Heinz Hoenig ohne Krankenversicherung: Ist der Spendenaufruf wirklich „dreist“?
Heinz Hoenig und seine Frau Annika
Mehr als 32.000 Euro sind bis Sonntagvormittag schon zusammengekommen auf der Spendenseite von Gofundme für Heinz Hoenig. Wie berichtet liegt der aus Filmen wie „Das Boot“ bekannte deutsche Schauspieler in einem Berliner Krankenhaus. Es soll nicht gut stehen um den 72-Jährigen, er soll sogar ins Koma versetzt worden sein.
Im Spendenaufruf, organisiert von Ralph Siegels Künstleragentur Siegelring, heißt es: „Aufgrund des aktuell kritischen Gesundheitszustands von Heinz Hoenig, der mit einem akuten Herzproblem auf der Intensivstation einer Berliner Klinik liegt, möchten wir um Hilfe bitten!“
Um die Kosten seiner bevorstehenden Herz-OP zu decken, sei die Familie Hoenig „auf jede Unterstützung angewiesen, da Heinz über keine Krankenversicherung verfügt.
Wir bedanken uns im Namen von Heinz & Annika Hoenig bei jedem Einzelnen, der die Familie Hoenig in dieser schweren Zeit unterstützt!“
Der Spendenaufruf ist mehrfach verändert worden, so wurden der Text verlängert und das Spendenziel von anfangs noch 50.000 auf mittlerweile 75.000 Euro heraufgesetzt.
Die im Landkreis München ansässige Agentur steht unter der Führung des ESC-Komponisten Ralph Siegel, dessen Frau Laura und der PR- und Eventmanagerin Birgit Fischer-Höper. Die Firma managt nicht nur Heinz Hoenig, sondern auch dessen 39 Jahre alte Frau Annika Hoenig. Diese stehe seit mehr als 15 Jahren auf der Bühne und habe in zahlreichen Theater- und Musicalproduktionen mitgewirkt, heißt es auf der Seite.
„Begonnen im Harzer Bergtheater in Thale hat sie dann 2015 ein Theater gegründet, das Ensemble geleitet und eigene Bühnenstücke produziert und inszeniert. Seit 2019 steht sie auch gemeinsam mit ihrem Ehemann Heinz Hoenig als ‚The Imitates‘ auf der Showbühne und imitiert verschiedene Interpreten, u.a. ihr großes Idol Tina Turner.“
Mit seiner 33 Jahre jüngeren Frau zog es auch den gebürtigen Bayer Heinz Hoenig vor Jahren nach Blankenburg im Harz in Sachsen-Anhalt. Er wurde vor wenigen Jahren erneut Vater. Das Paar hat zwei kleine Kinder.
Die Familie brauche „in dieser herausfordernden Zeit“ dringend Ruhe und Privatsphäre, hieß es von Hoenigs Management, das keine weiteren Angaben zum Gesundheitszustand machte. Für das Musical „Ein bisschen Frieden“ von Komponist Ralph Siegel falle er aus. Zuletzt hatte Heinz Hoenig noch im RTL-Dschungelcamp als Kandidat mitgemacht.
Zu den 1100 Spendern auf der Gofundme-Seite zählen auch bekannte Namen wie der Nachrichtensprecher Jan Hofer, der 200 Euro überwiesen hat. Besonders großzügig soll sich laut Bild-Informationen Til Schweiger erweisen wollen, der seinem alten Weggefährten Heinz Hoenig mit einer Summe in Höhe von 20.000 Euro helfen möchte.
Doch viele Fans des Schauspielers haben auch Fragen, wie sich bei Instagram zeigt, wo die Agentur Siegelring den Spendenaufruf ebenfalls bewirbt. Da wird die Frage aufgeworfen, ob es in Deutschland überhaupt möglich sei, keine Krankenversicherung zu haben. Oder wo seine Gage vom Dschungelcamp geblieben sei, die auf 150.000 Euro geschätzt wird. Der Politiker Lutz Müller, Kandidat der Familien-Partei Deutschlands für die Europawahl 2024, twitterte, er empfinde das Betteln um Spenden als dreist.
Zur Frage der Krankenversicherung jedenfalls ist auf der Seite des Bundesgesundheitsministeriums zu erfahren, dass die gesetzliche Krankenversicherung „für fast 90 Prozent der Bevölkerung verlässlichen Gesundheitsschutz“ biete. Mehr als 70 Millionen Bürgerinnen und Bürger seien hier versichert.
In Sachen Versicherungspflicht heißt es: „Bei einer schweren Erkrankung können sehr schnell hohe Behandlungskosten anfallen, die das Einkommen und das Vermögen der Betroffenen übersteigen.“ In einem modernen Sozialstaat solle jedoch kein Bürger ohne Schutz im Krankheitsfall sein. „Deshalb besteht für alle Bürgerinnen und Bürger mit Wohnsitz in Deutschland die Verpflichtung zum Abschluss einer Krankenversicherung. Wer keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall hat, ist daher versicherungspflichtig in der GKV, wenn er zuletzt gesetzlich krankenversichert war oder dem gesetzlichen System zuzuordnen ist. Andernfalls hat er Zugang zur PKV und ist auch zum Abschluss einer Versicherung verpflichtet.“
Im Falle von Künstlern wie Heinz Hoenig, die in der Regel selbstständig sind, greift die Künstlersozialkasse (KSK), die für die Sozialversicherung von selbstständigen Künstlern und Publizisten zuständig ist. Wie Arbeitnehmer zahlen sie nur etwa die Hälfte der Versicherungsbeiträge; der andere Beitragsanteil wird über die Künstlersozialversicherung finanziert. Die hierfür erforderlichen Mittel werden aus einem Zuschuss des Bundes und aus einer Abgabe der Unternehmen finanziert, die künstlerische und publizistische Leistungen verwerten.
Laut KSK sieht das Gesetz zwei Möglichkeiten für Künstler vor, sich von der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht befreien zu lassen: für Berufsanfänger und für Höherverdienende.
Da es keine flächendeckenden Kontrollen gibt, rutschen aber trotz Versicherungspflicht immer wieder Leute durch das System. Laut Statistischem Bundesamt waren im Jahr 2019 in Deutschland hochgerechnet rund 61.000 Personen nicht krankenversichert und besaßen auch keinen sonstigen Anspruch auf Krankenversorgung.
Die Verbraucherzentrale warnt für solche Fälle: „Wenn Sie nicht versichert sind, können Sie bei Krankheit keine ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen oder müssen die Kosten für eine ärztliche Behandlung selbst tragen.“ Der Fall also, der allem Anschein nach nun bei Heinz Hoenig eingetreten ist.
Dass der Schauspieler, der in den Mehrteilern von Regisseur Dieter Wedel in den Neunzigerjahren große Erfolge feierte, finanzielle Probleme hat, ist ein offenes Geheimnis. Auf dem Onlineportal „Insolvenzbekanntmachungen“ ist einsehbar, dass am 21. Juli 2021 beim Amtsgericht Magdeburg unter dem Aktenzeichen 350 IK 649/21 (362) ein „Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen des Heinz Hoenig“ eröffnet wurde. In den Akten wird der 72-Jährige als freiberuflicher Schauspieler geführt.
Dass nun am Spendenaufruf so viel in Frage gestellt wird, empört andererseits auch viele Anhänger Hoenigs: „Erstmal ist es doch wichtig, dass er das Ganze gut überlebt. Ich lese hier nur: Geld, versichert, wie kann man nur, Camp, Gage etc. Eigentlich sollten doch eher die Schlagwörter zu lesen sein wie: gesund, hoffen, Familie, Liebe, gute Gedanken. Es ist schon sehr traurig, immer wieder feststellen zu müssen, dass bei vielen Menschen die Empathie erst ganz zum Schluss ausgepackt wird“, schreibt ein Fan bei Instagram.