FDP: Lindner will Steuern senken und Sozialausgaben reduzieren

fdp: lindner will steuern senken und sozialausgaben reduzieren

Christian Lindner (FDP) data-portal-copyright=

Der Finanzminister hat eine Liste mit Maßnahmen zur Stärkung der Wirtschaft fertig, über die er nun mit Kanzler Scholz und Wirtschaftsminister Habeck verhandeln muss.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat seine Pläne für seine angekündigte „Wirtschaftswende“ fertiggestellt. Um den Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken, schlägt Lindner ein Paket aus Steuersenkungen, stärkere Arbeitsanreizen und Bürokratieabbau vor. Die Vorschläge seien geeignet, das „Potenzialwachstum“ Deutschlands von derzeit 0,5 Prozent auf ein Prozent zu steigern.

Lindner wie auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatten sich zuletzt beunruhigt über die deutsche Wirtschaftsschwäche gezeigt und Gegenmaßnahmen der Bundesregierung gefordert. Kanzler Olaf Scholz (SPD) sah dafür bisher kaum Notwendigkeit, wofür er von führenden Wirtschaftsverbänden angegangen wurde.

Nun heißt es in Regierungskreisen, es laufe ein Prozess. Scholz, Habeck und Lindner hätten sich verständigt, jeweils Vorschläge zu machen. Daraus solle dann bis Juni ein gemeinsames Papier mit Maßnahmen entstehen. Und Lindner hat seine Ideen bereits in einem Papier zusammengestellt.

Es sieht Entlastungen im niedrigen zweistelligen Milliardenbereich vor. Diese seien aber durch andere Maßnahmen komplett gegenfinanziert, hieß es im Finanzministerium.

Punkt 1: Steuerentlastungen

Lindner schlägt vor, den Solidaritätszuschlag in zwei Schritten bis 2027 komplett abzubauen. Derzeit müssen Spitzenverdiener und Unternehmen den Soli noch bezahlen, das Aufkommen beträgt rund zwölf Milliarden Euro pro Jahr. Es wird zu mehr als der Hälfte von der Wirtschaft gezahlt.

Da das Geld im Haushalt derzeit knapp ist, will Lindner den Soli in zwei Schritten abbauen. Wie die sich genau aufteilen, ist bisher nicht bekannt. Der Vorteil der Maßnahme aus Sicht des Finanzministeriums: Da die Einnahmen aus dem Soli nur an den Bund fließen, braucht es für eine Abschaffung nicht die Zustimmung der Länder im Bundesrat.

Zudem wolle man die Abschreibungsmaßnahmen verlängern, welche die Ampelkoalition gerade mit dem Wachstumschancengesetz beschlossen hat, hieß es im Finanzministerium. Mit dem Wachstumschancengesetz entlastet die Bundesregierung die Wirtschaft um 3,2 Milliarden Euro jährlich. Unter anderem sieht es vor, dass bestimmte Anschaffungen von Unternehmen schneller steuerlich abgeschrieben werden können. Zudem können Verluste großzügiger mit Gewinnen verrechnet werden.

Punkt 2: Mehr Arbeitsanreize

Auch plant Lindner stärkere Arbeitsanreize, was die Sozialausgaben im Bundeshaushalt senken würde. Dies soll die Mindereinnahmen ausgleichen, die durch Steuersenkungen entstehen. Hinzu kämen noch die positiven Wachstumseffekte, die allerdings bei der Gegenfinanzierung nicht berücksichtigt seien, hieß es.

Konkret hält es das Finanzministerium für notwendig, das gerade erst eingeführte Bürgergeld noch einmal zu ändern und spricht von einer „Aktualisierung“. Die Mitwirkungspflichten von Arbeitslosen sollen verschärft werden. Auch soll stärker auf 1-Euro-Jobs gesetzt werden.

Ebenfalls sieht Lindners Liste nach Angaben aus dem Ministerium vor, die Anreize für den Vorruhestand abzubauen. Derzeit ist es möglich, dass Arbeitnehmer unter bestimmten Bedingungen schon mit 63 Jahren in Rente gehen. Dies will Lindner offenbar ändern. Allerdings dürfte er mit diesen Vorhaben auf harten Widerstand bei Scholz und er SPD treffen, die die Rente mit 63 vor einigen Jahren eingeführt hatten.

Um den Arbeitskräftemangel zu begegnen, schlägt der Finanzminister Steuerrabatte für ausländische Fachkräfte vor. Sie sollen bei der Einkommensteuer über drei Jahre einen abschmelzenden Freibetrag erhalten. Dadurch wäre es für sie attraktiver in Deutschland zu arbeiten, da sie weniger Steuern zahlen müssten als deutsche Arbeitnehmer.

Punkt 3: Bürokratieabbau

Auch bei dem gerade erst von der Bundesregierung beschlossenen Bürokratieabbaugesetzt solle es „einen Nachschlag geben“, hieß es im Finanzministerium. So müsse man die neuen Regeln für Unternehmen bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung „verschlanken“.

Außerdem will Lindner das deutsche Lieferkettengesetz aussetzen, bis die neuen EU-Regeln für Lieferketten in Kraft treten. Zudem will das Finanzministerium bei den Regeln für die Auftragsvergabe des Staats an Unternehmen weitere Vereinfachungen vornehmen.

Alle Vorschläge aus dem Papier könnten sofort umgesetzt werden, hieß es aus dem Finanzministerium. Entsprechende Gesetze könnte die Bundesregierung noch dieses Jahr beschließen und die Maßnahmen so Anfang 2025 in Kraft treten.

Allerdings dürfte eine Einigung mit Scholz und Habeck nicht einfach werden. Der Wirtschaftsminister setzt eher auf spezielle Anreize für Investitionen in die Klimatransformation. Und die SPD lehnt Kürzungen bei den Sozialleistungen oder der Rente kategorisch ab. Stattdessen fordern SPD und Grüne eine Lockerung der Schuldenbremse, was Lindner aber keinesfalls mitmachen will.

FDP gründet Wirtschaftsvereinigung

Die FDP scheint fest entschlossen, Maßnahmen für mehr Wirtschaftswachstum in der Koalition durchzusetzen, wohl auch mit Blick auf die Zustimmungswerte. So hat sich nach Informationen des Handelsblatts am Donnerstag ein neuer Wirtschaftskreis der Freien Demokraten gegründet.

In ihm sollen sich Unternehmen und Wirtschaftsverbände als Vermittler zwischen Politik und Wirtschaft organisieren. Andere Parteien haben ähnliche Vereinigungen, etwa die CDU den Wirtschaftsrat, die SPD das Wirtschaftsforum und die Grünen eine Wirtschaftsvereinigung.

Ausgerechnet der FDP als Wirtschaftspartei fehlte ein solche Organisation aber bisher. Das ändert sich nun. Auf der Gründungsversammlung des Liberalen Wirtschaftskreise wurde der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr einstimmig zum Vorsitzenden gewählt. Stellvertretende Vorsitzenden sind Judith Skudelny und Zyon Braun, der ab sofort auch als Geschäftsführer des Wirtschaftskreises tätig ist. Braun ist auch Landesvorsitzender der FDP Brandenburg und deren Spitzenkandidat zur Landtagswahl 2024.

Zu den Gründungsmitgliedern gehören unter anderem der frühere Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr von der Allianz Private Krankenversicherung, der FDP-Ehrenvorsitzende Hermann Otto Solms, der Kommunikationsberater Harald Christ und Andreas Pinkwart, früher Bildungsminister in Nordrhein-Westfalen. Sie sollen nun Unternehmer für den Kreis gewinnen.

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