«Hinter seinem Kopf war eine meterlange Blutspur»
Im Magazin der Basler Muttenzerkurve «Schreyhals» wurde ein Text veröffentlicht, der Fangewalt stark verherrlicht. Ein Experte ordnet ein.
Die Muttenzerkurve verteilte am Sonntag vor der Partie zwischen dem FC Basel und dem FC Luzern ihr Magazin «Schreyhals». Die kleine Zeitung berichtet von Geschehnissen innerhalb und rund um die aktive Fanszene des FCB. Den «Schreyhals» gibt es seit rund 20 Jahren.
Wer die neuste Ausgabe liest, gerät auf Seite elf ins Stocken. Dort ist ein Text abgedruckt, der Gewalt zwischen Fussballfans stark verherrlicht. Es wird von einem Rencontre zwischen FCB- und YB-Hooligans berichtet aus Sicht eines Baslers mit dem Pseudonym «Mamme Klingedaal.»
«Ein wunderbar mächtiges Gefühl»
Darin steht: «Im Vollsprint erwischte meine Faust einen Wangenknochen unter einer schwarz-gelben Skimaske. Er fiel sofort zu Boden. Meine Handknochen: stabil. Ein wunderbar mächtiges Gefühl.»
Doch damit nicht genug. «Einer lag bewusstlos vor einem Hauseingang, hinter seinem Kopf war eine meterlange Spritzspur aus Blut zu sehen. Davor ein Basler, ‹eine vo uns›, stehend, mit vollgeblutetem Schuh. Stolz erzählte er, wie sein Fuss schmerzte, weil er dem Berner mit grosser Wucht in den Kopf getreten habe.»
«Man ist wie auf Droge»
Solche Szenen sind in der Schweiz nichts Neues. Immer wieder kommt es im Rahmen von Fussballspielen zu Ausschreitungen. Erst kürzlich sorgte ein Pyro-Wurf in Winterthur für grosse Schlagzeilen. Dirk Baier vom Institut für Delinquenz und Kriminalprävention an der ZHAW erklärt, was der Reiz bei solchen Taten ist. «Gewalt ist etwas, das mit Adrenalinausschüttung verbunden ist. Man erlebt sich dadurch in einem anderen körperlichen Zustand, was reizvoll ist – man ist ein wenig wie auf Droge.»
Dazu könne man sich durch Gewalt beweisen. Das heisst, man bekomme Anerkennung durch Dritte. Durch das Besiegen eines Gegners «spüre man sich selbst und sei erfolgreich», fügt Baier an.
Die Zugehörigkeit einer Gruppe spielt eine grosse Rolle beim Thema Fangewalt.
Die Schilderung aus dem «Schreyhals» scheint ihm sehr authentisch. «Ich finde es zugleich schwierig, dass im Fanmagazin eine solch gewaltverherrlichende Story abgedruckt wird. Eine Distanzierung von dem Geschriebenen wäre wichtig», so der Experte.
FC Basel wusste von nichts
Der FCB hat sich zu diesem fragwürdigen Inhalt im Magazin geäussert. Gegenüber «Prime News» sagt FCB-Mediensprecher Simon Walter: «Der Inhalt deckt sich nicht mit den Werten, für welche der Club steht.» Der FC Basel sei jeweils informiert, wann der «Schreyhals» vor dem Stadion verteilt werde.
Den Schreyhals ist das Sprachrohr der Muttenzerkurve.
Über den Inhalt des Magazins wisse der Verein vorab jedoch nichts. Eine solche Grenzüberschreitung sei bis jetzt noch nie vorgekommen. Der «Schreyhals» wurde bisher als konstruktiver Beitrag der Fanszene verstanden. Weiter sagt Walter: «Wir haben im Hinblick auf künftige Ausgaben des «Schreyhals» das Gespräch mit der Muttenzerkurve gesucht.»