigung der Jahreszahlen für 2022, von aussen alles noch rosig aus. Ein Rekordergebnis, eine um 15 Prozent gesteigerte Dividende und ein starkes Wachstum im Onlinegeschäft konnte die Geschäftsleitung unter CEO Timo Schmidt-Eisenhart damals vermelden. Hinter den Kulissen brodelte es allerdings bereits. Der Grund: die Pläne der Familie Kellenberger, ihr Aktienpaket von 33,5 Prozent zu verkaufen. Ihre Absichten machte die Familie bereits im Juli 2022 öffentlich. Es fehle innerhalb der Familie eine Nachfolge «mit der notwendigen Expertise» für den 75-jährigen Erich Kellenberger, der aus der zweiten Generation der Gründerfamilie stammt, lautete die Begründung.

Management gegen Familie

Calida-CEO Schmidt-Eisenhart und Präsident Hans-Kristian Hoejsgaard wollten Calida als «unabhängiges börsennotiertes Unternehmen» weiterführen, wie sie in einer Medienmitteilung betonten. Sie strebten daher eine Lösung mit mehreren Käufern für das Paket an. Mit einem solchen diversifizierten Aktionariat hätten sie gute Chancen gehabt, ihre Strategie weiterzuverfolgen.

Schmidt-Eisenhart war aus einem Umfeld mit einer ausgeprägten US-Firmenkultur zu Calida gekommen. Der in Basel geborene Deutsche startete seine Karriere beim amerikanischen Sportriesen Nike und hatte später verschiedene Managementpositionen beim US-Unternehmen VF inne, darunter bei Timberland und The North Face. Sein Ziel war es, Calida mit Zukäufen voranzubringen. Ein neuer Grossaktionär hatte dem Vorhaben womöglich einen Riegel geschoben.

Die Familie bekam derweil bereits Interessenbekundungen für ihr gesamtes Aktienpaket. Mehrere Quellen bestätigen, dass es Gespräche mit Vertretern des Wäscheherstellers Delta Galil gab. Dem israelischen Unternehmen gehört unter anderem die Unterwäschemarke Schiesser. Wie hoch die Angebote waren, darüber erzählen verschiedene an der Sache beteiligte Personen Unterschiedliches. Jedenfalls kam man bei den Verhandlungen nicht über die erste Phase eines unverbindlichen indikativen Kaufangebots hinaus. Delta Galil zog sich im Februar zurück. Den Grund dafür sehen Vertreter der Hauptaktionäre am unkooperativen Verhalten der damaligen Führungsriege. Von anderer Seite heisst es, der gebotene Preis sei zu niedrig gewesen.

Zwischen der Familie Kellenberger auf der einen Seite und CEO Schmidt-Eisenhart und Präsident Hoejsgaard auf der anderen war es bei der Bekanntgabe der Jahreszahlen Anfang März mit der Harmonie längst vorbei. Noch im selben Monat kam es endgültig zum Bruch. Timo Schmidt-Eisenhart und Hans-Kristian Hoejsgaard gaben Ende März ihren Rücktritt bekannt. Schmidt-Eisenhart war erst seit rund zwei Jahren an der Spitze. Die Familie machte gleichzeitig eine Kehrtwende. Sie zog ihr Verkaufsvorhaben zurück und zauberte mit Erich Kellenbergers Sohn Allan Kellenberger doch noch eine Nachfolgeregelung aus dem Hut. Allan wurde für den Verwaltungsratssitz seines Vaters vorgeschlagen und Felix Sulzberger für das Amt des Präsidenten.

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Negative News in Häppchen

Man stehe hinter der Strategie «Accelerate 2026» der abtretenden Unternehmensspitze, hiess es damals noch von der Familie. Doch das hielt nicht lange. Die negativen Neuigkeiten kamen ab dann scheibchenweise. Im Juni gab es den ersten Dämpfer: Der 2022 übernommene Onlinehändler Erlich Textil – seinerzeit als «Strategieumsetzung von ‹Accelerate 2026›» angekündigt – verursachte Wertberichtigungen von rund 25 Millionen Franken und wurde zum Verkauf gestellt. Für die US-Lingeriemarke Cosabella, die zweite Akquisition von Schmidt-Eisenhart, sprach Calida in der Medienmitteilung vom Juni noch von einer erfreulichen Entwicklung, obwohl der Umsatz unter den mittelfristigen Akquisitionszielen liege. Drei Monate später kam die nächste Hiobsbotschaft: Für Cosabella seien Wertberichtigungen von 39 bis 49 Millionen Franken nötig. Dabei hatte der neue starke Mann an der Spitze, Felix Sulzberger, zuvor in einem Interview mit der «Luzerner Zeitung» im Juni noch gesagt: «Der einzige Problemfall war Erlich, und dieser ist jetzt erledigt.»

Ende des Covid-Booms

Im Nachhinein räumt Sulzberger gegenüber BILANZ ein: «Die Analyse der Situation bei Cosabella dauerte etwas länger. Im Sommer waren wir noch nicht so weit.» Dass die Abschreiber zwei Unternehmen trafen, die auf den Onlinehandel spezialisiert sind, ist kein Zufall. Das Onlinegeschäft boomte während Covid. Doch nach dem Abflauen der Pandemie mussten auch die einst euphorischen Erwartungen nach unten korrigiert werden. «Die Annahmen zur Geschäftsentwicklung, die man bei der Übernahme von Cosabella und Erlich Textil getroffen hatte, waren viel zu optimistisch», sagt Sulzberger. «Während Covid war man in unserer Branche etwas verwöhnt. Die Umsätze kamen einem quasi zugeflogen.» Nun muss der Erfolg wieder hart erarbeitet werden. Von der Strategie der Vorgänger bleibt nicht mehr viel übrig. «Vor 2026 denken wir nicht an Übernahmen», sagt Sulzberger.

Festhalten will er am Ziel einer Betriebsgewinnmarge von zehn Prozent bis 2026. Das soll mit der Stärkung der wichtigsten Marken Calida und Aubade gelingen. Sie gerieten zuletzt offenbar etwas aus dem Fokus. «Die Kernmarken hat man in den letzten Jahren etwas vernachlässigt. Die müssen gepflegt werden», so Sulzberger. Es gelte, die Planungs- und Beschaffungsstrategie zu verbessern und die Vertriebskanäle zu optimieren. «Wir wollen auch die Internationalisierung vorantreiben.» Am US-Unternehmen Cosabella will das neue Management festhalten. Und da ist auch noch ein Exote im Portfolio: Lafuma Mobilier passt nicht wirklich zum Unternehmen. Der Anbieter von Outdoor-Möbeln erlebte während der Covid-Pandemie ebenfalls ein Hoch. In der Möbelindustrie herrscht nach der Party nun aber Katerstimmung. Die Kundschaft hat sich eingedeckt oder schiebt Käufe angesichts der unsicheren Wirtschaftslage hinaus. Den besten Zeitpunkt für eine Devestition hat Calida damit verpasst.

Nach einem Jahr der Turbulenzen will Sulzberger nun mehr Ruhe ins Unternehmen bringen. Damit ihm das gelingt, ist er auch auf die Mithilfe der Ankeraktionäre angewiesen. Der neue Vertreter der Familie im Verwaltungsrat, Allan Kellenberger, will gegenüber BILANZ zwar keinen genaueren Zeithorizont bezüglich des Festhaltens an der Beteiligung nennen. «Wir bleiben mittelfristig bei Calida engagiert. Alle Verkaufsverhandlungen sind auf Eis gelegt», betont der 41-Jährige. Erstmals nennt die Familie aber eine Alternative zum kompletten Ausstieg: «Ich kann mir gut vorstellen, dass wir als Familie auch langfristig in Calida investiert bleiben. Dies allenfalls mit einem kleineren Anteil als heute. Voraussetzung dafür ist ein vertrauensvolles Verhältnis mit dem Verwaltungsrat und dem Management.»

Im Moment stimmt die Chemie. Die Zusammenarbeit mit Sulzberger und dem Managementteam funktioniere sehr gut, sagt Kellenberger. Doch Sulzberger nennt für seine Zeit bei Calida bereits ein Ablaufdatum: «Mein persönlicher Zeithorizont bei Calida sind drei Jahre.» Die Suche nach einem neuen CEO ist bereits im Gang. Man sei dabei aber nicht in Eile, sagt Allan Kellenberger.

Der Präsident muss liefern

Kandidatinnen und Kandidaten dürften für den Job nicht unbedingt Schlange stehen. «In dieser Situation ist es sicher nicht einfach, einen neuen CEO zu finden», sagt Gian Marco Werro, Analyst bei der Zürcher Kantonalbank. Er blickt kritisch auf die vergangenen Monate zurück. «Es ging in diesem Jahr viel Vertrauen bei den Anlegern verloren. Dieses wiederherzustellen, ist ein Teil der Aufgabe des Managements und des Verwaltungsrats.»

Nicht viel anders schätzt das Verwaltungsratpräsident und Interims-CEO Felix Sulzberger ein: «Jetzt müssen wir erst mal liefern: das heisst, die etablierten Marken noch besser aufstellen und Cosabella auf Kurs bringen.»

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