Edeka streikt in Berlin: Die neue Lust am großen Radau

edeka streikt in berlin: die neue lust am großen radau

Sehr großes Angebot: In Berlin gibt es 1078 Supermärkte.

Edeka streikt – das ist für viele in Berlin die wichtigste Alltagsnachricht des Tages. Berlin ist zwar ein Mekka des Einzelhandels mit vielen Einkaufscentern und Läden ohne Ende. Ein Branchenführer im Internet listet ganze 1078 Supermärkte in der Hauptstadt auf. Lange Reihen der allseits bekannten Läden von Rewe, Netto, Lidl über Norma, Aldi, NP, bis Kaufland, Nah-und-gut, Hit oder Penny. Und eben auch 172 Edeka-Filialen. Dazu kommen eher unbekanntere Ketten wie Bolu, Eurogiga oder Go Asia. Trotz dieser Fülle wird der Edeka-Streik die Berlinerinnen und Berliner eine Weile beschäftigen, denn es soll drei Tage lang gestreikt werden, bis einschließlich Montag.

Es ist wieder solch ein Brachial-Ding, wie neulich bei der Bahn, als auch tagelang gestreikt wurde. Die Laien reiben sich die Augen: Geht es nicht auch etwas kleiner? Immer gleich Großalarm. Bei der Bahn wurden Maximalforderungen gestellt und Verhandlungen abgelehnt, beim Handel wird immerhin seit dem Sommer verhandelt, ohne Ergebnis. Deshalb nun drei Tage Streik. Eine Kampfansage.

Jene, die protestieren, fühlen sich ausgebeutet und ausgelaugt, schlecht bezahlt und schlecht behandelt. Oder, wie es heute heißt: Sie fühlen sich nicht wertgeschätzt. So weit, so berechtigt.

Aber eine Kollegin beklagt zu Recht eine Art Infantilisierung des Protestes. Oft werden gleich die ganz großen Geschütze aufgefahren, es gibt keine kurzen symbolischen Aktionen, sondern die Bauern wollen gleich das ganze Land lahmlegen und die Lokführer tun es. Die Klima-Kleber rufen zu „Massenblockaden“ – und die Gegner der endgültigen Totalkommerzialisierung des Fußballs werfen halbe Halbzeiten lang Tennisbälle aufs Spielfeld. Es geht also gern auch mal um die Rettung der Welt oder des wahren Sports.

Das klingt gut. Aber hilft das? Wenn Edeka streikt, rennen alle zu den anderen. Niemand wird hungern. Es wird also in Berlin keine echte Notlage geben, nur Stress. Die Verkäuferinnen bei der Edeka-Konkurrenz ackern dann umso mehr.

Wenn alle Verkäuferinnen am Ende mehr Geld bekommen, wäre das gut, jedenfalls für sie. Dann müssten nur alle anderen auch noch streiken, damit sie mehr Geld bekommen, um die Produkte, die dann teurer werden, auch bezahlen zu können.

Wenn aber an allen möglichen Ecken gestreikt wird, verpufft die Wirkung, weil niemand mehr hinhört. Und dann streiken alle immer länger. Oder die Radikalen rufen wieder nach einem Generalstreik. Zwar ist diese Form des politischen Streiks hierzulande vom Gesetz her nicht erlaubt. Aber es klingt so schön plakativ nach ganz großem Geschütz.

So, jetzt muss ich aber los: Ich muss einkaufen.

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