Großaktionär Förtsch treibt Revolte beim Broker Flatex voran
Der im April 2024 zurück getretene Flatex-Vorstandschef Frank Niehage in seiner Rolle als Sponsor des Fußball-Bundesligisten Borussia Mönchengladbach
Bernd Förtsch geht beim Onlinebroker Flatex-Degiro aufs Ganze. Nachdem Förtsch, dem 19,2 Prozent der Flatex-Aktien gehören, schon den Rückzug des zehn Jahre amtierenden Vorstandschefs Frank Niehage Ende April erreicht hat, nimmt er nun den Aufsichtsrat ins Visier. Eigentlich sind dessen Mitglieder bis zur Hauptversammlung des Jahres 2025 gewählt. Doch so lange will Förtsch, ein Verleger aus Kulmbach („Der Aktionär“), der Flatex einst zu Neuer-Markt-Zeiten gegründet hat, wegen eines aus seiner Sicht zu schwachen Aktienkurses und strategischer Defizite nicht warten.
Aktionär Bernd Förtsch
Axel Hörger soll in den Aufsichtsrat
Der im Aprll 2024 zurück getretene Flatexdegiro-Chef Niehage
Vielmehr hat Förtsch im Namen der von ihm kontrollierten GfBk Gesellschaft für Börsenkommunikation mbH einen Antrag zur diesjährigen Hauptversammlung eingereicht, der es in sich hat. Sein Plan, der aus drei zusätzlichen Tagesordnungspunkten für das im Juni anstehende Aktionärstreffen besteht, sieht so aus:
Die anwesenden Aktionäre sollen zunächst den ebenfalls seit zehn Jahren amtierenden Aufsichtsratsvorsitzenden Martin Korbmacher abwählen. An seiner Stelle schlägt Förtsch als neuen Aufsichtsrat für viele im Umkreis von Flatex überraschend einen in Frankfurt gut bekannten Banker vor: Axel Hörger, der 16 Jahre für Goldman Sachs arbeitete und dann von Juni 2010 bis März 2015 fast fünf Jahre für die Schweizer Bank UBS als Deutschlandchef tätig war.
Während Hörger nach den Worten von Förtsch dem Kontrollgremium als „von der GfBk unabhängiges Aufsichtsratsmitglied“ angehören soll, will er selbst künftig dem Aufsichtsrat anstelle von Herbert Seuling angehören. Seuling, „Mitglied des Aufsichtsrats der von Herrn Förtsch beherrschten Heliad AG“, habe sich bereit erklärt, aus persönlichen Gründen sein Amt als Mitglied des Aufsichtsrates von Flatex-Degiro niederzulegen, teilte der Onlinebroker am späten Freitagabend mit.
Das erlaubt es Förtsch, sich der Hauptversammlung am 4. Juni zur eigentlich nicht vorgesehenen Neuwahl in den Aufsichtsrat zu stellen. Wer – sollte der Plan bis hierhin aufgehen – neuer Aufsichtsratschef werden soll, lässt er noch offen. Förtsch stellt aufgrund seines Anteils von 19,2 Prozent zwei von fünf Aufsichtsräten der Kapitalseite – plus Hörger. Üblicherweise wählt der Aufsichtsrat den Vorsitzenden aus seiner Mitte.
Frontenbildung vor der HV
Durch die Ergänzung der Tagesordnung und die Nominierung von Axel Hörger und Bernd Förtsch für den Aufsichtsrat zeichnen sich die Fronten auf der Hauptversammlung am 4. Juni klarer ab als zuvor. Bisher hatte Förtsch lediglich angekündigt, Aufsichtsratschef Korbmacher nicht zu entlasten, nun will er ihn abwählen lassen. Korbmacher, ein früherer Investmentbanker der Credit Suisse, ist aber mehr Stehvermögen zuzutrauen als Vorstandschef Frank Niehage, der im April entnervt von den Angriffen des Großaktionärs binnen weniger Tage zurückgetreten ist – nicht ohne Förtsch am Ende noch etwas mitzugeben:
Zu seinem Amtsantritt bei Flatex im Jahr 2014, als das Unternehmen noch in Kulmbach eng beim Gründer Förtsch angesiedelt war, habe Flatex defizitär gearbeitet, erinnerte Niehage bei seinem letzten Auftritt. Die Übernahme von Degiro im Jahr 2019 sei strategisch richtig gewesen, auch weil sie dazu beigetragen habe, Förtschs Anteil am Unternehmen auf 19 Prozent zu verwässern. Schon Ende April befürchtete Niehage offenbar, dass Gründer Förtsch versuchen wird, in den Aufsichtsrat zu gelangen.
Ob ihm das gelingt, hängt von der Anwesenheitsquote auf der Hauptversammlung ab, ob Förtsch dort weitere Aktionäre für seine Wahl gewinnen kann und ob er zuvor die erforderliche Dreiviertelmehrheit für eine Abwahl von Aufsichtsratschef Korbmacher zustande bekommt. Dafür wird er vermutlich so argumentieren, wie er schon für den Rücktritt von Niehage geworben hat: Nach Ansicht von Förtsch fehlt es Flatex an Innovationen, um im Wettbewerb mit Neobrokern wie Trade Republic und Scalable Capital zu bestehen.
Tatsächlich vermissen auch neutrale Beobachter bei dem Sponsor des Fußballvereins Borussia Mönchengladbach Angebote wie eine Kreditkarte oder den Handel von Kryptowertpapieren. Gleichwohl hat Flatex die Delle nach den für Broker sehr erfolgreichen Zeiten der Corona-Pandemie geschäftlich wieder ausgebügelt. Auf die Geschäftszahlen im ersten Quartal 2024 reagierte die im S-Dax enthaltene Aktie Ende April mit einem Kurssprung um immerhin 20 Prozent.