EU-Sanktionen gegen den Iran: Kommt jetzt das Verbot der Revolutionsgarde?

eu-sanktionen gegen den iran: kommt jetzt das verbot der revolutionsgarde?

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Nach dem iranischen Angriff auf Israel debattiert die EU über schärfere Sanktionen gegen Teheran. Was ist möglich und was bringen Verbote? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Die 27 Außenminister der Europäischen Union (EU) beraten am Dienstagnachmittag in einer Videoschalte, wie sie nach dem iranischen Angriff auf Israel handeln wollen. In den Hauptstädten und im Europäischen Parlament werden Forderungen laut, die Sanktionen gegen Teheran zu verschärfen. Lesen Sie hier die wichtigsten Fragen und Antworten.

Welche Sanktionen gibt es schon?

Zahlreiche iranische Firmen und Einzelpersonen sind bereits seit Jahren mit EU-Sanktionen belegt. Es gibt unterschiedliche Sanktionslisten:

– wegen Verstößen gegen das Atomabkommen,

– wegen schwerer Menschenrechtsverletzungen und

– wegen der Unterstützung Russlands im Krieg gegen die Ukraine.

Die Betroffenen dürfen nicht mehr in die EU einreisen, ihre Vermögenswerte werden eingefroren, und EU-Firmen dürfen keine Geschäfte mehr mit ihnen machen.

Was haben die Sanktionen gebracht?

Die Sanktionen des Westens haben der iranischen Wirtschaft massiv geschadet. Forscherinnen und Forscher des Kiel Instituts für Weltwirtschaft und des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in Berlin schätzen, dass das Land allein durch die EU-Sanktionen, die im Jahr 2012 gegen den Iran verhängt wurden, einen „dauerhaften Wohlstandsverlust von 1,7 Prozent“ erlitten habe.

Der Sicherheits- und Militärexperte Fabian Hinz vom International Institute for Strategic Studies in London sagt, die iranische Wirtschaft sei in einer sehr schlechten Verfassung. Das mache dem Regime natürlich auch Sorgen.

„Aber die Entscheidungen im Sicherheitsbereich werden von einem sehr kleinen Kern von Personen getroffen, die von diesen Sanktionen nicht sonderlich stark beeinflusst sind oder vielleicht sogar von ihnen profitieren“, so Hinz. Er geht daher davon aus, dass neue Sanktionen das Verhalten des Irans nicht beeinflussen würden.

Was ist die Islamische Revolutionsgarde?

Die 1979 gegründete Elitetruppe der iranischen Streitkräfte ist die mächtigste Institution im Land. Die Revolutionswächter hatten die Massenproteste im Land infolge des gewaltsamen Todes der jungen Iranerin Jina Mahsa Amini im Herbst 2022 brutal niedergeschlagen.

Die Revolutionsgarde beeinflusst zudem durch ihre ausländischen Verbündeten wie die Hisbollah im Libanon und die Huthi-Miliz im Jemen die Geschicke der gesamten Region.

Welche zusätzlichen Sanktionen werden diskutiert?

Führende Vertreter von Union, SPD und FDP fordern, die Islamische Revolutionsgarde auf die EU-Terrorliste zu setzen. Das Europäische Parlament hatte bereits im Januar 2023 eine entsprechende Resolution verabschiedet.

David McAllister (CDU), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Europäischen Parlament, sagte, die Revolutionsgarde müsse „endlich“ auf die Terrorliste.

Was würde eine Aufnahme der Revolutionsgarden auf die Terrorliste ändern?

Als Organisation steht die Revolutionsgarde bislang nur auf einer EU-Sanktionsliste – nämlich wegen Verstößen gegen das Atomabkommen. Auf der EU-Terrorliste hingegen stehen bisher nur einzelne führende Mitglieder der Truppe.

Sollte die gesamte Institution als Terrororganisation eingestuft werden, wären davon Hunderttausende Soldaten betroffen. Das könnte junge Iraner auch von einer Karriere bei der Revolutionsgarde abschrecken, wenn sie später noch im Westen studieren oder arbeiten wollen.

Warum schreckt die EU bisher vor diesem Schritt zurück?

Die Revolutionsgarde wäre die erste reguläre Militäreinheit auf der Terrorliste. Bislang hat die EU nur nicht staatliche Organisationen wie die Hamas, die kurdische PKK und den Islamischen Staat (IS) sanktioniert. EU-Diplomaten fürchten einen Präzedenzfall mit unklaren rechtlichen Folgen.

Laut geltendem Recht kann die EU erst dann eine Organisation auf die Terrorliste setzen, wenn zuvor ein Gericht in einem EU-Land eines ihrer Mitglieder wegen eines Terrorakts verurteilt hat. Solche Fälle liegen vor, aber die Prüfung durch den juristischen Dienst des Europäischen Rats dauert noch an.

Ein Beschluss der Außenminister hierzu wird daher am Dienstag nicht erwartet – auch weil sie in einer Videoschalte keine rechtlichen Beschlüsse fassen können.

Es gibt auch noch ein politisches Argument: Manche Regierungen wollen die Führung in Teheran nicht vor den Kopf stoßen, weil sie die Hoffnung auf Verhandlungen über das iranische Atomprogramm noch nicht aufgegeben haben. Eine Einstufung der Revolutionswächter als Terrororganisation, so die Sorge, könnte zum Bruch der Beziehungen führen.

Wahrscheinlicher ist es, dass die EU zunächst nur das Drohnen-Sanktionsregime gegen den Iran verschärft. Im Gespräch ist, den Export von Raketentechnik an iranische Firmen zu verbieten. Auch könnten iranische Firmen sanktioniert werden, die Drohnen und Raketen an andere Akteure im Nahen Osten liefern.

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