Fernsehspiel „2 Freunde“: Interview mit Ulrich Matthes und Justus von Dohnányi

fernsehspiel „2 freunde“: interview mit ulrich matthes und justus von dohnányi

Solo für „2 Freunde“: Malte (Ulrich Matthes, rechts) und Patrick (Justus von Dohnányi) und das Wohnmobil an der Ostsee

Ein paar Jahre sind vergangen, seit die besten Freunde Malte (Ulrich Matthes) und Patrick (Justus von Dohnányi) sich nach langer Zeit am Grab von Patricks Frau Anja wiedertrafen. Die beiden verbindet mehr als alte Freundschaft: Malte ist der leibliche Vater von Patricks und Anjas Sohn Vincent. Inzwischen hat Malte seinen Buchladen gegen ein Wohnmobil getauscht, Patrick spürt ihn an der Ostsee auf, weil er einen Verdacht hat: Dass Malte sein Versprechen gebrochen haben könnte und Vincent und dessen Band auf ihrer Tournee hinterher reist. Und wie sich zeigt, ist das nicht das einzige Geheimnis zwischen den beiden. Auch „2 Freunde“ dreht sich, wie schon „Freunde“ vor drei Jahren, um Liebe, Lügen und Leiden. Gedreht wurde in Rerik, bei Dauersonnenschein, wie die beiden preisgekrönten Schauspieler im Gespräch erzählen. Dohnányi ist per Video nach Berlin zugeschaltet.

fernsehspiel „2 freunde“: interview mit ulrich matthes und justus von dohnányi

„Zwei Freunde“: Als sich Malte (Ulrich Matthes, rechts) und Patrick (Justus von Dohnányi) nach Jahren wiedertreffen, sind die Konflikte zwischen ihnen nicht kleiner geworden. Wieviel Wahrheit hält eine alte Freundschaft aus?

Bei dem Stoff drängt sich die Frage auf: Haben hier eigentlich zwei Freunde miteinander gedreht?

ULRICH MATTHES: Mit dem Wort „Freundschaft“ gehe ich vorsichtig um. Aber ich würde nach diesem zweiten Teil vorsichtig, aber doch von Herzen sagen, dass ich mich Justus freundschaftlich verbunden fühle. Normalerweise habe ich die Tendenz, mich nach Drehtagen zurückziehen zu wollen. Aber ich habe mich gefreut, wenn wir dann abends auch privat und wirklich sehr persönlich weitergeredet haben. Wir haben einen ähnlichen Humor, auch das ist natürlich verbindend. Also würde ich antworten: Inzwischen ja.

JUSTUS VON DOHNÁNYI: Das geht mir genauso. Es ist nicht einfach, in unserem Alter noch Freundschaften zu schließen, während der Schulzeit und im Studium ist das leichter. Ich weiß noch nicht, wie nah es wirklich ist – aber ich würde auch sagen, dass wir uns geöffnet haben in Dingen, die dann irgendwann Freundschaft ausmachen.

Am Theater und beim Film arbeitet man eng und mit immer anderen Menschen zusammen. Hilft das nicht, neue Freundschaften zu schließen?

JvD: Uns hat es sehr gutgetan, dass wir eine zweite Chance bekommen haben, es noch zu vertiefen. Man braucht schon eine gewisse Zeit miteinander. Deswegen ist es am Theater bestimmt einfacher als beim Film, wo man zusammengewürfelt wird und sich oft erst Jahre später in einer ganz anderen Konstellation wiedersieht. Zu zweit so intensiv miteinander arbeiten zu können und zu dürfen, so lange und zweimal hintereinander: Das ist schon eine Chance. Und die haben wir genutzt, hoffe ich.

UM: Beim Drehen hat man die Illusion, man sei sich wahnsinnig nah. Normalerweise bleibt davon eher wenig. Das mit Justus ist jetzt eine deutliche Ausnahme. Ich wage mich mal vor und sage: Obwohl wir ja das gleiche Alter haben und er mir und ich ihm Rollen wegschnappen könnte, empfinde ich ihm gegenüber überhaupt kein Konkurrenzgefühl, sondern gönne ihm alle Freude. Und das ist für mich ein echtes Kriterium einer Freundschaft: Sich mit zu freuen, wenn sich der Freund oder die Freundin freut.

JvD: Ja. Ein anderes Kriterium für Freundschaft ist, dass man irgendwann etwas Persönliches von sich preisgibt. Das hatten wir schon beim ersten Film erlebt, aber jetzt noch mal intensiviert.

War nach den positiven Reaktionen auf den ersten Film gleich klar, dass Sie noch einen zweiten drehen?

UM: Unbedingt!

JvD: Von unserer Seite ja, aber wir haben ihn natürlich nicht selbst finanziert.

UM: Waaas? Ich dachte, Justus hat seine Schatulle geöffnet, der hat doch genug!

Waren Sie auch an der Weiterentwicklung beteiligt?

JvD: Es gab eine Fünferrunde mit Produzent, Redakteur und Regisseur, sodass wir etwas mitdiskutieren konnten. Aber das Buch selbst ist wieder entwickelt worden von David Ungureit. Beim ersten Film hatten wir aber stärker eingegriffen als jetzt.

UM: Ursprünglich war der erste Film als reine Komödie gedacht gewesen. Weil Ungureit aber das Melancholisch-Humoristische besonders gut beherrscht, haben Justus und ich ihn ein bisschen in die Richtung gestupst. Und dann hat David sich meisterlich kurz noch einmal drangesetzt. Es war ein Paradebeispiel für Teamwork.

Man sieht nicht oft Filme im Fernsehen, in denen zwei Männer jenseits der 60 voreinander stehen und der eine vom anderen verlangt: Sag, dass du mein bester Freund bist.

UM: Man versucht ja zu Recht, diverser zu werden im deutschen Fernsehen und Film. Hier war zwar wieder eine Männerrunde am Werk, aber die Einsamkeit der beiden ist schon ungewöhnlich. Auch der Tod kommt zur Sprache, der gesellschaftlich ja ein Tabu ist. Wie all das hier vorsichtig tastend verhandelt wird, halte ich fast für eine politische Stärke.

JvD: Die Fähigkeit der beiden, sich liebevoll zu streiten und in all den Konflikten, die sie miteinander austragen, gegenseitiges Vertrauen und Offenheit zu bewahren: Das fand ich stark.

UM: Es ist ja im Grunde ein gesellschaftlicher Auftrag, den Leuten zu sagen: Versucht euch zu verständigen. Redet miteinander. Seid offen. Nehmt das Anderssein des anderen wahr, aber versucht mit Humor, mit einer bestimmten Bereitschaft, sich auf ein Gegenüber mit dessen Nöten, Narben, Wunden, auch mit dessen Humor, mit all den guten, lustigen, schönen Eigenschaften irgendwie einzulassen. Es ist eine indirekte Aufforderung zur Empathie. Und an der fehlt es ja wesentlich in unserer Gesellschaft.

JvD: Ich sehe noch einen Punkt: Immer seltener wird, so habe ich das Gefühl, dass die Menschen wirklich authentisch sind, dass man wirklich sagt, was man denkt. Die beiden machen sich nichts vor, sie sind, was sie vorgeben zu sein.

Ich habe Sie in Ihrer ersten Szene im Film gar nicht wiedererkannt, Herr von Dohnányi.

UM: Aber das ist doch der Justus! Er hat doch nur einen Bart!!

JvD: Das ist die Maske.

Es gibt aber doch auch eine bestimmte Art, verspannt im Auto zu sitzen, die zu einer Verwandlung führt? Und auch Ihre Figur, Herr Matthes, ist ungewohnt locker.

UM: Vor dem ersten Teil habe ich gedacht: Ach, ich spiele wahrscheinlich wieder den verzweifelten Selbstmörder – wenigstens bringt er diesmal nur sich und nicht Millionen anderer Menschen um . . . Aber Regisseur Rick Ostermann hat das dann dankenswerterweise umgedreht.

JvD: Normalerweise liegt man in einem Rollenfach fest, zumindest für die Redakteure oder die Regisseure. Es ist nicht ganz einfach, das zu durchbrechen. Es ist ein Geschenk, wenn man die Möglichkeit hat, etwas anderes auszuprobieren. Für mich war entscheidend, dass meine Figur so eine Ernsthaftigkeit bekommt, weil ich das Gefühl hatte, in letzter Zeit zu viele leichte Stoffe dargestellt zu haben. Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass es wirklich zur Sache geht, auch wenn der Ton zwischen den beiden dankenswerterweise immer wieder leicht wird.

Sie sagen meinen Lieblingssatz in diesem Film, Herr von Dohnányi: „Du hast mich mit meiner Frau betrogen.“ Anja ist gestorben, darum ging es im ersten Teil, jetzt treffen sich Malte und Patrick ein paar Jahre später wieder. Aber Anja prägt ihr Verhältnis noch immer.

UM: Obwohl sie nie auftaucht, ist sie irre wichtig.

Und Sie beide spielen Anjas Abwesenheit mit. Haben Sie sich vorher darüber verständigt, wie sie war, um das zeigen zu können?

JvD: Ich glaube nicht, dass wir uns konkret einen Menschen gemeinsam erarbeitet haben. Da hatte ich meine eigene Vorstellung.

UM: Ich kann das nur bestätigen. Es gibt sicher Kollegen, männlich, weiblich, divers, die diese Art von Konkretion brauchen. Ich bin da etwas prosaischer. Es ist reizvoller, diese abwesende Frau wie eine Art Leerfläche vor sich zu haben. Ich habe das Gefühl: Wenn ich sie mir jetzt wirklich konkret mache mit ihrem Pony und ihren Ringelsöckchen, behindert mich das in meiner Phantasie.

JvD: Ja, das macht sie kleiner. Ich finde, die Idee einer Frau, auch die Idee ihres Leidens, ihrer Krankheit, die Idee dieser Figur im Arbeitsprozess berührender als eine konkrete Vorstellung.

UM: Im Film konkretisiert sich sehr vieles mehr als am Theater: Man schmiert sich öfter eine Marmeladenstulle. Umso schöner ist es, wenn man manche Sachen im Film der Phantasie überlassen kann.

Traditionell steht der Roadtrip am Anfang einer Männerfreundschaftsgeschichte, jetzt am Ende. Es ist auch gar nicht klar, ob sie losfahren. Gibt es Pläne für einen dritten Teil?

JvD: Von unserer Seite aus gibt es den Wunsch, wir haben ihn auch ausgesprochen. Aber da gibt es so viele Imponderabilien – man wird sehen, ob es eine Chance geben wird. Und ob es ein Roadtrip wird oder wir an einen wunderschönen Ort fahren und dort bleiben. Das war auch ein Gedanke von uns.

UM: Du sagst es so zurückhaltend, Justus – ich finde, es ist eigentlich klar. Nun haben wir schon den ersten und zweiten Teil, wir machen jetzt noch einen dritten. Unbedingt!!

JvD: Aber natürlich. Dann müssen wir das nur wieder vorstrecken, finanziell.

UM: Ich sage nur: Schatulle.

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