Ein Drama, das bis heute Fragen aufwirft

Vor 20 Jahren steht Wladimir Klitschko gegen Lamon Brewster kurz davor, den WBO-Titel zu gewinnen. Doch ein plötzlicher und rätselhafter Einbruch in der fünften Runde führt zur Niederlage des Ukrainers und wirft bis heute ungeklärte Fragen auf.

ein drama, das bis heute fragen aufwirft

Ein Drama, das bis heute Fragen aufwirft

Während seiner glanzvollen Profi-Karriere verlor Wladimir Klitschko lediglich fünf seiner 69 Kämpfe. Die wohl brisanteste Niederlage erlitt der Ukrainer vor 20 Jahren, am 10. April 2004, gegen den US-Amerikaner Lamon Brewster.

Die Ausgangslage vor dem in Las Vegas ausgetragenen Duell um den vakanten WBO-Titel war eindeutig: Der damals 28-jährige Klitschko befand sich in bester Form und startete den nächsten Anlauf auf den Box-Thron. Sein Gegner, der 30-jährige Brewster, hatte zwar Erfolg vorzuweisen, galt jedoch als technisch limitierter. Es deutete alles auf einen kurzen Kampf hin.

In den ersten Runden bestätigten sich die Erwartungen, Klitschko wurde seiner Favoritenrolle vollkommen gerecht und diktierte mit seiner Führhand das Geschehen. Bereits nach der zweiten Runde hatte „Dr. Steelhammer“ 45 Jabs gelandet, während Brewster insgesamt nur fünf Treffer erzielen konnte.

Klitschko bricht in Runde fünf ein

Trotz der Überlegenheit seines Gegners konnte sich der US-Amerikaner irgendwie in die fünfte Runde retten – und das, obwohl er in der vierten Runde bereits acht Sekunden am Boden gelegen hatte.

In der fünften Runde wendete sich das Blatt: Klitschko brach plötzlich konditionell komplett ein, atmete schwerer und war von nun an ein leichtes Ziel für Brewster. Der US-Amerikaner landete einen Treffer nach dem anderen. Die Zuschauer im Mandalay Bay Resort & Casino hielt es vor Staunen nicht mehr auf ihren Sitzen.

Klitschko hielt bis zum Gong durch, doch am Ende der Runde stürzte der deutlich angeschlagene Favorit. Auf die Worte von Ringrichter Robert Byrd folgte keine Reaktion des Ukrainers. Der Kampf wurde abgebrochen.

Urin- und Blutprobe verschwunden: FBI ermittelt

Der Fight war damit jedoch keineswegs abgeschlossen. Etwa einen Monat später kündigte Klitschko über seinen Anwalt an, die Niederlage von den Behörden untersuchen lassen zu wollen. Grund dafür war die Tatsache, dass sowohl die Urin- als auch die Blutprobe von Klitschko nach dem Kampf auf rätselhafte Weise verschwunden waren. Die Umstände konnten trotz Ermittlungen des FBI nie geklärt werden.

Schon nach dem Kampf hatte Klitschko zu Protokoll gebeten, dass er sich wie „unter Drogen gefühlt“ und „Beine wie Gummi gehabt“ habe. Spekulationen darüber, ob er an jenem Tag betäubt oder vergiftet wurde, halten sich bis heute.

Zusätzlich sorgten Entwicklungen auf dem Wettmarkt für einen komischen Beigeschmack: Die Quote auf einen Sieg von Brewster war wenige Stunden vor dem Kampf von 11:1 auf 3,5:1 gefallen – ein Indiz dafür, dass ein oder mehrere Wettende viel Geld auf einen Sieg des Außenseiters gesetzt hatten. Zufall?

Brewster: „War einfach der Bessere an diesem Abend“

„Ich bin überzeugt, dass Wladimir in den ersten Runden zu viel Gas gegeben hat und dann einfach müde war. Mein Wille und die vielen Körpertreffer haben ihm die Energie geraubt. Ich war einfach der Bessere an diesem Abend und hatte das größere Herz“, blickte der siegreiche Brewster einige Zeit später auf den Kampf zurück.

Klitschko bedauert retrospektiv den Schatten, den die Spekulationen auf Brewsters Erfolg warfen. „Er hat verdient gewonnen. Auch wenn ich bis heute den Grund für meinen Einbruch nicht weiß und ich so etwas weder davor noch danach erlebt habe“, sagte der Ukrainer.

Immerhin markierte die Niederlage im April 2004 einen positiven Wendepunkt in Klitschkos Karriere: Im Anschluss verlor er mehr als 11 Jahre lang keinen einzigen Kampf.

Klitschko feiert dominanten Sieg im Rückkampf

Klitschko ist sich sicher, dass er das nicht geschafft hätte, wenn es das Duell mit Brewster nicht gegeben hätte. „Wenn ich heute die Chance hätte, mein Leben zurückzuspulen und diese Niederlage auszuradieren, ich würde es nicht tun“, erklärte er einst.

Im Sommer 2007 standen sich Klitschko und der US-Amerikaner ein zweites Mal im Ring gegenüber. Dieses Mal war Brewster komplett chancenlos und musste nach der sechsten Runde aufgeben. Für Klitschko schloss sich damit ein Kreis.

Warum er jedoch den scheinbar sicheren Sieg im ersten Fight 2004 noch aus der Hand gab, wird wohl für immer ein ungeklärtes Rätsel bleiben.

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