Bei den über 65-Jährigen haben doppelt so viele die 13. AHV-Rente befürwortet wie bei den über 18-Jährigen. Das zeigt die Nachbefragung von 20 Minuten und Tamedia.
Junge sind dagegen, Ältere dafür: Was sich schon in den Umfragen abgezeichnet hatte, wurde am Sonntag an der Urne Realität. Das Ja zur 13. AHV-Rente ist ein Sieg der Rentner über die Jungen. Über 65-Jährige haben zu 78 Prozent zugestimmt, 18- bis 34-Jährige hingegen haben die Vorlage mit 60 Prozent Nein-Stimmen abgelehnt, wie die Nachbefragung von 20 Minuten und Tamedia zeigt.
Economiesuisse-Direktorin Monika Rühl spricht von einer Individualisierung der Gesellschaft. «Jeder schaut für sich. Wir müssen Sorge tragen zur Generationengerechtigkeit und zum Gesellschaftsvertrag», sagt sie im Interview mit 20 Minuten. Es tue der Gesellschaft nicht gut, wenn jeder in erster Linie für sich selbst schaue.
Jeder schaut für sich selbst?
Anderer Ansicht ist Gewerkschaftschef und SP-Ständerat Pierre-Yves Maillard, der in der Gesellschaft eine grosse Solidarität ortet. «Es gibt kaum Spaltungen im Land», sagt er. Fast alle Generationen hätten die Initiative der Gewerkschaften, SP und Grünen unterstützt. Das stimmt allerdings nicht ganz – gemäss der Umfrage haben auch die 35- bis 49-Jährigen Nein gestimmt, während die über 50-Jährigen dafür waren.
Jeder schaut für sich selbst – ist der Generationengraben zum Konflikt geworden? Politologe Lucas Leemann sagt: «Tatsächlich ist der Ja-Anteil bei den über 65-Jährigen fast doppelt so hoch wie jener der 18- bis 34-Jährigen.» Andererseits müsse man auch sehen: «Zwei von fünf Jungen haben Ja gestimmt.»
Das unterschiedliche Abstimmungsverhalten zwischen jung und alt habe auch mit der Lebensrealität zu tun: «Wenn man jung ist, kann man sich schlicht nicht vorstellen, wie es ist, im Alter finanziell schlecht dazustellen und keine Möglichkeiten mehr zu haben, das Einkommen zu verbessern.»
«Man muss auch sehen: Zwei von fünf Jungen haben Ja gestimmt.»
Dennoch: «Es ist ja nicht so, dass 90 Prozent der Jungen gegen die 13. AHV-Rente war. 40 Prozent dieser Altersgruppe waren ebenfalls dafür.» Von einem Konflikt würde er deshalb nicht sprechen. Es gebe noch weitere Gräben: Bei der SP haben doppelt so viele Ja gestimmt wie bei der GLP. Und dann gibt es Differenzen nach Einkommen: Bei jenen mit 4000 Franken Monatslohn haben 70 Prozent Ja gestimmt, bei denen mit über 16’000 Franken nur 39 Prozent. Oder: Personen ohne Lehrabschluss haben zu 69 Prozent Ja gestimmt, Akademiker hingegen mit 48 Prozent knapp Nein.
Auch der scheidende Juso-Präsident Nicola Siegrist sagt: «Die grössten Gräben zeigen sich beim Einkommen. Reiche haben die 13. AHV-Rente abgelehnt, weil sie diese zu einem grossen Teil finanzieren müssen.» Junge zu überzeugen, sei schwierig gewesen, sagt Siegrist. Die Gegner hätten vor allem darauf abgezielt, dass die Junge um ihre eigene Rente zittern müsse. Er verstehe deshalb die Angst.
Von den bürgerlichen Jungparteien kommt harsche Kritik am Resultat: Die junge SVP will prüfen, ob die AHV überhaupt noch unterstützungswürdig ist, nachdem die Solidarität zwischen den Generationen «gebrochen» worden sei. Matthias Müller von den Jungfreisinnigen spricht von einem «rabenschwarzen Tag für die Jungen», die jetzt finanziell gewaltig unter die Räder kämen.
Innenministerin Elisabeth Baume-Schneider (SP) sagt im Gespräch mit 20 Minuten, der Generationengraben mache ihr keine Angst. Sie glaube nicht, dass er entscheidend gewesen sei für das Abstimmungsresultat. Es habe im ganzen Land in allen Bevölkerungsgruppen viel Zustimmung gegeben. Die Jungen müssten sich jetzt nicht unwohl fühlen, und die Älteren dürften nicht «überheblich» werden. «Die AHV ist und bleibt ein Generationenvertrag.»
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