Asylverfahren: Albanisches Gericht stoppt vorerst Migrationsabkommen mit Italien

asylverfahren: albanisches gericht stoppt vorerst migrationsabkommen mit italien

Ein Boot der italienischen Küstenwache mit geretteten Migranten im Mittelmeer im September 2023

Die italienische Regierung hat mit ihrem Plan, Bootsmigranten nach Albanien zu bringen und dort deren Asylverfahren durchführen zu lassen, vorerst einen Rückschlag erlitten. Das albanische Verfassungsgericht setzte am Mittwoch die Ratifizierung der albanisch-italienischen Absichtserklärung im Parlament in Tirana aus. Die Debatte darüber war ursprünglich für Donnerstag vorgesehen.

Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni und der albanische Ministerpräsident Edi Rama hatten Anfang November ein „Protokoll“ unterzeichnet, das die Errichtung eines Aufnahme- und eines Abschiebungszentrums für Bootsmigranten in Nordalbanien vorsieht, die auf der zentralen Mittelmeerroute nach Italien zu gelangen versuchen. Beide Einrichtungen sollen zusammen eine Kapazität von 3000 Plätzen haben und im Frühjahr in Betrieb genommen werden.

Entscheidung bis März

Die Richter gaben mit ihrem Beschluss dem Antrag von 29 albanischen Parlamentariern aus den Reihen der Opposition statt. Die Präsidentin des Verfassungsgerichts, Holta Zaçaj, hob hervor, dass der Beschluss nicht den Inhalt der Absichtserklärung betreffe. Die Richter hätten lediglich festgestellt, dass der Einspruch der Abgeordneten zulässig sei. Das habe automatisch die Aussetzung des Ratifizierungsprozesses zur Folge, sagte Zaçaj in einem Interview mit der italienischen Tageszeitung „Corriere della Sera“.

Die albanischen Parlamentarier beanstanden nach Angaben Zaçajs vor allem, dass Ministerpräsident Rama nicht befugt gewesen sei, ein solches Abkommen zu unterzeichnen, da es um die Souveränität über Staatsterritorium gehe. Dafür bedürfe er der Autorisierung durch den Staatspräsidenten. Zudem könne die Vereinbarung zu einer Verletzung der Menschenrechte führen. Ob die Einwände in der Sache berechtigt sind, wird das Verfassungsgericht laut seiner Präsidentin bis zum 4. März kommenden Jahres entscheiden.

Der italienische Außenminister Antonio Tajani sagte am Donnerstag, es stehe seiner Regierung nicht zu, die Entscheidung des Gerichts zu kommentieren. Er sei jedoch nicht besorgt und rechne damit, dass „dieses juristische Problem in ziemlich kurzer Zeit gelöst wird“.

Die albanisch-italienische Absichtserklärung hatte angesichts ähnlicher Bestrebungen in anderen europäischen Staaten und der Debatte über eine Reform des EU-Asylrechts viel Beachtung erfahren. Die italienische Regierung versichert, dass hierbei alle Vorgaben des italienischen und des EU-Rechts eingehalten würden. Nach Albanien verbrachte Migranten, deren Asylantrag dort positiv beschieden wird, sollen laut dem Plan nach Italien einreisen dürfen. Migranten, deren Asylantrag abgelehnt wird, sollen von Albanien aus in ihre Herkunftsländer abgeschoben werden.

Den Bau, den Betrieb und die Bewachung der Zentren in Nordalbanien übernimmt Italien. Nach Albanien sollen nur erwachsene Migranten gebracht werden, die von der italienischen Küstenwache, Marine oder Polizei im Mittelmeer gerettet wurden. Auf Drängen der EU-Kommission betrifft die Vereinbarung zudem ausschließlich Personen, die außerhalb der Hoheitsgewässer von EU-Staaten an Bord kamen.

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