Houellebecqs „Vernichten“: Kein Stück für Wiesbaden

houellebecqs „vernichten“: kein stück für wiesbaden

Tod: Paul Raison stirbt.

Dass in Michel Houellebecqs Roman „Vernichten“ der Tod eine Hauptrolle spielt, sieht man in Bernd Mottls Inszenierung auf den ersten Blick. Friedrich Eggerts Bühne im Kleinen Haus des Staatstheaters Wiesbaden besteht links aus nichts als einer Edelstahlfront mit Schubladen, ein Leichenschauhaus, und gleich in der ersten Szene liegt dort ein Toter. Zweieinhalb Stunden später wird sich dort der Protagonist des Romans, Paul Raison, auf eine Bahre legen, einverstanden mit dem baldigen Ende.

Als Houellebecqs Roman 2022 erschien, waren viele Kritiker erstaunt über die für seine Verhältnisse positive Haltung zu Ehe und konventioneller Liebe, Menschenfreundlichkeit und Religion. Einig war man sich darin, dass der in der deutschen Übersetzung mehr als 600 Seiten starke Roman zu viele Themen nebeneinander herlaufen lasse, viele Figuren klischeehaft blieben, viele Motive nur angerissen und dann vom Autor vergessen worden seien.

Die drei Haupt-Erzählstränge des Romans werden auch in Wiesbaden brav abgearbeitet. Da ist zunächst der angedeutete Thriller um Deepfake-Videos von Cyberterroristen, die dann aber doch ein reales Massaker anrichten, indem sie ein Boot mit Flüchtlingen torpedieren. In kurzen Szenen zwischen Paul (Hanno Friedrich) und seinem Chef, dem Finanzminister Martin-Renaud (Paul Simon), geht es im ersten Teil immer wieder um diese rätselhaften Attacken, nach der Pause ist nie mehr davon die Rede. Ebenso spielt auch der zweite Erzählstrang, die böse Polit-Satire um die Präsidentschaftswahl und die Wählermanipulation durch aasigen Marketing-Journalismus, im zweiten Teil keine Rolle mehr. Nun wird das Sterben Pauls fokussiert, auch der Selbstmord seines Bruders Aurélien (Philipp Steinheuser) sowie die Wiederannäherung an seine Frau.

Holzschnittartige Frauenfiguren

In gewisser Weise wird der inszenierten Bühnenfassung von Sophia Aurich ihre Werktreue zum Verhängnis. Indem sie die Inkonsequenzen und womöglich beabsichtigten falschen Fährten des Romans nacherzählt, entsteht auf der Bühne ein seltsames Sammelsurium. Mal geht es um Politik und ihre zynischen Protagonisten, mal in typisch Houellebecq’scher Manier um eine leidenschaftslose Zweckehe. Wie fast immer kommt eine Prostituierte vor, hier allerdings als köstliche kleine Burleske, denn sie erweist sich als Pauls Nichte. All dies wird mit bissigem Humor erzählt. Besonders Paul, der sich immer wieder direkt an das Publikum wendet, fungiert als Sprachrohr des Autors mit seinem abgeklärt-eisigen Blick auf die französische Gesellschaft. Ein weiteres Thema ist der lieblose Umgang mit den Alten, wofür einige Szenen um den nach einem Schlaganfall in einem Pflegeheim liegenden Vater Pauls stehen. Am besten kommt Pauls aufopferungsvolle, tief in ihrem katholischen Glauben lebende Schwester Cécile (Evelyn Faber) weg, die viele der Zynismen Pauls mit schlichter Menschlichkeit kontert.

Leider gelingt es auch gestandenen Darstellerinnen wie Faber und vor allem Sybille Weiser als Pauls Ehefrau Prudence nicht, das Holzschnittartige der Frauenfiguren vergessen zu machen. Weiser muss anfangs ständig affektiert herumtanzen und dümmliche Esoterik-Sätze sprechen. Erst zum Ende hin, als Paul unheilbar an Kieferkrebs erkrankt ist und Lebensfreude und die Liebe zu seiner Frau neu entdeckt, darf sie als liebende Partnerin etwas mehr Kontur zeigen. Eine Funktionsfigur allerdings bleibt sie durchweg, wie nahezu das gesamte Ensemble, das in kurzen Szenen die vielen Nebenfiguren des Romans verkörpert.

Was man sich in deutschen Theatern bei Klassikern immer traut, hätte auch dieser Roman-Theatralisierung gutgetan: das Werk gegen den Autor zu inszenieren, sich konsequent auf einen interessanten Erzählstrang zu beschränken. Bernd Mottl hat sich nicht entscheiden können und ein wenig Satire, ein wenig Gesellschaftsstudie, einige Spurenelemente Polit-Thriller und schließlich, dies durchaus bewegend, das Melodram eines sterbenden Mannes inszeniert. Von allem ein wenig überzeugt aber als Ganzes nicht.

Vernichten, Staatstheater Wiesbaden, nächste Aufführung 9. Mai, 19.30 Uhr.

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